Sterlings Treffer reicht: England jubelt im Wembley
Der Druck ist England ist groß - genauso war es die Erlösung, als Raheem Sterling in der 57. Minute das Spiel gegen schwache Kroaten entschied.
England ist erfolgreich ins EM-Turnier gestartet und lässt die eigenen Fans von einem erfolgreichen Sommer träumen. Angetrieben von mehr als 20 000 Zuschauern im heimischen Wembley-Stadion legten die „Three Lions“ am Sonntag mit einem hart erkämpften 1:0 (0:0)-Sieg gegen Vize-Weltmeister Kroatien los. Raheem Sterling (57. Minute) erzielte den erlösenden Treffer, der die legendäre Fußball-Arena im Nordwesten Londons trotz vergleichsweise geringer Auslastung für einige Sekunden zum Beben brachte. Der Auftakterfolg könnte auch ein kleiner Schritt auf dem Weg zur Versöhnung mit einem Teil der eigenen Anhänger sein.
Einige von ihnen hatten die Mannschaft auch kurz vor dem EM-Start für eine Anti-Rassismus-Geste ausgebuht. Als Kapitän Harry Kane und seine Mitspieler vor dem Anpfiff mit einem Knie auf den Boden gingen, bekundeten erneut einige Zuschauer ihren Unmut, der allerdings im lautstarken Beifall des Rests so gut wie unterging. Auch vor dem zweiten Vorrundenmatch am Freitag gegen Schottland wollen die Engländer wieder niederknien. Kroatien spielt ebenfalls Freitag gegen Tschechien und steht dann schon unter Druck.
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Das erste Topspiel dieser Europameisterschaft hielt über weite Strecken nicht, was sich viele Fans erhofft haben dürften. Nach einer stimmungsvollen Begrüßung durch die eigenen Anhänger schienen die Gastgeber den Vize-Weltmeister zwar in der Anfangsphase zu überrollen. Doch nach einem Pfostentreffer von Supertalent Phil Foden (6.) und einem Volleyschuss von Mittelfeldspieler Kalvin Phillips (9.) bauten sie genauso schnell wieder ab. Southgate verzichtete beim EM-Auftakt etwas überraschend auf Borussia Dortmunds Flügelstürmer Jadon Sancho, der es nicht mal in den Spieltagskader geschafft hatte. Kapitän Harry Kane wurde im Angriff stattdessen von Sterling und Foden flankiert, die den 27-Jährigen jedoch kaum in Szene setzen konnten. Weil auch Kroatiens Offensivtrio um den Hoffenheimer Andrej Kramaric kaum in Erscheinung trat, entwickelte sich in Wembley eine zähe Partie.
Bei der Neuauflage des WM-Halbfinals von 2018 dirigierte erneut Kroatiens Superstar Luka Modric das Spiel der Gäste. Fast alles lief über den mittlerweile 35-Jährigen, den die Engländer kaum unter Kontrolle bekamen. Gleichzeitig leisteten sich die Engländer unerwartet viele Fehler im Spielaufbau. Vor allem Manchester Citys Rechtsverteidiger Kyle Walker unterliefen schon im ersten Durchgang mehrere Fehlpässe.
Bis zu sechs Heimspiele inklusive Finale könnten die Engländer in Wembley bestreiten. Alles andere als mindestens das Halbfinale wäre daher eine Enttäuschung, wie auch Southgate vor dem Turnier zugegeben hatte. Diese Erwartungshaltung schien sein Team zunächst zu erdrücken – bis Sterling für die Erlösung sorgte.
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Nach einem feinen Schnittstellenpass von Mittelfeldspieler Phillips kam Sterling frei vor Kroatiens Keeper Livakovic an den Ball und versenkte ihn zur Führung. Ganz Wembley atmete in diesem Moment auf – nach der Stille der Corona-Monate machte der lautstarke Jubel des Großteils der mehr als 20 000 Zuschauer mächtig Eindruck. Von Kroatien kam dagegen kaum etwas. Modric (55.) probierte es kurz darauf aus der Distanz, sein Flachschuss stellte aber kein Problem für Englands Torhüter Jordan Pickford dar. Aber auch die Engländer trieb die eigene Führung nicht zur Bestleistung an. Es blieb zäh in London. Ein Freistoß von Mason Mount (67.) ging knapp über das Tor.
In der Schlussphase gab es zahlreiche Wechsel. Die Kroaten versuchten es im Angriff mit frischen Kräften, Kramaric und Ante Rebic waren zuvor weitgehend blass geblieben. Bei England kam noch Jude Bellingham und avancierte zwei Wochen vor seinem 18. Geburtstag zum jüngsten EM-Spieler aller Zeiten. Am Spielausgang änderte sich aber nichts mehr. (dpa)