Uefa-Generalsekretär kandidiert um Blatter-Nachfolge: Gianni Infantino: Der Mann der Töpfe will Fifa-Präsident werden
Gianni Infantino will Fifa-Präsident werden. Der Italo-Schweizer erscheint unbelastet, doch er ist ein Zögling von Michel Platini. Ein Kommentar.
Bisher wurde Gianni Infantino in der Öffentlichkeit vor allem in einer Rolle wahrgenommen: als der Mann, der die Auslosungen der Champions League präsentiert. Wenn in der Uefa-Zentrale in der Schweiz gelost wird, gegen wen die besten europäischen Mannschaften in der nächsten Runde spielen werden, steht stets der schlanke Mann mit der Glatze zwischen all den Kugeln und Lostöpfen. Doch die Wahrnehmung des Uefa-Generalsekretärs bei den Fußballfans dürfte sich in der nächsten Zeit deutlich ändern, Infantino will nun Nachfolger von Joseph Blatter werden. Der 45 Jahre alte Italo-Schweizer kandidiert um den Posten des Fifa-Präsidenten.
Am Montag einigte sich das Exekutivkomitee des europäischen Verbands Uefa in einer Telefonkonferenz darauf, ebenfalls Infantino ins Rennen für die Fifa-Wahl am 26. Februar in Zürich zu schicken. Und dieser Schritt sagt sehr viel aus über die Uefa und ihre Mitgliedsländer, vor allem aber zwei Dinge: Dem Verbandspräsidenten Michel Platini trauen sie nicht mehr zu, dass er die Integritätsüberprüfung der Fifa überstehen wird. Schließlich ist der derzeit in Fußball-Angelegenheiten für 90 Tage suspendierte Franzose noch immer Kandidat für den Chefposten beim Weltverband. Doch die Vorwürfe rund um eine Zahlung von zwei Millionen Euro von Blatter an Platini scheinen so stichhaltig, dass die Uefa leise von ihm abrückt. In der Mitteilung zu Infantino wurde Platini jedenfalls mit keinem Wort erwähnt.
Die zweite Erkenntnis dieser Nominierung ist genauso niederschmetternd: All jene, die sich in Europa bisher als Fußball-Erneuerer ausgegeben haben, wollen nur das alte System beibehalten – allerdings mit anderen Personen. Denn auch wenn Infantino den meisten Fans nur als Mann der Lostöpfe bekannt ist, sein Einfluss und sein Netzwerk in der Welt des Fußballs sind groß.
Seit 2009 ist er Generalsekretär der Uefa, des mächtigsten und reichsten Kontinentalverbands der Welt. Infantino ist dort also die Nummer zwei hinter Präsident Platini, und er ist dessen Zögling. Er kennt die Hinterzimmer und weiß, wie man Deals einfädelt, die mehr Macht und Geld versprechen. Wenn Platini etwas durchsetzen wollte, schickte er Infantino los. Der Jurist ist sehr einnehmend, wirkt stets offen und überzeugend. Infantino mag also auf den ersten Blick unbelastet erscheinen, aber er ist ein Mann des Systems. Und er wird es nicht reformieren.
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