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Sause im Westend. Unions Spieler feiern nach dem Spiel gegen Kuopio.
© imagoMatthias Koch

Der 1. FC Union im Olympiastadion: Ein wenig wie Urs Fischer im Anzug

Unser Kommentator freundet sich mit Unions Auftritten im Olympiastadion an. Obwohl an der Alten Försterei alles besser ist und das auch so bleiben wird.

Dass die Fans des 1. FC Union am Donnerstagabend lieber in Köpenick gewesen wären, konnte man schon den Gesängen in der ersten Halbzeit entnehmen. Nach einer halben Stunde schallten wieder die „Alte Försterei“-Rufe durch das drei Viertel leere Olympiastadion – der Heimspielstätte von Hertha. Schon nach 13 Minuten besangen die Köpenicker die „Wiesen und Wäldern, Tälern und Seen“ ihres Heimbezirks. Wie Vizekapitän Marvin Friedrich nach dem Spiel im Vereinsfernsehen sagte: „Das Olympiastadion ist nicht mit der Alten Försterei zu vergleichen.“
Union im Westend: das ist und bleibt genauso gewöhnungsbedürftig wie Urs Fischer im Anzug. Ihr erstes Europapokal-Heimspiel seit 20 Jahren hätten die Union-Anhänger natürlich lieber nicht im Olympiastadion erlebt. Und zwar nicht nur, weil die Schlange am Bierstand dort länger war, als in Köpenick üblich ist, und die Fässer bei manch einem Wagen schon in der Halbzeitpause leer waren.

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Und trotzdem war dieser komische Abend im fremden Stadion im Grunde ein Riesenerfolg.
Mit dem 0:0 auf dem Rasen hat Union den Einzug in die Gruppenphase perfekt gemacht. Dort ist man einer schwierigen, aber spannenden Gruppe mit Feyenoord Rotterdam, Slavia Prag und dem Israelischen Meister Maccabi Haifa gelandet. „Wir haben wirklich die schwierigste Gruppe erwischt“, sagte Manager Oliver Ruhnert nach der Auslosung am Freitag. Union sei aber auch kein einfacher Gegner, und die anderen Mannschaften werden Respekt vor den Berlinern haben.
Umso mehr wird das gelten, solange man vor der beeindruckenden Kulisse der eigenen Fans spielen darf.

Das Heimweh wird immer riesig sein

Und auch deswegen hat das ungeliebte Olympiastadion seine Vorteile. Denn dort passen nach den aktuellen Pandemie-Regelungen zweimal so viele Zuschauer herein, als im Stadion an der Alten Försterei aktuell möglich wäre. Und wie man am Donnerstag gesehen hat, können diese Fans auch im halbleeren, fremden Stadion für eine unvergessliche Stimmung sorgen. Jene Stimmung kann Union in diesem neuen Wettbewerb sehr weit tragen. Der einzige Makel an dem Union-Erfolg der vergangenen Jahre war immer, dass die Fans das zum großen Teil nicht miterleben durften. Sowohl den Klassenerhalt in der ersten Bundesliga-Saison als auch die Qualifikation zur Conference League waren für diesen noch relativ kleinen Verein historische Erfolge – die meistens vor leeren Rängen ausgetragen wurden. Solange die epidemiologische Situation es zulässt, sollte man die nächste historische Aufgabe also lieber vor 22.000 Zuschauern angehen als vor 11.000. Das Heimweh wird immer riesig sein. Doch die Freude über magische Europapokal-Abende ist tausendmal größer.

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