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Vettel verlässt Ferrari ohne einen Titel, er wird sozusagen aus einer großen Karriere entlassen, die in diesem Rennstall nie ihre Krönung erfuhr.
© REUTERS/Edgar Su/File Photo
Update

Sebastian Vettels Abschied von Ferrari: Eine Entlassung ohne Krone

Bei Ferrari wollte Sebastian Vettel auf den Spuren Michael Schumachers der Größte in der Formel 1 werden. Doch die Bilanz seines Abschieds fällt nun trübe aus.

Es ist knapp acht Jahre her, da drehte Sebastian Vettel im Rahmen der Berliner Modemesse Bread & Butter auf dem Gelände des stillgelegten Flughafens Tempelhof seine Runde. Per pedes, auf Promotour für eine Jeansmarke. Das Messegelände war brechend voll, doch der prominente Sportler, immerhin bis dato schon zweimal Weltmeister in der Formel 1 geworden, entfachte keinen Rummel. Es gab keine kreischenden Teenager oder zumindest fleißige Autogrammjäger.

Sicher lag es am Umfeld, aber das geringe Interesse an Vettel war auch daran gemessen donnernd laut. Dabei hatte der gerade mal 25 Jahre alte Mann mit dem Dauerlächeln doch das Potenzial, angehimmelt zu werden. Sebastian Vettel sah adrett aus, war erfolgreich – zumindest erkannte der damalige Berliner Regierende den Motorsportjungstar. Klaus Wowereit und Vettel plauderten ein wenig miteinander.

Vettel wurde nach dem Tempelhofer Werbeauftritt noch zwei Mal Weltmeister. Nach vier Titeln zwischen 2010 und 2013 verließ er 2014 dann den damals übermächtigen Rennstall Red Bull und wechselte zu Ferrari. Zuvor hatte er schon eine kleine Niederlage einstecken müssen, er war Teamgefährte Daniel Ricciardo eine Saison lang hinterhergefahren.

Trotzdem schien es so, als könne er in der Wahrnehmung der deutschen Öffentlichkeit doch ein zweiter Michael Schumacher werden – denn nun fuhr er für Ferrari.

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Erst bei Ferrari wurde Schumacher zu Schumacher. Seine Probleme in den ersten Jahren bei den Italienern, sein scheinbares Scheitern in einem zu schlechten Auto und sein Wiederaufstieg haben ihn letztlich interessanter gemacht und größer werden lassen. Ein Modell, das auch für Vettel hätte gelten können.

Vettel und Ferrarri - die Bilanz fällt trübe aus.
Vettel und Ferrarri - die Bilanz fällt trübe aus.
© ALFREDO ESTRELLA / AFP

Doch da spielte dann vieles nicht mit: Andere Rennställe übernahmen die Regie, vor allem Mercedes mit Lewis Hamilton. Und mit dessen Teamgefährte Nico Rosberg wurde 2016 ein anderer deutscher Pilot sogar Weltmeister und seitdem ist Rosberg – längst zurückgetreten – im Lande mindestens so bekannt wie Sebastian Vettel.

Vettel verlässt Ferrari ohne Titel

Nun also steht fest: Sebastian Vettel verlässt Ferrari zum Saisonende, was am Ende diesen Jahres sein soll, so die Formel 1 dann wie geplant ihr straffes Programm durchziehen kann und nicht die Coronavirus-Krise noch Vorfahrt bekommt.

Dass Vettel den traditionsreichen Rennstall mit dem großen Namen verlassen muss, war klar: Ende vergangenen Jahres hatten die Italiener mit Charles Leclerc verlängert. Der Jungstar aus Monaco fuhr schon vergangene Saison einen Rang vor Vettel ins Ziel. Beide beharkten sich auf und neben der Strecke – logisch, dass der Jüngere da am Ende das Rennen macht. Zehn Jahre liegen zwischen den beiden Piloten, Sebastian Vettel wird im Juli 33 Jahre alt.

Vettel verlässt Ferrari ohne einen Titel, er wird sozusagen von Ferrari aus einer großen Karriere entlassen, die in diesem Rennstall nie ihre Krönung erfuhr

.Er sagt dazu: „Um in diesem Sport die bestmöglichen Ergebnisse zu erringen, ist es für alle Parteien zentral, dass in perfekter Harmonie gearbeitet wird. Dem Team und mir ist klar geworden, dass wir nicht mehr das gemeinsame Verlangen spüren, über 2020 hinaus zusammen zu bleiben.“

In reiferem Alter spielt Sebastian Vettel übrigens beim Rummel um seine Person besser mit – zuletzt etwa Ende Januar beim Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel. Da stand er an der weltberühmten Ski-Abfahrtsstrecke an der Ziellinie und winkte mit schwarzweiß-karierter Riesenfahne bei einem Promirennen die Fahrer ins Ziel. Mit viel Geduld und offensichtlich viel Spaß. Was seine öffentlichen Auftritte angeht, ist der Mann aus dem kleinen Heppenheim zum Profi gereift. Was sicher gut ist, denn seine Karriere in der Formel 1 dürfte nicht mehr allzu viel für ihn bieten. Er sagt: „Ich werde mir die Zeit nehmen, um darüber nachzudenken, was für meine Zukunft wirklich wichtig ist.“ Wenn er dann womöglich bald abtreten sollte, wird er mit vier Weltmeistertiteln trotzdem einer der erfolgreichsten Piloten aller Zeiten sein.

Claus Vetter

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