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Immer wieder ganz oben. Kira Walkenhorst (links) gewann mit Laura Ludwig neben Olympia-Gold auch den WM-Titel.
© Herbert Neubauer/APA/dpa

Beachvolleyball: Kira Walkenhorst: Eine Krankenakte dick wie ein Telefonbuch

Mit nur 28 Jahren muss Kira Walkenhorst ihre Karriere beenden. 2016 wurde sie zusammen mit Laura Ludwig Olympiasiegerin in Rio de Janeiro.

Der Blick geht zurück zum 18. August 2016, als zwei deutsche Frauen in Rio de Janeiro über sich hinauswuchsen: Laura Ludwig und Kira Walkenhorst bestritten an diesem Tag das Finale des olympischen Turniers der Beachvolleyballer und mussten sich dabei nicht nur ihren brasilianischen Herausforderinnen Barbara Seixas de Freitas und Agatha Bednarczuk stellen, sondern bekamen es im wuchtigen Stadion an der Copacabana auch noch mit tückischen Fallwinden und mehr als 10.000 Zuschauern zu tun, die das einheimische Team nach vorne brüllten.

Die Deutschen trotzten allen Widrigkeiten auf eine Art, die so sicher und souverän wirkte, als sei dies das Selbstverständlichste der Welt. Einseitiger als dieser 2:0-Erfolg ist kein Olympiafinale verlaufen, dominanter ist kein anderes Team bei einem solch wichtigen Ereignis aufgetreten. Laura Ludwig und Kira Walkenhorst wurden danach in Deutschland hofiert und genossen ihre Auftritte im Rampenlicht. Beachvolleyballer des Jahres, Mannschaft des Jahres – zwei Frauen aus einer sonst höchstens am Rande wahrgenommenen Sportart waren für einige Monate fast so häufig auf dem roten Teppich wie im Sand zu sehen.

Knapp zwei Jahre später ist das grandiose Duo Ludwig/Walkenhorst Geschichte. Aus und vorbei, Kira Walkenhorst kann nicht mehr. Die Blockspielerin, die sechs Jahre lang mit der begnadeten Abwehrkünstlerin Laura Ludwig ein kongeniales Doppel bildete, muss ihrer schier unendlichen Krankengeschichte Tribut zollen. Verletzungen und Rückschläge kennzeichnen den Weg der 28-Jährigen aus Essen, die sich trotz eines Kreuzbandrisses, Pfeifferschem Drüsenfiebers und eines Meniskusschadens immer wieder zurückkämpfte.

Verletzungen nagen an der Moral

Dieses Mal funktionierte das nach langer Zwangspause nicht. Anfang Dezember teilte Walkenhorst via Facebook mit, dass es mit dem für Beginn des neuen Jahres avisierten Comeback nichts wird: wegen Problemen an der Hüfte und der Schulter.

Es scheint, als liege bei Deutschlands Beachvolleyballern ein Fluch auf dem Gewinn der olympischen Goldmedaille. Nach dem Triumph von London hatten bereits Jonas Reckermann und Julius Brink ihre Karriere wegen hartnäckiger Verletzungen aufgeben müssen. Nun folgt ihnen Kira Walkenhorst.

Deren Krankenakte ist mittlerweile dick wie ein Telefonbuch. „Irgendwann“, sagt Niclas Hildebrand, der sich als Sportdirektor beim Deutschen Volleyball-Verband (DVV) um die Sandsparte kümmert, „nagt eine solch ewige Geschichte an der Moral.“ Trainer Jürgen Wagner ergänzt, „dass du irgendwann den Cut machen musst, wenn keine signifikante Besserung eintritt“. Tatsächlich wurde der Zustand für alle Beteiligten zur ernsthaften Belastungsprobe. Walkenhorst litt, weil sie nicht fit wurde, daneben scharrte Ludwig mit den Füßen, die nach ihrer Babypause vor Tatendrang sprühte.

Bereits im November gab es Überlegungen, sich in neuer Konstellation aufzustellen. Nun hat das Warten auf Besserung ein Ende. „Mein Körper erlaubt mir keinen Leistungssport mehr“, teilte Walkenhorst am Montag mit: „Alles andere als Laura nahezulegen, sich eine andere Partnerin zu suchen, mit der sie ihre Ziele erreichen kann, erschien mir unfair.“

Ludwig hat bereits eine neue Partnerin

Die neue Mitspielerin ist bereits gefunden, Ludwig wird in Zukunft an der Seite von Margareta Kozuch zu sehen sein, mit der sie bereits in Hamburg zusammen durch den Sand hechtete und ein Trainingslager auf Teneriffa absolvierte.

Trainiert wird das neue Tandem von Jürgen Wagner, der bereits Brink und Reckermann 2012 in London betreute und vier Jahre später in Rio de Janeiro mit Ludwig/Walkenhorst erneut ein deutsches Beachvolleyballteam auf den Olymp führte. Wie nicht anders zu erwarten, hat Walkenhorsts Rücktritt in der deutschen Szene ein mittleres Beben ausgelöst. Kozuchs bisherige Partnerin Karla Borger wird dem Vernehmen nach mit der zweifachen Deutschen Meisterin Julia Sude gemeinsam spielen, deren Partnerin Chantal Laboureur sich dann nach einer neuen Mitspielerin umschauen muss.

Das alles muss Walkenhorst nicht mehr interessieren, die sich nun ohne Druck um ihre Gesundheit kümmern kann. Und um ihre Familie, nachdem ihre Ehefrau Maria im Oktober die Drillinge Emma, Pepe und Mo zur Welt gebracht hat. Die Entscheidung aufzuhören, bezeichnet Walkenhorst als „die mit Abstand härteste meiner Karriere. Zum Glück habe ich privat gerade den besten Support, den man sich nur wünschen kann. Maria und unsere drei Kleinen geben mir unglaublich viel Halt.“

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