Hertha BSC vor dem Start in die Rückrunde: Fabian Lustenberger oder Sebastian Langkamp?
Herthas Trainer Pal Dardai rätselt noch, wer im Auswärtsspiel gegen den VfB Stuttgart in der Viererkette spielen soll.
Proporz und Ausgewogenheit spielen nicht nur in der Politik eine wichtige Rolle. Auch in Fußballmannschaften geht es manchmal um einen gerechten Ausgleich verschiedener Interessen: Kriegst du diese Position, darf ich dafür jene haben. Spielst du jetzt, bin ich beim nächsten Mal dran. Das war auch in dieser Woche beim Training von Hertha BSC so. Die Berliner starten am Samstag (15.30 Uhr) mit einem Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart in die Rückrunde der Fußball-Bundesliga, und vermutlich wird das Duell mit dem Aufsteiger eine hart umkämpfte Angelegenheit werden. Herthas Trainer Pal Dardai und Rainer Widmayer haben versucht, ihre Mannschaft im Training bestmöglich auf die zu erwartenden Anforderungen einzustellen. Sie ließen zehn gegen zehn spielen, auf kleine Tore und halbes Feld, sodass es recht eng war und entsprechend hitzig zuging.
Das Trainingsspiel ließ schon ein paar Rückschlüsse auf die mögliche Aufstellung der Berliner zu. In der Innenverteidigung etwa spielten Niklas Stark auf der rechten Seite und Fabian Lustenberger auf der linken. In der ersten Hälfte. In der zweiten Hälfte war alles anders. Niklas Stark verteidigte nun links, und an seiner Seite spielte Sebastian Langkamp. Als gesichert darf daher gelten, dass der U-21-Europameister Stark in Stuttgart in der Viererkette auflaufen wird und nicht etwa im defensiven Mittelfeld. Fraglich ist aber noch auf welcher Seite – was im Wesentlichen davon abhängen wird, für welchen Nebenmann sich Cheftrainer Dardai entscheiden wird: für Lustenberger oder Langkamp?
Im Training mag es möglich sein, dass jeder eine Halbzeit spielt, um niemanden zu vergrätzen; für die Begegnung in Stuttgart aber kommt diese Proporz-Variante nicht infrage. "Nur einer wird spielen", sagt Dardai. Mit der Entscheidung aber, wer es sein wird, "bin ich noch nicht hundertprozentig durch".
Karim Rekik und Jordan Torunarigha fehlen in Stuttgart
Dass der Ungar sich überhaupt mit der Frage "Langkamp oder Lustenberger?" herumplagen muss, hat zwei Gründe. Grund eins: Karim Rekik hat wegen seiner Fußprellung in diesem Jahr noch nicht mit der Mannschaft trainiert und fällt deshalb in Stuttgart aus. Grund zwei: Sein natürlicher Vertreter Jordan Torunarigha steht nach seiner Roten Karte beim Hinrundenabschluss in Leipzig ebenfalls nicht zur Verfügung. Dardai fehlen damit in der Innenverteidigung sämtliche verfügbaren Linksfüßer, weshalb er von einer Gewohnheit abrücken muss. Der Ungar hat es am liebsten, wenn auf der linken Seite ein Linksfuß spielt – weil das die Spieleröffnung erleichtert.
Aber wenn man als Trainer eines lernen muss, dann ist es: pragmatisch auf neue Gegebenheiten zu reagieren. Dardai hat vor einiger Zeit auch gesagt, dass er Fabian Lustenberger nur noch als defensiven Mittelfeldspieler sieht – und nicht mehr als Innenverteidiger, obwohl der Schweizer diese Position in der Vergangenheit schon zur allgemeinen Zufriedenheit ausgefüllt hat. Es hat Herthas Trainer nicht davon abgehalten, Lustenberger im letzten Spiel des Jahres 2017, beim 3:2 in Leipzig, in die Viererkette zurückzuziehen, nachdem Torunarigha des Feldes verwiesen worden war und kein gelernter Verteidiger mehr zur Verfügung stand. "So wie er gegen Leipzig gespielt hat, das war richtig gut", sagt Herthas Trainer. "Er hat es überragend gemacht."
Es spricht einiges dafür, dass der umgeschulte Lustenberger in Stuttgart den Vorzug vor der Fachkraft Langkamp erhält, der am Ende der Hinrunde nicht immer den sichersten Eindruck hinterlassen hat. Die Stuttgarter haben zwar mit Mario Gomez einen echten Stoßstürmer verpflichtet, und Hertha rechnet auch entsprechend mit viel offensiver Wucht im Spiel des VfB. Doch was Langkamp mit seiner Kopfballstärke und seiner Physis dagegenhalten könnte, das kompensiert Lustenberger auf seine Art.
Der 29 Jahre alte Schweizer sei bei der Ballan- und -mitnahme einen Tick besser als sein Konkurrent Langkamp, findet Dardai. Zudem lobte Herthas Trainer die Handlungsschnelligkeit und das Antizipationsvermögen Lustenbergers. Gegen Leipzig habe er viele Spielzüge des Gegners erahnt und letztlich geräuschlos entschärft. Christoph Daum hat einmal gesagt, dass der Kopf für Fußballer das dritte Bein sei. Bei Fabian Lustenberger könnte das Auge am Samstag in Stuttgart der zweite linke Fuß sein.