Biathlon: Erik Lesser und die Jagd nach dem Ausreißer
Die vergangene Saison krönte Erik Lesser mit zwei WM-Titeln. Trotzdem bleibt er vor dem ersten Rennen in Östersund realistisch.
Eine seiner größten Leidenschaften kann Erik Lesser jetzt erst einmal nur noch aus der Ferne verfolgen. Er ist Fan des Fußball-Drittligisten Erzgebirge Aue. Den letzten großen Sieg seines Lieblingsvereins, den überraschenden Erfolg im DFB-Pokal gegen den Bundesligisten Eintracht Frankfurt Ende Oktober, bejubelte er noch im Stadion. Doch davon zehrt Lesser auch im fernen Schweden noch sehr. „So eine Stimmung hatte ich in Aue noch nie erlebt“, sagt er.
Während sein Lieblingsklub jetzt zunächst ohne ihn auskommen muss, geht es für den 27-Jährigen nun wieder so richtig los. An diesem Mittwoch beginnen in Östersund die Einzelwettbewerbe der neuen Biathlon-Saison – und als Erstes steht Lessers Paradedisziplin an, das Rennen über 20 Kilometer (17.15 Uhr/ZDF und Eurosport). Beste Voraussetzungen also, besonders nachdem er als Doppel-Weltmeister in diesen Winter startet, doch zu einer übertrieben optimistischen Ansage lässt sich Lesser nicht hinreißen: „Ich mache mir keine Illusionen und setze mir jetzt keine abgehobenen Ziele“, betont er.
Lesser möchte im Gesamtweltcup unter die besten 15 Biathleten kommen, den WM-Titel mit der Staffel peilt er an – aber nicht weitere Goldmedaillen im Einzel. Und das versteht er gar nicht als Untertreibung. „Wenn ich realistisch bin, werde ich nicht noch einmal Doppelweltmeister. Denn ich bin ein mittelmäßiger Langläufer, der nur über das Schießen kommt“, sagt er. Mit seiner Laufleistung ist Lesser stets langsamer als die Topathleten. „So kann ich nicht aus eigener Hand unter die besten drei kommen“, betont er. Bei ihm müsse jedes Mal das Schießen passen, sonst sei nur ein Platz unter den besten 30 drin. Wobei besonders das Liegendschießen in der vergangenen Saison sehr gut funktioniert hat: Er traf 94 Prozent aller Schüsse.
Lesser will einfach sein Ding weiter durchziehen
Das heißt aber nicht, dass er das Laufen nun vernachlässigt. „Erik arbeitet an noch so kleinen Feinheiten, um sich weiterzuentwickeln“, sagt Bundestrainer Mark Kirchner. Und Lesser betont: „Ich taste mich weiter an die besten Läufer heran. Damit es da öfter Ausreißer nach oben gibt.“
Sein Hauptziel für diese Saison hat sowieso nur entfernt mit Podestplätzen und Ergebnissen zu tun. „Ich möchte einfach mein Ding weiter durchziehen“, sagt Lesser. Die vergangenen zwei Jahre seien für ihn schon so grandios verlaufen, mit zwei Silbermedaillen bei den Olympischen Winterspielen 2014 und den zwei goldenen bei der WM 2015. „Ich hätte mir all das nie erträumt. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl“, sagt er. „Und jetzt glaube ich einfach, dass ich eine gute Form habe.“