Transfer von Arturo Vidal: FC Bayern ringt mit Pep Guardiola um die Richtung
Mit der Verpflichtung von Arturo Vidal emanzipiert sich der FC Bayern München von Trainer Pep Guardiola. Der exzentrische Grätscher passt eigentlich nicht zu dem Spanier, doch der könnte ja bald gehen.
Vom Hochleistungssprinter Arjen Robben ist nicht bekannt, ob er manchmal Wut verspürt auf seinen Körper. Auf Muskeln und Bänder, die so oft zwicken und zwacken, immer dann, wenn sie eigentlich gebraucht werden. Robben ist da ein geplagter Fußballer, dieses Mal dürfte ihm die kleine Malaise aber nicht ungelegen kommen. Weil ihm wieder ein Muskel Probleme bereitet, darf der Angreifer des FC Bayern München daheim in München bleiben und muss nicht mit den Kollegen zu einem anstrengenden Betriebsausflug nach China aufbrechen. Neun Tage wird der dauern, mit Stationen in Peking, Schanghai und Guangzhou. Schwüle, Hitze, lange Flüge, all das bleibt Robben erspart, genau wie Franck Ribéry und Dante die neben Jan Kirchhoff und Holger Badstuber ebenfalls nicht mitmüssen.
Robben, Ribéry und Dante gehörten zu den Leistungsträgern jener Mannschaft, die 2013 das Triple gewann und dem FC Bayern eines der erfolgreichsten Jahre in seiner an erfolgreichen Jahren üppigen Vereinshistorie schenkten. Sie sind Vergangenheit und Gegenwart zugleich. Auf die Gestaltung der sportlichen Zukunft werden sie nur noch bedingt Einfluss haben. Das sollen andere übernehmen, etwa Arturo Vidal, der nach übereinstimmenden Medienberichten angeblich kurz vor der Vertragsunterschrift beim FC Bayern steht. Demnach hätten sich der deutsche Meister und Juventus Turin auf eine Ablöse von 36 Millionen Euro geeinigt.
Vor vier Jahren verärgerte Vidal die Bayern
Es sind aufregende Tage, die der FC Bayern gerade durchlebt. Am Sonnabend verkündete der Klub den Abschied von Bastian Schweinsteiger zu Manchester United – nach siebzehn Jahren Vereinszugehörigkeit. Eine sportlich nachvollziehbare, emotional aber höchst brisante Entscheidung. Das Volk tobte und pfiff, laut aus tausenden Mündern, als bei der offiziellen Mannschaftsvorstellung eigentlich gejubelt und geklatscht werden sollte. Ausgerechnet Vidal soll die bayrische Seele nun beruhigen. Er, der die Bayern vor vier Jahren mit einer Absage im letzten Moment vor den Kopf gestoßen hatte. Damals schäumte Karl-Heinz Rummenigge. „Solche Spieler möchte ich nicht bei Bayern haben“, sagte der Vorstandsvorsitzende und warf Vidal charakterliche Schwäche vor.
Alles vergessen, aber die Frage bleibt, ob der Chilene zu den Bayern passt. Sportlich wie menschlich. Vor wenigen Wochen verursachte der impulsive Mittelfeldspieler unter Alkoholeinfluss einen Autounfall, zu dieser Zeit fand gerade die Copa America in seiner Heimat statt. Von Pep Guardiola, dem Trainer des FC Bayern, ist bekannt, dass er extrovertierten Spielern mit umtriebigem Privatleben für gewöhnlich weniger Zuneigung entgegenbringt. Auch sind die Grätschen, das Kraftvolle, das Anarchische, das Wilde – alles was Vidal auf den Fußballplatz bringt – nicht Guardiolas Sache.
Die Personalie kann als erster Anflug von Emanzipation des Klubs gegenüber Guardiola verstanden werden. Ob der seinen Vertrag verlängert und die Bayern auch kommende Saison trainiert, ist fraglich. Der Verein wünscht sich das sehnlichst, der Umworbene zögert. Für die Verantwortlichen eine schwierige Situation. Stellen sie Guardiola einen Kader nach dessen Vorlieben zusammen, ohne zu wissen, ob er in zwölf Monaten noch da ist, oder bauen sie eine Mannschaft unabhängig vom Trainer und dessen Philosophie?
In der Transferpolitik scheint die Linie abhanden gekommen
Bei der Suche nach einer Antwort wirkt der FC Bayern wie ein Tourist, der vor einer Weggabelung steht und nicht weiß, in welche Richtung er gehen soll. Den Verantwortlichen scheint die klare Linie der Vergangenheit abhanden gekommen. Schon letzte Saison wurde viel über die Transferpolitik diskutiert. Etwa, warum man Toni Kroos, damals 24 Jahre alt, zu Real Madrid ziehen ließ und dafür den 32-jährigen Xabi Alonso als Ersatz holte. Verteidiger Mehdi Benatia kostete viel Geld, konnte auf höchstem europäischen Niveau aber nicht überzeugen. Auch bei Neuzugang Douglas Costa sind Zweifel angebracht. Dessen ehemaliger Trainer Mircea Lucescu glaubt, der Brasilianer habe noch kein Bayern-Niveau. Und Vidal ist immerhin auch schon 28. Er wird das Spiel der Bayern, wenn überhaupt, nur mittelfristig prägen.
Einer, der mal das Spiel des FC Bayern für viele Jahre prägen sollte, scheint immer weniger Zukunft in München zu haben. Mario Götze wird laut italienischen Zeitungsberichten von Juventus Turin umworben. Den Siegtorschützen des WM-Finales hatten die Bayern erst vor zwei Jahren für 37 Millionen Euro von Borussia Dortmund geholt. Soviel dürfte wohl kein Klub mehr bereit sein, für Götze zu zahlen.