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Ein-Tages-Rennen. Die Frauen fuhren am Dienstag ihre offizielle Tour de France. Mit dem was sich „Donnons elles au Velo J-1“ vorstellen, hatte das aber nichts zu tun.
© REUTERS

"Donnons elles au Velo J-1": Frauen bei der Tour de France: Sie wollen doch nur radeln

13 Radsportlerinnen fahren auch 2018 bei der Tour de France voraus. Sie machen Druck für ein echtes eigenes Rennen.

Die Männer sitzen noch am Frühstückstisch, da treten die Frauen schon in die Pedalen. Jeden Tag um 9 Uhr morgens beginnt die Tour de France der Frauen. 13 Radsportlerinnen fahren vom 6. bis 28. Juli den kompletten Parcours des Rennens ab. Die Daten zeigen, dass die Frauen nicht nur früher auf den Beinen sind als die Männer, sie sind sogar einen ganzen Tag vorher dran. Deshalb hat die Veranstaltung auch das Kürzel „J-1“, ein Tag früher, im Titel. „Donnons elles au Velo J-1“ lautet der komplette Name. „Setzen wir sie aufs Rad“ – und das ist auch Programm.

„Wir wollen den Frauenradsport stärken. Wir wollen zeigen, dass Frauen eine Tour de France fahren können. Und wir wollen endlich die richtige Tour de France für Radsportlerinnen“, erklärt Claire Floret, Initiatorin des Projekts. Floret, im Hauptberuf Sportlehrerin, startete mit zwei weiteren Mitstreiterinnen bereits 2015 die erste Frauentour. Auch damals wurden die kompletten Etappen abgefahren. Ein Jahr später waren es bereits sieben, 2017 elf, und aktuell nehmen 13 Mitstreiterinnen den kompletten Parcours unter die Pedalen.

„Das Schöne daran ist, dass uns jeden Tag ungefähr zwei Dutzend weitere Frauen auf den Etappen begleiten. Manche fahren nur zehn Kilometer mit, andere länger, wieder andere die komplette Strecke“, erzählt Mathieu Istil, der als Sprecher zum Tross gehört und die Frauen im Auto begleitet. Ziel von „Donnons elles au Velo J-1“ ist auch, Radsportlerinnen aus den verschiedenen Regionen Frankreichs zusammenzubringen. „Wir wollen den Druck erhöhen, damit es endlich wieder einer Tour de France der Frauen gibt“, erzählt Istil am Telefon.

Eigenes Frauenrennen bei der Tour

Denn es gab bereits eine Tour de France der Frauen, sogar für professionelle Sportlerinnen. Sie fand von 1984 bis 2009 statt und führt Olympiasiegerinnen und Weltmeisterinnen wie Jeannie Longo, Leontien Van Moorsel, Nicole Cooke und Emma Pooley in den Siegerinnenlisten. Zuletzt war sie allerdings nur noch ein Vier-Tages-Rennen. Auf das Drängen von Profifahrerinnen hin organisiert Tourveranstalter Aso seit 2014 ein eigenes Frauenrennen, genannt „La Course by Le Tour de France“.

Es fand anfangs als Rundstreckenrennen auf den Champs Elysees statt, ein paar Stunden, bevor dort die Werbekarawane und dann das Peloton des Männerrennens auftauchten. Im letzten Jahr wurde die Formel verändert, einer Bergetappe folgte ein Einzelzeitfahren. In diesem Jahr ist es eine Bergetappe, am gleichen Tag ausgetragen mit der 10. Etappe der Tour de France, auf der der Belgier Greg Van Avermaet gestern das Gelbe Trikot verteidigte.

„Einen Tag nur – das ist viel zu wenig“, sagt „Donnons“-Sprecher Istil. „Bei einer Bergetappe können sich die Sprinterinnen ja nicht beweisen. Die Aso muss wesentlich mehr tun“, fordert er. Das sehen auch einige Profi-Fahrerinnen so. Pauline Ferrand-Prevot vom deutschen Rennstall Canyon SRAM Racing unterstützt das Projekt und fuhr schon selbst bei „Donnons“-Etappen mit. Selbst einige Tour-Sponsoren sind mit dabei. „Skoda unterstützt uns und auch FDJeux. Es ist sehr gut, dass traditionelle Sponsoren des Männerradsports den Frauenradsport mit entwickeln wollen“, meint Istil. Die Geldgeber sind da offenbar weiter als die Tourorganisatoren selbst. „Die Tour muss sich bewegen“, fordert Istil.

Fans jubeln auch den Frauen zu

Der Zuspruch an der Strecke gibt ihm recht. Zahlreiche Fans, die ihre Wohnwagen bereits einen Tag vor der eigentlichen Tour am Rande der Strecke geparkt haben, jubeln auch den Frauen zu. Auch Würdenträger der Etappenorte empfangen sie. „Der Bürgermeister von Roubaix hat uns gesagt, dass er sehr gerne einen Klassiker Paris – Roubaix für Frauen in seiner Stadt sehen würde“, sagt Istil. Es braucht dafür aber einen Organisator.

„Donnons elles au Velo J-1“ ist noch kein richtiges Etappenrennen. „Es geht nicht darum, wer Erste wird. Alle fahren miteinander. Es ist ein großer Ausflug mit dem Rad“, erklärt Istil. Allerdings kein Ausflug ohne Ehrgeiz. Die Teilnehmerinnen haben gutes Material, sie tragen einheitliche Teamkleidung. Sie haben auch trainiert, um die Strapazen durchzustehen. Im Schnitt sind sie pro Tag neun Stunden auf dem Rad. Es gibt dabei eine Mittagspause, oft auf dem malerischsten Punkt der jeweiligen Etappe.

„Unser Ziel ist ganz eindeutig eine Tour de France der Frauen. Sie muss nicht über drei Wochen gehen. Die professionellen Rennfahrerinnen heute sagen, dass sie ein gutes Spektakel über eine Woche bis zehn Tage liefern können“, meint Istil. Er spricht, während die Frauen in die Pedale treten. Am Dienstag waren sie erneut der Tour voraus – auf dem Fahrrad und womöglich auch einfach nur ihrer Zeit.

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