Borussia Mönchengladbach in der Champions League: Fast wie eine deutsche Meisterschaft
Platz vier in der Bundesliga ist für Borussia Mönchengladbach ein großer Erfolg. Erreicht wurde er mit viel Demut und dank eines besonderen Glücksgriffs.
Im Borussia-Park liefen bereits die finalen Aufräumarbeiten, da war von draußen das Hupen einiger Autos zu hören. Wenigstens ein paar Anhänger von Borussia Mönchengladbach taten ihre Freude auf diese Weise kund. Einige Autos, mit Schals und Fahnen in Schwarz-Weiß- Grün dekoriert, fuhren zu späterer Stunde am Stadion vor, aber gemessen an der Bedeutung dieses Tages für den Klub fielen die Feierlichkeiten coronabedingt eher bescheiden aus.
„Es fühlt sich tatsächlich wie eine Meisterschaft an“, sagte Max Eberl, der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach, über die Qualifikation seines Klubs für die Champions League. „Der einzige Unterschied ist, dass es keine Schale gibt, keinen Wimpel und keine Zeremonie.“ Und in Zeiten der Coronavirus-Pandemie eben auch keine ausgelassene Party auf den Rängen, auf den Straßen und in den Kneipen der Stadt.
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Das schmälert die Bedeutung des Erfolges allerdings nicht. Nicht für einen Klub wie Borussia Mönchengladbach, der vor gar nicht langer Zeit und über anderthalb Jahrzehnte ganz andere Anlässe zum Feiern hernehmen musste: zwei Aufstiege in die Bundesliga (2001 und 2008) nämlich und diverse, mal mehr, mal weniger knappe Klassenerhalte. Den vorerst letzten im Mai 2011, als sich die Gladbacher erst in der Relegation gegen den Zweitligisten VfL Bochum retteten.
Der Schrecken von damals ist immer noch nicht ganz vergessen; er erinnert die Gladbacher daran, dass man nicht viele Fehler machen muss, um auch ganz schnell in ganz anderen Regionen zu landen. Siehe Werder Bremen, den Klub, dem die Borussen noch vor zehn Jahren explizit als leuchtendem Vorbild nachgeeifert haben. Und so haben die Schreckenserfahrungen der Vergangenheit den Verein mit einer gewissen Demut grundiert, den selbst viele Fans manchmal als Genügsamkeit empfunden haben.
Dass das nicht stimmt, sieht man bei einem Blick auf die finanziellen Möglichkeiten des Klubs. Und vor allem bei einem Blick auf die finanziellen Möglichkeiten der Konkurrenz. Am letzten Spieltag hat die Borussia durch den 2:1-Sieg gegen Hertha BSC das Fernduell mit Bayer Leverkusen um Platz vier gewonnen.
Leverkusen und Wolfsburg haben deutlich mehr Geld für Personal zur Verfügung
Bei den Personalausgaben belegen die Gladbacher mit knapp 100 Millionen Euro in der Liga Platz sieben. Leverkusen hatte ein Drittel mehr für seinen Kader zur Verfügung. Genauso der VfL Wolfsburg, der 16 Punkte weniger geholt hat und nun als Tabellensiebter in die Qualifikation zur Europa League muss.
Vor einem Jahr betrug der Abstand zwischen dem Fünften Mönchengladbach und dem Sechsten Wolfsburg exakt ein Tor. Dass sich beide Teams derart weit voneinander entfernt hat, liegt nicht zuletzt an einer strategischen Entscheidung, die Max Eberl im Frühjahr 2019 getroffen hat. Obwohl die Mannschaft auch damals um die Qualifikation für die Champions League mitspielte, entschied sich Borussias Sportdirektor dazu, den von ihm auch menschlich sehr geschätzten Trainer Dieter Hecking durch Marco Rose zu ersetzen.
„Er hat einen sensationellen Job gemacht“, sagte Eberl am Samstag über den neuen Trainer. Rose hat der Mannschaft nicht nur eine andere, eine energetischere Art des Fußballs verordnet, er hat dem ganzen Klub auch eine andere Haltung vermittelt. „Das Stichwort ist: ,Einfach nie zufrieden sein’“, sagte Rose.
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Immer wieder hat der neue Trainer davon gesprochen, dass er mit der Mannschaft den maximalen Erfolg anstrebe – auch als sie im Herbst acht Spieltage am Stück Tabellenführer der Fußball-Bundesliga war und einige Fans sogar schon von der Meisterschaft geträumt haben.
Dass die Borussia mit der Entscheidung in der Meisterfrage letztlich nichts mehr zu tun hatte und die Bayern ihr seit Jahresbeginn unaufhaltsam enteilt sind, ist eben auch ein Ausdruck der realen Machtverhältnisse in der Liga – und gerade deshalb kein Widerspruch zur Freude der Gladbacher über Platz vier. Auch Marco Rose beschwört „die nötige Demut“. Und trotzdem: „Wir haben uns nie klein geredet.“
Auch als es im Duell mit Leverkusen zwischenzeitlich gar nicht gut aussah, als die Gladbacher sogar auf Platz fünf zurückgefallen waren, „hat keiner einen Herzkasper gekriegt“, sagte Rose. „Wir sind ein cooler Haufen. Wir wissen, was wir können.“
Sportdirektor Eberl macht den neuen Trainer dafür verantwortlich, dass sich „ein Stück weit ein neues Gefühl entwickelt hat“, dass die Mannschaft diesmal auch Widerstände überwinden konnte. Rose sei derjenige gewesen, „der die Menschen mit seiner Art in kürzester Zeit begeistert hat, der auch die Spieler begeistert hat. Deshalb ist er der Mitarbeiter, der das besondere Lob verdient hat.“
Neben den beiden Großklubs Bayern und Dortmund haben sich aus der Bundesliga ausschließlich Vereine für den Europapokal qualifiziert, die externe Geldgeber im Rücken haben: Leipzig, Leverkusen, Wolfsburg, Hoffenheim. Und eben Borussia Mönchengladbach. „Das fühlt sich gut an“, sagte Marco Rose. „Das ist besonders.“