WM 2014: Sepp Blatter beherrscht Brasilien: Elfmetertor: Die Fifa ist schuld
Die Welt als Fifa-Wille? Das glauben wir mittlerweile doch alle. Und wir glauben auch, dass Sepp Blatter seine Finger im Spiel gehabt hat, als der Schiedsrichter im Eröffnungsspiel auf Elfmeter für Brasilien entschied. Er konnte gar nicht anders, nicht wahr.
Herr Nishimura wird gut geschlafen haben. Warum auch nicht? Der Schiedsrichter aus Japan hat im Eröffnungsspiel Brasilien gegen Kroatien alles richtig gemacht. Er ist seinem Instinkt gefolgt, seinem Unterbewusstsein, dass es wichtig und korrekt sei, dem Gastgeber in dieser Situation, in der er sich sportlich und gesellschaftlich befindet, zu helfen.
Elfmeter! Diese Entscheidung war, nicht wahr, von der Fifa eingeflüstert. Nicht real, aber subkutan. Mindestens.
Der mächtigste Verband der Welt und sein Gutsherr Sepp Blatter haben in den letzten Jahren alles dafür getan, dass Herr Nishimura gar nicht anders konnte in dieser 70. Spielminute. Immer mehr verdichten sich die Hinweise darauf, dass die WM-Vergabe für Katar erkauft worden ist, immer öfter verstrickt sich die Fifa in Korruptionsvorwürfe, die sie aber gottgleich abwehrt, in der Gewissheit, sich außerhalb der normalen Regeln bewegen zu dürfen. Wir alle wollen das so, wir alle finden es trotzdem geil, eine Fußball-Weltmeisterschaft als supermegamäßigen Event zu feiern. Und immer wieder denken wir, dort könnten wir sauberen, unvoreingenommenen Sport, das reine Spiel, betrachten.
Aber dem ist nicht so. Und die Frage ist: Ob es sich lohnt, ernsthaft über Verschwörungstheorien nachzudenken, wenn wir doch selbst Mitverschwörer sind:
Die Fifa-Krake nistet sich ein in den jeweiligen Austragungsländern und diktiert die Gesetze, die Ordnung ist im Sinne des von Blatter als "interplanetarisch" bezeichneten Verbandes zu halten. Die Bauchschmerzen der Politiker in den jeweiligen Ländern werden mit gigantischen Versprechen und vor allem Summen betäubt. Und wenn sich das Volk erhebt, wie es die Brasilianer im Vorfeld der WM getan haben, dann dürfen sie in dieser neuen Ordnung nicht geduldet werden.
The show must go on - komme, was wolle. Und was nun natürlich nicht kommen durfte, war eine Niederlage oder ein schlechter Auftakt der Brasilianer. Auch hier hatte die Politik Hand in Hand mit den Fifa-Verantwortlichen gute Vorarbeit geleistet. Denn das war der Tenor: Niemals dürften Demonstrationen - und seien sie noch so berechtigt - das Spiel, die sakrosante Vereinigung, stören. Ein paar wenige Demonstranten wurde am Eröffnungstag der WM mit Tränengasgranaten, Gummigeschossen und Schlagstöcken die Fifa-Ordnung eingebimst.
Es ist ein elitärer, arroganter, altmännermäßiger und somit fast hässlicher Klub, diese Fifa, der man also mittlerweile alles zutraut. Auch Schiedsrichterbeeinflussung! Umpolung eines Spiels gegen das naturgemäße Gesetz der Gerechtigkeit? Nun ja, tatsächlich gibt es auch jenseits dieses einen Spiels vom Donnerstag niemals Gerechtigkeit im Fußball. Immer nur Erregung, Hysterie, Glück und Trauer. Und Legendenbildung. Das gehört dazu wie die falsche und unerträgliche Tatsachenentscheidung.
Aber in diesem Fall, in diesem einen, das glauben wir doch wirklich, konnte Herr Nishimura nicht anders handeln, weil die Ordnung der Fifa, die Regeln dieser Unantastbaren, in seinem Hinterkopf implementiert waren. Dagegen zu verstoßen - das wäre Gotteslästerung gewesen.