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Immer gute Miene. Gina Lückenkemper (rechts) mit Teamkollegin Lisa-Marie Kwayie.
© dpa

Istaf in Berlin: Gina Lückenkemper wartet auf den positiven Ausrutscher

Sprinterin Gina Lückenkemper bestreitet bisher eine durchwachsene Saison. Am Sonntag in Berlin und bei der WM soll sich das ändern.

Gina Lückenkemper ist am Freitag in ihrem Element. Sie redet einfach drauflos. Lückenkemper soll für das Leichtathletik-Meeting Istaf werben, das am Sonntag im Berliner Olympiastadion stattfindet (Beginn mit den Schulstaffeln ab 13:10 Uhr). Vermutlich gibt es niemanden in der deutschen Leichtathletik, der das besser kann als sie.

Lückenkemper ist eine Quasselstrippe im besten Sinne. Sie kann viel erzählen, ohne dass sie die Leute nervt. Lückenkemper bekommt Auftritte im „ZDF“-Sportstudio oder in der Talkshow von Jan Böhmermann. Ihre Medientauglichkeit war sicher auch ein Grund, warum der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) schon seit mehr als zwei Jahren am liebsten sie auf das Podium setzt. Zumal Lückenkemper ganz nebenbei auch das seit vielen Jahren größte Talent im deutschen Sprint ist. Ihre Bestzeit über 100 Meter liegt bei 10,95 Sekunden. Solche Zeiten war als letzte Deutsche die in der DDR ausgebildete Athletin Katrin Krabbe gelaufen – vor rund 20 Jahren. Hätte sich der DLV eine Vorzeigeathletin malen dürfen, dann wäre wahrscheinlich Gina Lückenkemper herausgekommen.

Auch auf der Pressekonferenz am Freitag im Marshall-Haus des Berliner Sommergartens beweist Lückenkemper ihre Qualitäten als Unterhaltungskünstlerin. Das Problem in dieser Saison aber ist: Auf der Bahn, wo nun einmal in der Leichtathletik die Wahrheit liegt, klappt es noch nicht für sie. Ihre Bestzeit in diesem Jahr beträgt 11,14 Sekunden. Lückenkemper liegt auf Platz 35 der Jahresbestenliste und damit übrigens zehn Plätze hinter ihrer deutschen Rivalin Tatjana Pinto (11,09 Sekunden). Dabei, merkt Lückenkemper an, sei sie noch nie so konstant gewesen wie in diesem Jahr. „Nur die positiven Ausrutscher waren nicht dabei“, sagt sie.

Besorgniserregend ist das vor allem deshalb, weil schon in rund einem Monat die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Katar beginnen. Es ist der Höhepunkt für die Leichtathleten in diesem Jahr. Und wenn nicht ein mittelschweres Wunder passiert, wird Lückenkemper im Wettkampf der schnellsten Frauen keine große Rolle spielen. Ihr Rückstand auf die Besten scheint zu groß.

Zehn Läuferinnen sind in diesem Jahr schon elf Sekunden und schneller gelaufen. Die Jamaikanerinnen Elaine Thompson und Shelly-Ann Fraser-Pryce rasten sogar in 10,70er-Zeiten ins Ziel. Vier Zehntelsekunden Unterschied über 100 Meter sind in der Leichtathletik eine Ewigkeit. So wird es für Lückenkemper in Katar nicht darum gehen, eine Medaille zu gewinnen. Es wäre schon ein Erfolg für sie, wenn sie ins Finale einzieht.

Lückenkempers Fokus liegt klar auf Olympia

Dafür, dass in den vergangenen zwei Jahren so viel Bohei um die 22-Jährige vom SC Charlottenburg gemacht worden ist, klingen derlei Prognosen wenig erbaulich. Auf der anderen Seite ist bei ihr nicht davon auszugehen, dass nach dem großen Hype der große Fall kommt. Das vergangene Jahr mit den Leichtathletik-Europameisterschaften in Berlin war strapaziös. Auf dem kommenden mit den Olympischen Spielen in Tokio liegt klar der Fokus von Gina Lückenkemper, die sich die Olympischen Ringe auf den Arm tätowieren ließ. Das aktuelle Jahr dagegen mit den umstrittenen Weltmeisterschaften im heißen Katar wird sie einigermaßen unfallfrei über die Bühne bringen müssen. „Ich bin froh, wenn ich die Saison durchhabe“, sagt sie am Freitag.

Lückenkempers kleiner Durchhänger hat den Vorteil, dass andere Athletinnen und Athleten ein bisschen mehr vom Rampenlicht abbekommen. Eine dieser Athletinnen saß am Freitag direkt neben Lückenkemper: die Weitspringerin Malaika Mihambo. Ihr Wortanteil war verglichen mit dem von Lückenkemper eher gering. Aber das geht fast allen so, die neben ihr Platz nehmen.

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