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Wer um Medaillen läuft, steht im Mittelpunkt - nicht immer zurecht, findet unser Kolumnist.
© dpa/Jensen

Kolumne: So läuft es: Frauen sind die wahren Helden

Steffi Saul aus Welzheim ist 33 und Mutter. Zweifach. Trotzdem findet sie die Zeit fürs Laufen. Und sie tut noch Gutes.

Oft sind es die Heldengeschichten der Männer, die beim Laufen erzählt werden. Bei Weltrekorden und Extremläufen wird zu oft nur davon in den Medien erzählt, was unglaublich schade ist. Denn es gibt sie. Es gibt so viele wunderbare Frauengeschichten, die in Verbindung mit dem Laufen stehen. Eine hat mich diese Woche besonders berührt. Eine, die zeigt: Wir müssen deutlich mehr über Lauf-Frauen reden. Die wahren Helden sind sie!

2010 hat Steffi Saul mit dem Rauchen aufgehört. Und sie war damals „komplett unsportlich. Ich konnte nicht mal 100 Meter am Stück laufen“, sagt sie. Das kenne ich irgendwie. 2012 war ich an einem ganz ähnlichen Punkt. Steffi fing mit dem Laufen an. Es ging ihr nie um Zeiten, es ging ihr nie darum, einen Marathon zu laufen, sie wollte einfach etwas für sich tun. Sie versuchte sich recht schnell an einem Halbmarathon, schaffte ihn auch.

Aber sie fand keinen Spaß an der schnellen Lauferei. „Ich kann weit laufen, aber nicht schnell. Damit gewinnst du keinen Pokal, aber du triffst Menschen und erfährst ihre Geschichte“, sagt sie tiefenentspannt. Ihr geht es nicht anders als vielen Noch-Nicht-Läufern. Sie hat einen Bürojob, zwei Kinder, ein Leben und eigentlich gar keine Zeit. Anstatt aber die „Ich habe doch gar keine Zeit“-Ausrede zu ziehen, hatte Steffi eine sehr verwegene Idee: Sie nutzt ihren Weg zur Arbeit zum Laufen. 15 Kilometer sind das. Eigentlich mehr als ausreichend für einen täglichen Lauf. Nicht für Steffi. Sie läuft die Strecke auch wieder nach Hause. Beinahe jeden Tag geht das so. Starke Steffi! Eigentlich ist sie damit Vorbild genug. Aber es kommt noch besser.

Auf meinem Weg spielten sich dauernd Gänsehaut-Szenen ab

2013 lief Steffi den Remstal-Höhenweg. Nonstop. 250 Kilometer, 7000 Höhenmeter. Im Winter. Durch Schnee und Eis. Nach 66 Stunden kam sie mit Knieschmerzen und einer leichten Lungenentzündung an. Das Ziel war das Olgahospital in Stuttgart. „Ich wollte für die Kinderkrebsstation Geld mit diesem Lauf sammeln. Mir war das eine Herzensangelegenheit. Auf meinem Weg spielten sich dauernd Gänsehaut-Szenen ab. Menschen warteten auf mich im Schnee, um mir Geld für dieses Projekt zu geben. Auf der Strecke. Ein unfassbares Gefühl!“

Steffi ist noch heute tief berührt. Sie sammelte 30.000 Euro auf diese Weise ein. 2015 lief sie um den Bodensee, weiter auf die Zugspitze. 430 Kilometer in fünf Tagen, alles für die Gesellschaft für Kinderkrebsforschung. Und das nächste Ziel ist ein Weltrekord. Die Feuerwehrfrau will von Welzheim in ihre Geburtsstadt Jena laufen. In kompletter Atemschutzausrüstung. 400 Kilometer sind das.

Steffi wird immer wieder all die Fragen gefragt, die Läufer eben so aushalten müssen: „Warum das alles? Wovor läufst du weg? Ist das gesund? Wem musst du denn etwas beweisen?“ Steffi hat eine recht schlichte Antwort: „Es hat einfach etwas Entspannendes.“ Das Laufen tut Steffi gut. Und sie tut Gutes. Es gibt keinen besseren Grund zu laufen. So läuft es.

- Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier jede Woche übers Laufen.

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