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Unzufrieden. Berlins Trainer Serge Aubin kritisiert Leo Pföderl.
© Andreas Gora/dpa

Rückschlag in der DEL: Eisbären Berlin und das Problem mit dem Selbstverständnis

Aus dem ersten Wochenende der Saison lernen die Eisbären Berlin eines: Dass sie personell und strukturell schlechter aufgestellt sind als gedacht.

Humor haben sie in Bremerhaven. Ist ja auch besser ihn zu haben in einer Stadt, die sich inzwischen zwar schön herausgeputzt hat, aber immer noch nicht den allerbesten Ruf im Lande hat. Die Gegend im Norden gilt als eher strukturschwach. Kommt der Ortsfremde mit den Einheimischen ins Gespräch, so fangen die oft mit dem Satz an: „Ich fühle mich hier eigentlich ganz wohl in Bremerhaven“.

Dabei gibt es viele interessante Dinge in der gut 100.000 Einwohner zählenden Stadt an der Nordsee. Das Auswanderermuseum gehört dazu, ist aber eben schon qua Name nicht nur positiv konnotiert. Im Sport hingegen wird vieles schön, in der Stadt künden große Schriftzüge der „Sail 2020“, kommendes Jahr beherbergt Bremerhaven eines der größten Windjammer-Treffen der Welt. Und im Eishockey mischen die Fischtown Pinguins nunmehr im vierten Jahr in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) mit.

In Bremerhaven ist allerdings klar, dass es zum ganz großen Wurf für das Team mit dem abenteuerlichen Klubnamen nie reichen wird, aber dann und wann mal zu Nadelstichen gegen die Konkurrenz aus den größeren Eishockey-Hochburgen. In diese Kategorie fiel das 5:0 der Bremerhavener gegen die Eisbären. Für die Berliner war das eine deftige Klatsche, die sie nach ihrem 4:1 zum Saisonstart gegen Wolfsburg nicht auf der Agenda hatten.

Nur so lassen sich auch die etwas holprigen Kommentare nach dem Spiel erklären. An sich sei man ja anfangs die bessere Mannschaft gewesen, fanden Verteidiger Frank Hördler und auch Trainer Serge Aubin. Dann aber sei eben dieses dumme, frühe Gegentor gefallen. „Und dann hatten wir mentale Probleme“, sagte Aubin. Dies wiederum erschütterte ihn dann doch. Aubin sagte, schon auf dem Weg zum Mannschaftsbus der Eisbären Berlin: „Das muss ich die kommenden Tage noch mal genau analysieren.“ Am Freitag kommt Titelmitfavorit Köln, am Sonntag geht es zum Titelfavorit nach München. Es wird nicht einfacher für die Eisbären als am Sonntag in Bremerhaven.

Das Spiel ist eben so gelaufen, wie es oft läuft, wenn sich eine Mannschaft auf einem guten Weg wähnt und kleine Rückschläge nicht einkalkuliert. Von ihrem Selbstverständnis sind die Eisbären weiter, als sie es personell und strukturell sind. In Bremerhaven wurde offensichtlich, dass fast alle Reihen noch nicht harmonierten, die neuen Spieler Probleme haben, herein zu finden.

Viele Puckverluste und hilfloses Überzahlspiel

Ein Leo Pföderl, der Nationalspieler wurde aus Nürnberg geholt als Torjäger, hüpfte irritiert an der Seite von Mark Olver und Louis-Marc Aubry über das Eis. In der Verteidigung hatten John Ramage (mit ordentlich Eiszeit von Trainer Aubin bedacht) und Ryan McKiernan große Probleme, Frank Hördler war zudem kein zuverlässiger Defensiv-Partner des aus Düsseldorf gekommenen McKiernan. Dazu kamen viele Puckverluste und ein hilfloses Überzahlspiel, was Aubin auch so sah. „Unser Powerplay hat nicht funktioniert. Auch da muss etwas passieren.“

Aber sicher, es ist jetzt nach dem 0:5 vom Sonntag nicht alles schlecht, was nach dem 4:1 am Freitag gegen Wolfsburg noch gut war. Das Rennen um die Play-off-Plätze wird ja nicht nach zwei, sondern erst nach 52 Spieltagen der Hauptrunde entschieden. Rückschläge gehören dazu bei einer Mannschaft wie den Eisbären, es kommt nur auf die richtigen Umgang mit ihnen an.

Positiv war in Bremerhaven, dass die jungen Spieler wie Fabian Dietz und Lukas Reichel die besten Berliner Torchancen hatten. Sicher ist der erst 17 Jahre alte Reichel noch nicht so weit wie seine Altersgenossen Tim Stützle in Mannheim und John Jason Peterka in München. Die beiden Stürmer trafen schon an den beiden ersten Spieltagen für ihre Klubs und bekamen ordentlich Eiszeit – Stützle auch in der Verlängerung.

Schaut zu. Berlins Trainer Serge Aubin hat noch viel Arbeit vor sich.
Schaut zu. Berlins Trainer Serge Aubin hat noch viel Arbeit vor sich.
© Andreas Gora/dpa

Von solchen Einsätzen können die jungen deutschen Spieler in Bremerhaven nur träumen, lediglich Luca Gläser durfte am Sonntag im Spiel beim Team von Thomas Popiesch für gut fünf Spielminuten auf das Eis. In Bremerhaven lieben sie es eben international, vom Videowürfel begrüßt Kapitän Michael Moore die Fans vor dem Spiel mit „Let's go Bremerhaven“. Fast alle Spieler im Team haben das Eishockeyspielen nicht in Deutschland erlernt, aber die Stimmung in der Kabine ist offensichtlich gut. Bremerhaven hat als kleine, eingeschworene Einheit die Eisbären mit Struktur geschlagen.

Das ist der Vorteil des Saisonbeginns, den die Pinguins jedes Jahr nutzen. Im Verlauf der Saison wird der kleine Kader womöglich Probleme haben, das Anfangsniveau zu halten. Bei den Eisbären sollte es genau in die andere Richtung gehen: Je länger sie spielen, desto besser sollte es werden – schon vor dem nächsten Ausflug nach Bremerhaven. Denn da spielen die Eisbären erst am 15. November wieder.

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