Hertha BSC und der schwache Start in die Rückrunde: Es geht schon wieder los
Wie vor einem Jahr: Kaum ist Rückrunde, schon fängt Hertha BSC an zu schwächeln – doch noch hat das Team Zeit, sich wieder zu finden.
Ganz zum Schluss erwiesen sich die Berliner noch einmal als ganz besonders freundliche Gäste. Sie bescherten dem Schalker Anhang dank ihrer Tölpelhaftigkeit noch einen letzten Grund zum Jubeln. Die Nachspielzeit war so gut wie vorüber, als Julian Schieber Schalkes Torhüter Ralf Fährmann unmotiviert über den Haufen lief. Es gab Freistoß und damit endlich eine Spielunterbrechung, so dass der Fanliebling Klaas Jan Huntelaar doch noch aufs Feld durfte und nach fast viermonatiger Verletzungspause zu seinem Comeback vor heimischem Publikum kam. Die Arena jubelte, Fährmann drosch den Ball nach vorne, und noch bevor der wieder den Boden berührte, pfiff der Schiedsrichter ab.
Bei der 0:2 (0:1)-Niederlage gegen Schalke 04 hatten die Gäste aus Berlin auch sonst so ziemlich alles getan, um dem heimischen Anhang den Samstagabend so schön wie möglich zu gestalten. Die Gastgeber machten es gut, sie spielten mit Zug und Mut. Und trotzdem: „Wir haben es Schalke viel zu leicht gemacht“, sagte Innenverteidiger Sebastian Langkamp. In der ersten Halbzeit ließ sich der Berliner Fußball-Bundesligist scheinbar willenlos über den Platz scheuchen. „Wir haben gar nicht versucht, Fußball zu spielen“, klagte Trainer Pal Dardai, „das geht mit 25 Prozent Ballbesitz auch nicht.“
Seit der Winterpause sehen sich die Berliner mit der Frage konfrontiert, ob sie wie im Vorjahr in der Rückrunde einbrechen werden. Sie haben sich mit Worten und Füßen gegen die düsteren Prophezeiungen gewehrt, vor allem Trainer Dardai hat der öffentlichen Lust am Untergang getrotzt. Aber nach gerade mal drei Wochen scheint sich zu zeigen, dass der ganze Eifer vergebens war. Das drückt auf die Stimmung. „Die Mannschaft beschäftigt sich mit den Ergebnissen“, gibt Dardai zu.
Besonders offensiv hat Hertha Probleme
Der Trend jedenfalls hat Herthas Freundschaftsanfrage bisher unbeantwortet gelassen: Von fünf Pflichtspielen im Jahr 2017 haben die Berliner vier verloren; in den jüngsten acht Begegnungen setzte es sechs Niederlagen. Gewonnen hat die Mannschaft zuletzt nur gegen den Tabellenletzten Darmstadt und den Vorletzten Ingolstadt. Und in den nächsten beiden Heimspielen trifft Hertha jetzt auf den Spitzenreiter Bayern und den Dritten Frankfurt. „So eine Phase hat jede Mannschaft mal. Das wirft uns nicht aus der Bahn“, sagt Defensivspieler Niklas Stark. „Wir stehen in der Tabelle nicht so schlecht da.“ Eine solche Wertung hängt natürlich auch von der Vergleichsgröße ab. Gemessen daran, dass Hertha vor der Saison von vielen eher im Abstiegskampf vermutet worden war, ist Rang sechs überragend. Gemessen daran, dass die Berliner Weihnachten Dritter waren, erleben sie gerade einen rapiden Verfall.
Aber das hängt für Trainer Dardai auch mit überzogenen Erwartungen zusammen. „Die Realität verdient Respekt“, sagt er. Bei Hertha haben sie immer darauf verwiesen, dass sie auch von der Schwäche höher eingeschätzter Konkurrenten profitiert haben. Im neuen Jahr hat Leverkusen nun bereits drei Punkte auf die Berliner gut gemacht, Schalke vier, Gladbach sogar sieben. Trotzdem: Herthas Problem ist weniger die Stärke der anderen. Es ist die eigene Schwäche.
Pal Dardai hält seine Mannschaft dennoch für stärker als in der Vorsaison. „Voriges Jahr kam das Loch später und wir sind nicht mehr rausgekommen“, sagt er. „Noch haben wir die Zeit dazu.“ Das Wichtigste sei, dass man nun ruhig bleibe. Entscheidend aber wird sein, wie schnell Hertha zu sich selbst zurückfindet, zur alten Entschlossenheit, in der Defensive wie in der Offensive. „Wir müssen daran arbeiten, dass wir wieder ein bisschen kompakter und effizienter werden“, sagt Innenverteidiger Sebastian Langkamp.
Vedad Ibisevic hat seit Ende November nicht getroffen
Die Berliner haben im Moment viele Probleme, das größte im gegnerischen Strafraum. „Wir machen derzeit keine Tore. Die Stürmer treffen nicht“, klagt Dardai. Das gilt vor allem für Vedad Ibisevic, der seit Ende November kein Tor mehr erzielt hat. Inzwischen kann man dem Bosnier regelrecht ansehen, wie ihn diese Phase bedrückt, wie ihm die intuitive Selbstverständlichkeit vor dem Tor abgeht und er sich verlässlich für die falsche Option entscheidet. „Er kämpft wie ein Bär“, sagt Dardai. „Das wird schon kommen.“
Wenigstens kämpfen, wenn sich schon die Leichtigkeit nicht einstellen will: Das wird auch am Samstag gegen den FC Bayern München das Mindeste sein. In diesem Spiel könne Hertha eigentlich nicht verlieren, glaubt Herthas Trainer. Vielleicht helfe das, wieder in die Spur zurückzufinden. Dieses Spiel sei doch schön für die ganze Stadt, findet Pal Dardai. „Und für uns ist es auch nicht schlecht.“ Was allerdings noch zu beweisen wäre.