Vor Halbfinale gegen EHC München: Eisbären Berlin: Die Aufgeweckten
Nach monatelangem Tiefschlaf verblüffen die Eisbären in den Play-offs die Konkurrenz. Ein Meistertitel scheint nicht mehr völlig abwegig.
Als der Mannschaftsbus der Eisbären am Dienstag kurz vor Mitternacht das Gelände der Eishockey-Arena von Mannheim verließ, herrschte bei den Insassen ausgelassene Stimmung. Lachende Gesichter, in Jubelpose ausgefahrene Arme – die ganze Szenerie hatte ein bisschen was von einer Meisterfeier auf Rädern. Soweit sind die Berliner zwar noch nicht, aber der dramatische 2:1-Sieg nach Verlängerung im alles entscheidenden siebten Viertelfinalspiel bei den Adlern hat gezeigt, dass ein Meistertitel der Eisbären Berlin in dieser Saison zumindest nicht mehr ganz so abwegig erscheint wie noch vor ein paar Wochen. Die Mannschaft von Uwe Krupp hat sich ins Halbfinale gekämpft, dort geht es ab Freitag gegen den EHC München.
Auch in dieser Serie sind die Eisbären wieder Außenseiter, aber das waren sie schon gegen die Mannheimer. „Wir haben gegen die zweitbeste Mannschaft der Vorrunde gespielt, jetzt geht es gegen die beste. Aber auch diese Serie geht bei 0:0 los“, sagte Uwe Krupp. Der Trainer der Berliner schwankte nach dem Triumph seiner Mannschaft in der dramatischen Auseinandersetzung zwischen Stolz, Erlösung und Anspannung. Angesichts der sorgenvollen Monate zuvor wollte Krupp nicht von Genugtuung sprechen. „Es zeigt sich immer wieder, dass die Leistung der Vorrunde kein Indikator für die Play-offs ist“, erklärte er stattdessen.
Von den 52 Hauptrundenspielen hatten die Eisbären nur 21 gewinnen können und insgesamt 38 Punkte weniger geholt als Mannheim. Dazu hatten sie nur eines ihrer letzten 16 Auswärtsspiele gewonnen und zuletzt neunmal in Serie bei den Adlern verloren. Doch als Charles Linglet in der zehnten Minute der Verlängerung den Siegtreffer erzielte, spielte all das keine Rolle mehr. So beschrieb Linglet die entscheidenden Sekunden der sieben Spiele plus insgesamt fünf Verlängerungsdrittel andauernden Viertelfinalserie: „Beim Tor war ich der letzte, der aus der Angriffszone raus wollte. Dann haben wir den Puck erobert, ich habe mich gedreht, mir ein bisschen Platz verschafft und dann einfach so hart ich konnte draufgehalten.“ Anschließend wurde der 34-Jährige derart heftig von seinen Teamkollegen geherzt, dass er sich eine Schramme im Gesicht zuzog. „Aber das war es wert“, sagte er später lachend.
Wo sich Erfolg einstellt, ist das Glück nicht weit
Die Botschaft dahinter war klar: Der Spaß bei den Eisbären ist zurück, auch wenn Erfolg manchmal weh tut. Und gelitten haben sie bei den Berlinern in dieser Saison reichlich. Erst seit ein paar Wochen ist die Mannschaft wieder komplett, und das macht sich in jeder Hinsicht bezahlt. Krupp kann mehr rotieren, die Spieler glauben wieder an ihre Stärke und wirkten in der Serie gegen Mannheim am Ende sogar fitter. „Wir haben uns in dieser Saison wirklich lange geplagt. Aber wir wussten, wenn wir komplett sind, können wir auch mit einem Team wie Mannheim mithalten“, sagte Krupp.
Und wo sich Erfolg einstellt, ist das Glück nicht weit. So mussten die Eisbären am Dienstag auf den in den Play-offs bisher so starken Jamie MacQueen aufgrund einer Sperre verzichten. Dafür kam Barry Tallackson zu seinem ersten Einsatz nach wochenlangem Tribünendasein – und erzielte gleich das 1:1. Der Ausgleich fiel Mitte des dritten Drittels, als es nicht wirklich gut bestellt zu sein schien um die weitere Play-off-Zukunft der Berliner. „Natürlich ist es ein bisschen frustrierend, wenn du nicht spielst. Aber wenn es so läuft wie zuletzt bei uns, dann musst du respektieren, dass das Team erst einmal steht. Aber jetzt durfte ich glücklicherweise ran und hoffe, dass es so weitergeht“, sagte der US-Amerikaner nach seinem für ihn in dieser Saison so seltenen Erfolgserlebnis.
Ein glückliches Händchen ist das eine, eine ruhige Hand aber noch viel wichtiger. Und in dieser Hinsicht sind die Eisbären auf der Torwartposition vielleicht von allen noch im Rennen um die Meisterschaft verbliebenen Teams am besten aufgestellt. „Petri Vehanen kann man eigentlich gar nicht genug loben. Er ist immer ein großer Rückhalt für uns und so gut wie zuletzt habe ich ihn in meiner Zeit bei den Eisbären noch nie gesehen“, sagte Uwe Krupp über seinen 39-jährigen finnischen Goalie. Der so Gepriesene meinte dazu nur gewohnt nüchtern: „Ich habe es gern, wenn die Verantwortung auf meinen Schultern lastet.“
Das wird auch ab Freitag in der Halbfinalserie gegen den Meister aus München wieder so ein. Die Mannschaft von Trainer Don Jackson wird dann in ihr erstes Spiel nach zehn Tagen Pause gehen, vielleicht sind die Bayern ein bisschen eingerostet. „Wir sind natürlich in einem gewissen Rhythmus. Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein“, hofft Krupp. Und Barry Tallackson, der noch selbst unter Jackson in Berlin gespielt hat, schaute schon ein bisschen voraus: „Wir wissen, was auf uns zukommt, Jackson lässt ja immer mit dem gleichen System spielen.“ Sprach es und lachte, stieg anschließend in den Bus und feierte mit seinen Kollegen.