Peter Neururer über das Ende von Wattenscheid 09: „Es war ein einziges Lügenkonstrukt“
Der Traditionsverein Wattenscheid 09 musste sich vom Spielbetrieb abmelden. Wie chaotisch es im Klub zugegangen ist, erzählt Ex-Sportdirektor Peter Neururer.
Peter Neururer hat in seiner Karriere in vielen Vereinen als Trainer gearbeitet, unter anderem bei Hertha BSC. Zuletzt wollte er als Sportdirektor den Traditionsverein SG Wattenscheid 09 wieder groß rausbringen. Doch nun musste der Klub sich vom Spielbetrieb in der Regionalliga West abmelden, weil kein Geld mehr vorhanden ist. Die Gehälter wurden offenbar schon länger nicht mehr gezahlt.
Herr Neururer, Sie stehen so eng mit Wattenscheid 09 in Kontakt, dass es Sie nicht überrascht haben dürfte, wie schlimm es um den Verein steht, der sich jetzt vom Spielbetrieb in der Regionalliga West abmelden musste.
An sich hat mich das gar nicht überrascht. Das war ja abzusehen – so wie es in den vergangenen Monaten da zugegangen ist. Was mich überrascht hat, war die Tatsache, dass ich davon von meinem Anwalt und aus den Medien erfahren habe - und nicht vom Verein selbst. Aber das passt ja auch schon wieder irgendwie zu all dem Wahnsinn dort.
Was meinen Sie?
Das Ganze war von vorne bis hinten ein einziges Lügenkonstrukt. Als man mich als Sportlichen Leiter geholt hat, wurde mir zugesichert, dass genug Geld da ist. Investor Oguzhan Can hat im März vor Zeugen gesagt, dass die Saison durchfinanziert ist. Aber ich habe schnell gemerkt, dass das alles nicht stimmen konnte. Die Spieler haben ihre Gehälter nicht bekommen. Und auch mir wurden sie teils nur zur Hälfte oder gar nicht gezahlt.
Haben Sie sich deshalb im August als Sportlicher Leiter zurückgezogen?
In der Funktion ging es gar nicht mehr, was nicht heißt, dass ich nicht als Berater da gewesen wäre. Niemand hat mir gesagt, wie hoch die Schulden sind. Ich habe Spieler verpflichtet. Ich habe den Vertrag mit Trainer Farat Toku verlängert. Ich wollte Sponsoren holen, um den Verein wieder nach vorne zu bringen. Doch dann habe ich gemerkt, dass alle Konten gepfändet wurden. Da war ich dann raus aus der Nummer.
Das klingt alles sehr dubios.
Das ist noch untertrieben. Auch zu sagen, dass es chaotisch war, ist eine völlige Untertreibung. Es war die größte Enttäuschung, die ich in meiner Karriere als Trainer oder Sportdirektor erlebt habe – und ich habe schon viel Mist erlebt. So etwas kannst du dir nicht ausmalen, das übertrifft deinen schlimmsten Albtraum.
Dabei stand Wattenscheid bis zuletzt für Tradition im Fußball. Der Klub spielte noch in den 1990er Jahren in der Bundesliga.
Früher war das ein toller geordneter Klub unter dem Vorsitzenden Klaus Steilmann. Der hat ihn richtig groß gemacht. Was da jetzt passiert, ist wahnsinnig traurig, auch für den Ruhrgebietsfußball insgesamt. Ich wollte da eigentlich wieder richtig etwas aufbauen. Wir waren rein sportlich auch auf einem guten Weg. Mir tut es wahnsinnig leid für die Spieler und den Trainer, der eine tolle Arbeit geleistet hat. Und mir tut es vor allem auch sehr leid für die Fans.
Konnten Sie denn gar nichts an der Situation ändern?
Das Konzept für den sportlichen Weg stand. Aber ohne Geld geht es nun mal nicht. Die Spieler haben ja auch ihre Abrechnungen nicht erhalten, die konnten sich also noch nicht einmal arbeitslos melden. Die Busse zu den Auswärtsspielen konnten nicht bezahlt werden – um mal nur eine Kleinigkeit zu nennen. Ich habe einigen Spielern dann auch privat Geld gegeben. Zuletzt war der Vereinsvorsitzende auf einmal nicht mehr erreichbar, er war einfach verschwunden. Da war schon klar, dass es nicht so weitergehen kann. Wattenscheid war führungslos, komplett ohnmächtig. Dass sich der Verein jetzt in der Regionalliga abmelden musste, war nur der Gipfel von all dem.
Gibt es für Sie noch Hoffnung, dass der Traditionsverein einen Neuanfang schafft?
In diesem Umfeld auf keinen Fall, das ist so dermaßen daneben. Da hat keiner Kompetenzen.
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