zum Hauptinhalt
Kira Walkenhorst, 28, gewann mit ihrer ehemaligen Teamkollegin Laura Ludwig (rechts) alle wichtigen Titel im Beachvolleyball. Wegen gesundheitlicher Probleme beendete sie Anfang Januar ihre sportliche Karriere.
© Foto: Alex Halada/AFP

Kira Walkenhorst: "Es wäre schön, wenn es das noch nicht gewesen ist"

Die Beachvolleyballerin Kira Walkenhorst im Interview über ihr Karriere-Ende, das Leben als Mutter und die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren.

Kira Walkenhorst wirkt ruhig und entspannt, als sie zum vereinbarten Interviewtermin anruft. Die Drillinge Emma, Pepe und Mo, die ihre Frau Maria am 25. Oktober des vergangenen Jahres zur Welt brachte, sind gut versorgt. „Raubtierfütterung“ nennt die Beachvolleyball-Olympiasiegerin die Prozedur. Jetzt herrscht erst einmal Ruhe, die Tochter und die beiden Söhne gönnen sich ein Nickerchen, bevor der Trubel wieder losgeht. „Wir haben wirklich Glück gehabt“, sagt die 28 Jahre alte Essenerin. „Die Kleinen machen es uns leicht.“

Frau Walkenhorst, die Entscheidung, dem Leistungssport Lebewohl zu sagen, bezeichneten Sie als die „mit Abstand härteste meiner Karriere“. Wie geht es Ihnen jetzt, nachdem Ihr Rücktritt einige Wochen her ist?
Eigentlich geht es mir gut mit der Entscheidung, weil ich weiß, dass es der richtige Weg war, den ich einschlagen musste. Aber ich glaube, dass es im Sommer, wenn die Sonne scheint und ich die Teams im Sand spielen sehe, deutlich härter wird. Gerade bei der Heim-WM in Hamburg. Da wird das Herz ordentlich bluten.

Ein anderes Zitat von Ihnen lautet: „Beachvolleyball, das war mein Leben.“ Wie geht es jetzt weiter?
Ganz werde ich mich vom Beachvolleyball mit Sicherheit nicht verabschieden. Natürlich habe ich mit den drei Kindern hier zuhause jede Menge zu tun. Mein Leben wird derzeit von meiner Familie bestimmt.

Was stellen Sie sich konkret vor?
Ich plane, Beachevents und Camps anzubieten, zudem habe ich einen Motivationsvortrag erarbeitet, in dem ich die Werte, die ich im Leistungssport gesammelt habe, vermitteln werde. Da gibt es viele Parameter, die man in die Wirtschaft übertragen kann.

Sie haben in Ihrer Karriere so viele Verletzungen, Krankheiten und andere Rückschläge überwunden. Da wundern sich viele, dass Sie überhaupt so lange durchgehalten haben. Warum war jetzt das Ende der Fahnenstange erreicht?
Es war schon in den letzten Jahren eine Qual, ständig gegen den eigenen Körper ankämpfen zu müssen. Das hat mir den Spaß am Beachvolleyball zwar nicht genommen, aber es war eine harte Konkurrenz. Vor allem auch psychisch. Nach dem Olympiasieg 2016 habe ich mir gesagt, dass ich an die nächsten Aufgaben ohne körperliche Beeinträchtigungen herangehen will. Das hat nicht funktioniert.

Der Schmerz hat bei Ihnen immer eine Rolle gespielt: Fünf Knie-Operationen, Schulter- und Rückenprobleme, Pfeiffersches Drüsenfieber sowie andere körperliche Malaisen. Sind Sie besonders leidensfähig?
Darüber habe ich mir ehrlich gesagt nie Gedanken gemacht. Ich glaube aber sagen zu können, dass ich keine Mimose bin. Für mich gehörten Schmerzen und Wehwehchen immer mit dazu zum Leistungssport. Du gehst an deine Grenzen und darüber hinaus, dann tut es halt schon mal weh. Ich habe meinem Körper einiges zugemutet, er wird bestimmt etwas mitgenommen haben. Wenn du große Erfolge haben willst, musst du hart arbeiten. Und das passiert nun mal nicht nur im Komfortbereich.

"Ich bin eigentlich zu jung für die Rente"

Ist die Option, irgendwann wieder in den Sand zurückzukehren, tatsächlich realistisch?
Das ist auf jeden Fall meine Hoffnung. Mein Arzt klingt optimistisch. Er hat schon den ein oder anderen hoffnungslosen Fall hingekriegt. Ich gebe meinem Körper alle Zeit, die er benötigt. Es wäre schön, wenn es das noch nicht gewesen ist, denn mit 28 fühle ich mich eigentlich zu jung für die Rente. Aber nur dann, wenn ich vollkommen schmerzfrei Sport treiben kann. Auf Qualen habe ich keine Lust mehr.

Sie sind Europameisterin, Weltmeisterin, und Olympiasiegerin. Sie haben in Ihrer Karriere alles gewonnen, den WM-Titel und Olympia-Gold 2016 sogar als erstes europäisches Frauenteam überhaupt. Ist es leichter, von der großen Bühne abzutreten, wenn man von sich sagen kann, „ich habe Geschichte geschrieben“?
Puh, darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Natürlich ist es schön, in seinem Sport alles erreicht zu haben und ganz oben zu stehen. Aber wir waren mit unserem Latein ja noch nicht am Ende. Wir haben uns noch nicht am Limit gesehen.

Während Sie sich um Ihre Familie und Ihre Gesundheit kümmern, hat Ihre ehemalige Beachvolleyball-Partnerin Laura Ludwig zusammen mit Margareta Kozuch einen neuen Karriereabschnitt begonnen. Verfolgen Sie, wie es vorangeht?
Ich bin regelmäßig mit Laura in Kontakt und horche nach, wie es so läuft.

Und?
Was sie berichtet, klingt optimistisch. Ich bin ziemlich gespannt, wie sich die neuen Teamkonstellationen schlagen werden.

Sie hatten Ende Januar einen vielbeachteten TV-Auftritt im ZDF bei Markus Lanz und sind auch sonst im Fernsehen zu sehen. Unter anderem, um über Ihre gleichgeschlechtliche Ehe mit Kindern zu sprechen. Fühlen Sie sich aufgrund Ihrer Popularität in der Rolle als gesellschaftliche Vorreiterin?
Ich habe mich schon die ganzen letzten Jahre nicht versteckt. Ich mache keinen Hehl daraus, in einer gleichgeschlechtlichen Ehe zu leben. Für mich ist das normal, da gibt es keine Unterschiede zu heterosexuellen Ehen. Dadurch, dass Maria und ich Kinder bekommen haben, haben wir mitbekommen, dass so etwas in Deutschland noch längst nicht etabliert ist. Obwohl sich unsere Gesellschaft als tolerant und offen bezeichnet, bekommst du Steine in den Weg gelegt. Jetzt im Moment habe ich noch eine Stimme, die gehört wird. Das wollen wir nutzen.

Sie haben unter anderem auf den Missstand aufmerksam gemacht, dass nicht alle Samenbanken für gleichgeschlechtliche Paare zur Verfügung stehen.
Wenn so etwas nicht bekannt wird, wird es sich auch nicht ändern. Es tut sich schon ein bisschen was, aber es ist noch lange nicht alles gut. Nach meinem Auftritt bei Markus Lanz hatte ich wahnsinnig viele Anfragen von gleichgeschlechtlichen Paaren, die wissen wollten, in welcher Klinik wir waren. Es ist offensichtlich immer noch nicht so, dass man überall gleich gut behandelt wird. Die Ehe für alle war ein Schritt in die richtige Richtung, aber die übrigen Gesetze wurden noch nicht angepasst.

Zur Startseite