Eisbären scheitern dann doch an München: Eine Saison in 60 Minuten
Die Eisbären Berlin verlieren das sechste Duell gegen RB München 3:4 und damit auch die Viertelfinalserie. Nun beginnt die Zeit der Analyse.
Wer in den vergangenen gut sechs Monaten kein einziges von immerhin 59 Spielen der Eisbären der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gesehen hatte, der bekam am Freitagabend in der Arena am Ostbahnhof beim 60. Auftritt der Berliner eine Art Schnelldurchlauf durch die Saison geboten. Die Eisbären verloren vor 14 200 Zuschauern in der ausverkauften Halle ihr sechstes Viertelfinale gegen RB München 3:4 (1:4, 2:0, 0:0) und damit die Serie nach dem Modus „best of seven“ mit 2:4-Siegen. „Wir waren nah dran“, sagte Kapitän André Rankel nach dem dramatischen und streckenweise spektakulären Duell mit dem Meister.
Zunächst erwischten die Gäste den besseren Start. Von Anfang an liefen die Berliner ihren Gegenspielern nur hinterher, das Führungstor der Münchner durch Maximilian Kastner war folgerichtig. Derart holprig waren auch die ersten Monate in der Hauptrunde der DEL, die Eisbären wirkten gedanklich oft nicht auf der Höhe. Allerdings konnten sie sich in dieser Saison zumindest auf ihr Powerplay verlassen und so fiel tatsächlich der Ausgleich durch James Sheppard. Danach waren die Gastgeber im Spiel, es hätte sich nun zu ihren Gunsten wenden können.
Doch plötzlich schlichen sich Leichtfertigkeiten ein, die Berliner ließen sich von ihrer Euphorie tragen. Dabei vernachlässigten sie die Defensivarbeit und kassierten das 1:2 durch Mads Christensen per Konter. Die folgenden Minuten brachten bereits die Vorentscheidung. Frank Hördler und Daniel Fischbuch leisteten sich überflüssige Fouls, München traf zunächst bei Fünf gegen Drei zum 3:1 durch Michael Wolf und wenig später noch bei Fünf gegen Vier durch Justin Shugg zum 4:1. „Die beiden Powerplay-Tore waren natürlich ausschlaggebend“, sagte Stéphane Richer nach dem Spiel. Und Trainerkollege Don Jackson freute sich über „zwei Treffer in Überzahl zum richtigen Zeitpunkt“.
Die Eisbären verloren früh den Anschluss, kämpften aber bis zum Ende
Die Eisbären hatten den Anschluss verloren, so wie über weite Strecken der Hauptrunde. Die Gründe kennen ihre Fans aus dem letzten halben Jahr zur Genüge: Löchrige Defensive, schwaches Zweikampfverhalten und Undiszipliniertheiten. Nach dem ersten Drittel und dem klaren Drei-Tore-Rückstand hatten viele unter den Besuchern in der Arena die eigene Mannschaft wohl schon abgeschrieben.
Fans und Spieler gaben nach der ersten Pause aber weiterhin alles. Münchens Tempo ließ merklich nach und Nationaltorwart Danny aus den Birken rückte immer mehr in den Mittelpunkt. Schon im ersten Drittel hatte er einen Penaltyschuss von Austin Ortega abgewehrt, im zweiten Durchgang war er dann allerdings bei den Toren von Marcel Noebels und Jamie MacQueen machtlos. Die Eisbären hatten sich tatsächlich zurück ins Spiel gekämpft und wurden nun erst recht von ihren Anhängern nach vorne gepeitscht. „Die Fans haben uns noch einmal einen Push gegeben“, sagte Richer später und Rankel bedankte sich ebenfalls artig für die Unterstützung, trotz „vieler Spiele in dieser Saison, die so nicht zu akzeptieren waren“.
Das Spiel am Freitagabend zählte dazu ganz gewiss nicht und es gab schließlich noch das Schlussdrittel. Die Münchner machten nun hinten dicht, tauchten kaum noch vor Kevin Poulin auf. Dagegen musste aus den Birken mehrfach in höchster Not retten. „Er hat heute den Unterschied ausgemacht“, lobte ihn sein Coach nach dem Spiel.
Letztlich fehlten den Eisbären im letzten Drittel aber auch die Mittel, um München nicht nur ins Wanken, sondern auch zu Fall zu bringen. „Wir haben alles gegeben, aber München hat nicht mehr viel zugelassen“, sagte Richer. „Wir haben das Spiel im ersten Drittel verloren, so wie letzten Freitag“, meinte Rankel. Dass was sich die Eisbären früh eingebrockt hatten, konnten sie am Ende nicht mehr korrigieren. Wer weiß, wie die Saison gelaufen wäre, wenn die Berliner nicht so eine schlechte Vorrunde gespielt hätten und im Viertelfinale ein anderer Gegner als München gewartet hätte?
Mit Hätte, Wenn und Aber ist im Sport allerdings selten etwas zu gewinnen. „Wir haben in den Play-offs gezeigt, was möglich gewesen wäre“, sagte Kapitän Rankel und fügte hinzu: „Am Ende war München vielleicht einfach schlauer.“