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Die Schalker sind von Gazprom abhängig.
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Update

Droht ohne russisches Sponsorengeld die Insolvenz?: FC Schalke 04 nimmt Gazprom-Schriftzug vom Trikot

Der Traditionsklub ist abhängig vom Geld seines Hauptsponsors. Trotzdem will Schalke vorerst ohne den Gazprom-Schriftzug auf dem Trikot spielen.

Noch in der vergangenen Woche hatte sich Gazprom Platz auf dem Vereinsgelände verschafft. Der Hauptsponsor des FC Schalke 04 hatte ein überdimensionales Plakat mit Bildern ehemaliger Klublegenden darauf angebracht und das es mit den Worten „Talente. Malocher. Legenden. – Zuverlässiger Partner seit 2007“ versehen.

Die langjährige Partnerschaft als Nachweis der Loyalität und Identifikation. Jetzt, eine Woche später, nach der Kriegserklärung Russlands gegen die Ukraine, wirkt diese Zurschaustellung als ein unangebrachtes Bekenntnis. Die Werbung des staatlichen Konzerns als Tochter eines Kriegsaggressors empfinden nicht nur die ohnehin seit Beginn der Zusammenarbeit zwischen Klub und Konzern kritischen Stimmen als kaum noch akzeptabel.

Auch die Schalker Verantwortlichen seien schockiert von den Entwicklungen über Nacht und den Bildern aus der Ukraine. „Wir brauchen Zeit um zu schauen und abzuschätzen, was das für Schalke bedeutet“, sagte Pressesprecher Marc Siekmann am Donnerstagmorgen. Der Vorstand werde sich zu gegebener Zeit dazu äußern.

Es dauerte dann nicht sehr lange und der Klub vermeldete auf seiner Homepage: „Mit Blick auf die Ereignisse, Entwicklung und Zuspitzung der vergangenen Tage hat sich der FC Schalke 04 dazu entschieden, den Schriftzug seines Hauptsponsors – „GAZPROM“ – von den Trikots zu nehmen. Dieser Schritt erfolgt nach Gesprächen mit GAZPROM Germania. Stattdessen wird „Schalke 04“ auf der Brust der Königsblauen stehen.“

Zuvor hatte bereits Matthias Warnig, seit Juli 2019 kooptiertes Mitglied im Schalker Aufsichtsrat und entsandt von Hauptsponsor Gazprom, sein Amt mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Der 66-Jährige gilt als enger Vertrauter von Russlands Staatschef Wladimir Putin und ist zugleich Geschäftsführer der Pipeline Nord Stream 2 AG. Warnigs Name tauchte zudem auf der Sanktionsliste der USA gegen Russland auf.

Trotzdem bleibt für den Ruhrgebietsklub das große Problem, dass er von den Millionenzahlungen Gazproms abhängig ist. Rund neun Millionen Euro überweist der Konzern, mit dem die Schalker den Vertrag erst im März 2021 bis mindestens 2024 verlängert hatten, zu Zweitliga-Zeiten. Eine Summe, die die finanziell angeschlagenen Schalker (rund 200 Millionen Euro Verbindlichkeiten) wohl von keinem anderen Sponsor erhalten würden.

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Bei einem Aufstieg würde sich die Summe auf jährlich wohl 20 Millionen Euro erhöhen – plus einer Aufstiegsprämie von weiteren fünf Millionen Euro. Zumindest ein größerer Teilbetrag, womöglich auch schon die gesamte Summe, soll für die laufende Saison bereits an Schalke ausgezahlt worden sein.

Aus dieser Abhängigkeit heraus erklärt sich wohl auch die anfängliche Zurückhaltung des Klubs in dieser Frage. Denn sollte das Geld künftig fehlen, droht womöglich die Insolvenz. In einer ersten Erklärung am vergangenen Dienstag hatte Schalke noch auf einen friedlichen Ausgangs des Konflikts gehofft und hatte deshalb auf das Leitbild des Klubs verwiesen, in dem festgehalten ist, dass „von uns Schalkern keine Diskriminierung oder Gewalt“ ausgehe. Diese Hoffnung ist nun allerdings obsolet.

Fangruppen, die der Zusammenarbeit ohnehin äußerst kritisch gegenüberstehen, fordern schon seit Tagen den sofortigen Ausstieg aus der langjährigen Partnerschaft. Darunter Marketingexperte Raphael Brinkert, der mit seiner PR-Agentur erfolgreich den Wahlkampf von Bundeskanzler Olaf Scholz unterstützte, sieht darin sogar neue Möglichkeiten. „Zeitgleich bietet sich die Chance für einen umfassenden Neuanfang, wenn man einen Partner findet, der den Vertrag übernimmt.“

Müssen die Schalker bereits erhaltene finanzielle Zuwendungen womöglich zurückzahlen?

Doch genau in dieser Frage liegt das Problem. Schalkes finanzielle Probleme sind substanziell, ein Sponsor der kurzfristig eine annähernd vergleichbar hohe Summe zahlen würde, ist eher nicht in Sicht.

Die Vereinsverantwortlichen um Aufsichtsratschef Axel Hefer und dem neuen Vorstandsvorsitzenden Bernd Schröder arbeiten im Hintergrund intensiv daran, eine Lösung herbeizuführen. Mit dem Wegfall des Schriftzuges auf dem Trikot haben sie ein erstes Ergebnis erzielt. Da Schalke am Samstag auswärts in Karlsruhe spielt (13.30 Uhr) bleibt den Schalkern noch ein bisschen mehr Zeit, weitere Verhandlungen mit Gazprom zu führen, beispielsweise über die Präsenz des Sponsors im eigenen Stadion.

Derzeit dürften allerdings viele Vereine und Verbände, bei denen Gazprom Hauptsponsor ist – etwa der europäische Fußballverband Uefa – um Gespräche mit dem Konzern bitten, was die Aufgabe nicht leichter macht und eine schnelle Lösung verhindern dürfte. Es gibt in dieser Frage zudem viele juristische Fragen zu klären, die sich wohl auch um mögliche Vertragsstrafen drehen. Müssen die Schalker bereits erhaltene finanzielle Zuwendungen womöglich zurückzahlen?

Der Kampf um den Aufstieg zurück in die Bundesliga rückt damit erst einmal in den Hintergrund. Momentan geht es mehr denn je um die weitere Existenz des Traditionsklubs aus dem Ruhrgebiet.

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