Bundesliga-Relegation: Falscher Pfiff und nasse Schuhe in Wolfsburg
Braunschweig beklagt ein Handspiel von Gomez und einen bizarren Vorfall in der Kabine. Nun will das Team daraus Motivation ziehen.
Es ist immer ein Mittel, ein Unglück so zu deuten, als hafte ihm doch noch etwas Positives an. Eintracht Braunschweig zum Beispiel hatte am Donnerstag das Relegationsspiel beim VfL Wolfsburg 0:1 (0:1) verloren, weil Schiedsrichter Sascha Stegemann eine schlimme Fehlentscheidung getroffen hatte. Zudem wurde am Freitag noch – sollte es stimmen – eine bizarre Form des Psychotricks seitens der Wolfsburger bekannt. Die Braunschweiger Fußballer beklagten nasses Schuhwerk. Vermutlich sei die Sprinkler-Anlage in der Kabine angegangen, sagte Braunschweigs Manager Marc Arnold. Aus Zufall vielleicht, vielleicht aber auch nicht aus Zufall.
Am Tag nach der Niederlage deuteten die Braunschweiger all das Unglück mit falschem Pfiff und nassen Schuhen um in eine Trotzhaltung. Man werde Motivation aus all der Ungerechtigkeit ziehen, die dem Klub in Wolfsburg widerfahren sei, sagte etwa Kapitän Ken Reichel. Am kommenden Montag (20.30 Uhr), wenn das Rückspiel ansteht, bietet sich den Braunschweigern jedenfalls die Chance, das Unglück umzukehren.
Das personifizierte Unglück aus Sicht der Braunschweiger war neben Schiedsrichter Stegemann Wolfsburgs Stürmer Mario Gomez. Der Nationalspieler hatte in der 34. Minute den Ball mit dem Unterarm auf seinen Mitspieler Yunus Malli aufgelegt. Dessen Schuss wiederum bekam Braunschweigs Gustav Valsvik aus kürzester Distanz an die Hand. Den anschließenden Elfmeter verwandelte auch noch Gomez. Es war gleich eine doppelte Ungerechtigkeit: Stegemann übersah das Handspiel von Gomez, unmittelbar darauf aber ahndete er ein Handspiel, das zumindest höchst strittig war.
„Deswegen hasse ich die Relegation“, sagte Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht. Weil eine solche Aktion die komplette Saison vermiesen könne.
Mario Gomez fand sich schnell in der Rolle des Miesepeters. Kommentatoren gingen am Freitag schon so weit und forderten, dass Gomez für das Rückspiel am Montag gesperrt werden solle. Ein bisschen mehr Ehrlichkeit könne man von einem Fußballer doch verlangen. Hätte er dem Schiedsrichter nicht die Wahrheit sagen können, wie es etwa Miroslav Klose früher auch schon gemacht habe? In diese Richtung gingen die Vorwürfe.
Gomez blieb gefühlskalt
Sie fielen wohl auch deshalb so harsch aus, weil sich Gomez nach dem hochemotionalen Spiel ziemlich gefühlskalt äußerte. „Das ist mir völlig egal. Allein ich hätte in dieser Saison fünf Elfmeter bekommen müssen. Umso schöner, dass wir ihn dann in so einem Spiel bekommen“, sagte er darauf angesprochen.
Das musste hart klingen in den Ohren der Braunschweiger. Der Zweitligist hatte den Wolfsburgern einen großen Kampf geliefert. Die Mannschaft hat nicht die spielerische Qualität des vergleichsweise exorbitant teuren Kaders der Wolfsburger. Aber sie hat Herz und Emotion, was dem Gegner gerne abgesprochen wird und wofür dieser zumindest in den Augen des Braunschweiger Anhangs mit dem Spiel am Donnerstag den neuerlichen Nachweis erbrachte.
Die Begegnung brachte aber nicht nur eine kleine Debatte über Fairness, sondern auch über die technischen Möglichkeiten im Fußball hervor. Das Wolfsburger Unglück kam auch zustande, weil der Videobeweis bei torrelevanten Situation wie eben Strafstößen erst in der kommenden Spielzeit herangezogen wird.
Wie das dann ablaufen kann, zeigte sich am Freitag bei der U-20-Weltmeisterschaft in Südkorea, wo der Videobeweis bereits eingesetzt wird. Die deutsche Junioren-Nationalmannschaft bekam gegen Inselstaat Vanuatu einen Elfmeter zugesprochen, nachdem sich die Offiziellen die Aktion in der Wiederholung angesehen hatten. Der Vorgang dauerte nicht lange, an der Entscheidung auf Strafstoß bestanden keine Zweifel und es gab anschließend keinerlei Diskussionen – was wiederum die Gegner des Videobeweises als Argument aufführen. Sie sagen: Der Videobeweis nimmt dem Fußball die Würze. Doch damit braucht zumindest Torsten Lieberknecht keiner mehr zu kommen.