Überraschungsteam der Fußball-Bundesliga: FC Bayern, hier kommt die Fortuna!
Fortuna Düsseldorf spielt so erfolgreich wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Wo soll das nur hinführen? Eine Würdigung des Augenblicks – natürlich rein subjektiv.
Vorweg ein beliebter Song aus der Kurve: „Die Fortuna“ (das a bitte langziehen), also so: „Die Fortunaaaa ist mein Verein, mein Herz schlägt für Düsseldorf am Rhein, da kannste jeden in Deutschland fragen, F 95 ist einfach nicht zu schlagen.“
Womit zwei Sachen klar gestellt wären. Zum einen: Wer hier eine objektive Betrachtung des Aufsteigers mit dem überraschend erfolgreichen Saisonverlauf erwartet, liest den falschen Text. Zum anderen: Wir in und aus Düsseldorf neigen quasi seit Beginn der Stadthistorie, zumindest seit dem 17. Jahrhundert und dem kunstbeflissenen Kurfürsten Jan Wellem, zu Größenwahn und Übertreibung. Nicht von ungefähr sind wir Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen und nicht diese größere Stadt ein paar Flusskilometer aufwärts, deren Namen wir ungern aussprechen, nennen wir sie: diese Stadt mit dem Dom und dem Zweitligisten Eff-Zeh, hi, hi. Und was die Unschlagbarkeit angeht, dürfte die sich mit großer Wahrscheinlichkeit mal wieder ein klein wenig relativieren, wenn die Fortunaaaa an diesem Sonntag den Tabellenführer aus München empfängt. Im Übrigen, laut Fortuna-Legende Campino, ein Scheiß-Verein, zu dem ein moralisch aufrechter Fortune nie wechseln würde (möglicherweise auch nicht, weil so ein Fortune gar nicht erst ein Angebot von denen bekommt). Aber nun muss auch Schluss sein mit der Objektivität.
Fakt ist, dass die Fortuna zurzeit auf Platz zehn der Tabelle platziert ist, gerade am vergangenen Wochenende den Hauptstadtklub in dessen eigenem Stadion besiegt hat, was wahrscheinlich am Stadion lag, aber der Fortuna mit ziemlicher Sicherheit den Klassenerhalt gesichert hat. Theoretisch ist jetzt sogar noch das Erreichen der Europa League möglich, was gewiss katastrophal wäre, aber zum Größenwahn passt.
Spekulation indes ist, warum diese Fortuna, gegründet 1895, plötzlich so gut ist wie seit gefühlt Jahrzehnten nicht mehr, die ich, der Fan gleichermaßen von Geburt an, alle durchlitten habe. Ein geflügeltes Wort in all diesen Jahren der Durststrecken geht so: Von der Fortuna lernen, heißt verlieren zu lernen. Was sicher nicht die schlechteste Erfahrung im Leben ist und sich wohl auch wiedereinstellen wird, nur eben in dieser Saison nicht. Die einfache Erklärung steht im Vereinsnamen Fortuna, die Glücksgöttin, steht zudem im eingangs zitierten Songtext. Sagt der Fan.
Im heutigen Sinne modern spielt die Fortuna nicht
Aber ist das zu konservieren oder doch nur ein Zusammenspiel glücklicher Kräfte, wie sie im Fußball plötzlich mal passieren können? Wie weiland beim Karlsruher SC, bei dem mit Trainer Winfried Schäfer Anfang der Neunziger alles passte, der durch Europa stürmte und heute in der Dritten Liga dümpelt. Fortunas Trainer ist Friedhelm Funkel, ein Rheinländer wie der Verein, in Neuss geboren und aufgewachsen, Neuss ist so etwas wie der linksrheinische Parkplatz von Düsseldorf, zur Not auch zu Fuß zu erreichen. Es gab mal eine Zeit, da wollte Funkel den Hauptstadtklub vor dem Abstieg retten (was nicht geklappt hat), da residierte er im Größenwahn und größtmöglicher Unsensibilität im sündig renovierten, aber historisch verbrannten Kammergericht am Lietzensee in Charlottenburg. Jetzt lebt er wieder in der Heimat, bodenständig, in Krefeld, was auch nur eine S-Bahnfahrt entfernt ist. Leicht überdurchschnittlicher Bundesligaprofi war er, Trainer danach mit durchwachsenem Erfolg, jetzt ist er mit seinen 65 Jahren mit drei Worten: Friedhelm Funkel Fußballgott. Erfahren ist er im Auf- und Abstieg und offensichtlich auch erfahren in der Auswahl der Spieler, die in sein limitiertes, aber ebenerdiges Spielsystem passen.
Nein, im heutigen Sinne modern spielt die Fortuna nicht. Fraglich, ob Funkel überhaupt weiß, was ein Laptop ist, auf dem er mit seinen Spielern die Fehler analysiert. Warum auch, sie machen ja keine. Es hat im Winter ein paar Irritationen gegeben, als der Verein – Stichwort Größenwahn – ihn schon mal vorab zum Saisonende verabschieden wollte. Funkel hatte das unter Tränen zur Kenntnis genommen, erst auf Druck von außen und innen nahm der Verein seine Entscheidung zurück.
Aber da liegt das künftige Problem. Dass die Fortuna, dieser ruhmreiche Klub, der auch schon mal das Europapokalfinale erreicht hat, gegen den FC Barcelona nämlich, was im Finale zwar nicht ganz reichte, aber dem Autor dieser Zeilen einen Rattanstuhl und eine Fensterscheibe kostete, weil ein Freund bei Wolfgang Seels Ausgleich das Stühlchen durch die Luft schleuderte, der ihm dann aus der Hand rutschte und stangengerade durch die geschlossene Scheibe flog, aus dem fünften Stock – aber jetzt gehen dem Fan wieder die Pferde durch – also nochmal: Dass die Fortuna in diesem Jahr die Klasse erhält, werden wohl nur noch die aus der Stadt mit Dom bezweifeln.
Aber dann? Ist Friedhelm Funkel wirklich der Mann fürs zweite Jahr? Und mit welcher Mannschaft? Die Mannschaft, die gerade so grandios aufspielt, die einen Lauf hat und alle wichtigen Spiele gewinnt, wie das gegen den Hauptstadtklub, wird es in der kommenden Saison nicht mehr geben. Sechs Spieler sind nur ausgeliehen, und die haben zum Großteil so gespielt wie Dodi Lukebakio, der eigentlich im Mittelfeld spielen soll, aber meistens auf den Außenbahnen stürmt, und zwar so fulminant, dass er wohl zurück nach England gehen muss. Und auf der rechten Außenbahn stürmt Benito Raman. Er stürmt da so grandios, dass unter anderen auch der Hauptstadtklub nicht in der Lage war, ihn bei seinen beiden Toren aufzuhalten. Der hat zwar noch einen Vertrag bis 2022, aber aus so einem ist man mit entsprechendem Geld leicht rauszukaufen. Die Fortuna dürfte nicht in der Lage sein, bei einem entsprechenden Angebot mitzuhalten. Oder Oliver Fink, der ist ungefähr 82 Jahre alt, spielt aber wie 28. Nur wie lange noch?
Soll heißen: Die Mannschaft, die auf so bravouröse Art die Klasse gehalten hat, die sich im oberen Mittelfeld festgeklammert hat, so fest, dass Niko Kovac, der Trainer des FC Bayern, wohl seinen Spielern eingepaukt haben sollte, sie an diesem Wochenende nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, diese Mannschaft wird am Ende der Saison mit Lob überschüttet werden, aber auseinanderbrechen. Schließlich – Achtung galoppierende Fan-Pferde – ist die Fortuna 2019 nicht Borussia Dortmund.
Hertha hat beide Spiele gegen Düsseldorf in dieser Saison verloren
Aber warum in die Ferne der Zukunft schweifen, das Glück liegt doch so nah im Augenblick. Und vielleicht gibt es ja noch eine besondere Motivation für die nächste Saison. Dieser Zweitligist, hi, hi, aus der Stadt mit Dom schickt sich ja gerade an, wieder aufzusteigen. Das sind dann schon mal sechs sichere Größenwahn-Punkte, drei aus dem Auswärtssieg, wohin wir mit dem Bötchen fahren, drei aus dem Heimsieg. Kommen sechs sichere Größenwahn-Punkte aus den Spielen gegen den Hauptstadtklub hinzu, nur zu Erinnerung: In Addition hat der nämlich gegen die Fortuna in dieser Saison 2:6 verloren. Sind zwölf Punkte. Den Rest schaffen wir. Wir in und aus Düsseldorf sprechen gerne von wir, wenn die Fortuna gut mitmischt – wenn nicht, ist es die Fortuna. Und es kommen noch sechs weitere Pflicht-Größenwahn-Punkte dazu, die gegen Werder Bremen.
Meinen Glückwunsch an die Fortuna für diese tolle Saison und meine ganze Sympathie für diesen Club. Ich gönne ihr den Erfolg, weil man merkt, dass Leidenschaft und Herzblut dahinter stecken. Weiter so, denn durch solche Vereine bleibt die Bundesliga attraktiv und spannend.
schreibt NutzerIn rugbymuscles32
Das sind aber persönliche Punkte. Weil der kleine Fan damals, mit etwa acht Jahren, unbedingt ein Trikot, zumindest die Farben der Fortuna haben wollte. Merchandising war damals aber noch kein Thema. Und was kaufte die farbenblinde und ahnungslose Mutter: Weißes T-Shirt, grüne Turnhose, die Farben Werders. Da war das Trauma angelegt.
Also: Dom, Hauptstadtklub, Werder, gleich 18 Punkte aus nur sechs Spielen in der nächsten Saison. Auch wenn die Mannschaft auseinanderfällt und Friedhelm Funkel nichts mehr einfällt unter dem graumelierten Hirn, der FC Bayern wird sich in der kommenden Saison beim Kampf um den Titel warm anziehen müssen. Sagt der Fan, und von Objektivität oder gar journalistischer Einschätzung war ja hier nie die Rede.
Und jetzt alle: „Die Fortunaaaa ist mein Verein, mein Herz schlägt für Düsseldorf am Rhein, da kannste jeden in Deutschland fragen, F 95 ist einfach nicht zu schlagen.“