Aus im EM-Halbfinale: Frankreich beendet Deutschlands Titeltraum
Die deutsche Nationalmannschaft verliert 0:2 gegen Frankreich und verpasst das Finale der EM. Gegen den Gastgeber fehlte Glück und Durchschlagskraft vor dem Tor.
Am Ende fingen die Kameras die strahlenden Sieger ein und immer auch wieder Bastian Schweinsteiger, der längst aus dem Spiel genommen war. Es sollte sein Spiel werden, dieses Halbfinale der Fußball-EM in Frankreich gegen Frankreich vor über 60 000 Zuschauern im Stade Velodrome zu Marseille. So hatte es sich jedenfalls Joachim Löw ausgedacht. Am Ende aber ging der Plan des Bundestrainers auch deswegen nicht auf, weil Schweinsteiger irgendwie an beiden Gegentoren nicht ganz unbeteiligt war. Und so wird der bald 32-Jährige nach diesem 0:2 (0:1)-EM-Halbfinalaus vermutlich seine Karriere in der Nationalmannschaft beenden.
Die Equipe Tricolore aber, die von ihren Fans stimmlich nach Leibeskräften unterstützt wurde, hat am Sonntag die Chance, nach 1984 und 2000 zum dritten Mal Europameister zu werden. Allez les Bleus hallte nach dem Schlusspfiff immer wieder durch das wunderschön geschwungene Stadion.
Dass Bastian Schweinsteiger die Mannschaft aufs Feld führen würde, hatte Joachim Löw bereits am Vorabend angekündigt. Dass ihm aber der 22 Jahre alte Emre Can in der defensiven Zentrale assistieren würde als Vertreter von Sami Khedira, überraschte etwas. Zwar konnte man sehen, dass das funktionieren kann, aber vielleicht nicht auf diesem Niveau.
Für gewöhnlich ließ sich Schweinsteiger tief zwischen die Innenverteidiger Jerome Boateng und Benedikt Höwedes fallen und eröffnete von hinten heraus das Spiel. Das heißt, in den ersten zehn Minuten hatte die deutsche Mannschaft wilde Momente zu überstehen. Mit einer Art Krawallfußball fuhren die Franzosen erst einmal alles auf, was sie so haben in der Offensive wie Dimitri Payet, Olivier Giroud und allen voran Antoine Griezmann. Der hätte, nachdem er Schweinsteiger und Höwedes ausgetanzt hatte, das 1:0 auf dem Fuß, doch Manuel Neuer war blitzschnell in der richtigen Ecke.
Aber danach übernahmen die Deutschen das Spiel. Nach einer Viertelstunde hatte erste Thomas Müller eine Chance nach einem Zuspiel von Can, nur eine Minute später war es Can, der von Julian Draxler bedient wurde und zentral im Strafraum zum Abschluss kam. Frankreichs Torhüter Hugo Lloris musste sich strecken.
Die Mannschaft von Löw übernahm zunehmend die Kontrolle über das Spiel, fand aber zu selten die Lücke im Abwehrriegel der Franzosen. Der Gastgerber hatte sich tief in die eigene Hälfte zurückgezogen. Frankreich lauerte auf schnelle Gegenangriffe. Wie auch kurz vor der Halbzeit, als der lange Giroud den ebenso langen Boateng übersprang und allein aufs Tor zulief. Höwedes kam rechtzeitig angerauscht und blockte Giroud.
Toni Kroos lief in der Spielmacherposition direkt hinter Thomas Müller auf
Doch quasi mit dem Halbzeitpfiff ging Frankreich dann doch in Führung. Nach einer Ecke ging Schweinsteiger ungeschickt mit einer Hand nach oben in das Kopfballduell mit Patrice Evra, was der italienische Schiedsrichter Nicola Rizzoli sofort mit Strafstoß ahndete. Griezmann ließ Neuer keine Chance. Und das Publikum, das zwischenzeitlich sehr ruhig geworden war, jubelte begeistert.
Mit der Hereinnahme Schweinsteigers schob der Bundestrainer sein zentrales Herzstück Toni Kroos etwas vor in die klassische Spielmacherposition direkt hinter Thomas Müller, der für den verletzten Mario Gomez als zentraler Stürmer auflief. Auf den Flügeln begleiteten ihn Mesut Özil und Julian Draxler, die sich mühten aber letztlich glücklos blieben mit ihren Abschlüssen.
Zu personellen Erneuerungen war Löw gezwungen nach den Verletzungen und Sperren einiger Stammspieler, doch ging der Bundestrainer mit der Versetzung von Kroos ein Risiko ein. Der 26 Jahre alte Regisseur von Real Madrid hatte der Mannschaft mit seinen Pässen aus der defensiven Position Halt und Fantasie verliehen. Davon kam von seinen beiden Nachfolgern zu wenig.
Auch deshalb ließ sich Kroos im zweiten Abschnitt immer mal wieder fallen, um das Aufbauspiel anzukurbeln und zu beschleunigen. Doch zunächst starteten die Franzosen wieder mit Volldampf. Erst blockte Boateng einen Schuss von Giroud, dann lenkte er einen Versuch von Griezmann zur Ecke. Doch nach einer Stunde humpelte der Abwehrchef verletzt vom Feld. Für Boateng kam Shkodran Mustafi.
Die Mannschaft von Joachim Löw musste die Offensive verstärken, Mario Götze kam für Can, doch das brachte nicht den gewünschten Erfolg. Kaum war Boateng draußen, unterlief Joshua Kimmich ein Fehler im Strafraum. Nach diesem Ballverlust konnte Neuer eine Flanke nicht weit genug abwehren. Der überragende Griezmann war zur Stelle und spitzelte den Ball vor dem erneut zu langsamen Schweinsteiger ins Tor. Für Griezmann war es der sechste Treffer bei dieser EM.
Als das Spiel dann eigentlich schon entschieden war, brachte Löw Leroy Sané ins Spiel, den viele von Beginn an erwartet hatten. Der 20-Jährige hatte in den letzten zehn Minuten zwei schöne Chancen. Vielleicht hätte er dem Spiel noch eine Wende geben können. Aber dafür hätte er früher eingewechselt werden müssen. Er war für Schweinsteiger gekommen, der erlöst wurde. Bald darauf wurde auch die Mannschaft vom Schlusspfiff erlöst. Für sie bleibt der Trost, es zum fünften Mal in Serie in ein Turnierhalbfinale geschafft zu haben.
Michael Rosentritt
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