Hertha BSC: Ein unerfülltes Versprechen namens Ondrej Duda
Auf Ondrej Duda ruhen bei Hertha BSC große Hoffnungen. Er gilt als einer der besten Fußballer im Kader. Gerecht werden konnte er dem bislang nicht.
Ondrej Duda hat am vergangenen Wochenende lange gewartet, um nachhaltig auf sich aufmerksam zu machen. Im Spiel von Hertha BSC beim FC Schalke 04 lief bereits die Nachspielzeit, als Duda im Mittelfeld seinen Gegenspieler Alessandro Schöpf zu Boden grätschte. Der Slowake bekam für diese Aktion die Gelbe Karte. Sie bescherte Duda zumindest ein Alleinstellungsmerkmal. In der gesamten Begegnung sah kein anderer Spieler Gelb.
Ondrej Duda, 23 Jahre alt, slowakischer Nationalspieler, besitzt auch im Kader von Hertha BSC ein Alleinstellungsmerkmal – zumindest weist Pal Dardai, der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten, immer wieder darauf hin. „Die Qualität, die Duda hat, haben wir sonst nicht. Er ist technisch der beste Spieler hier“, sagt der Ungar. „Der Junge kann unserem offensiven Spiel einen Stempel aufdrücken.“
Kann. Denn bisher existiert Dudas Können für die Berliner nur in der Theorie. In der Praxis hat Hertha noch nicht von seiner Qualität profitiert. Im Sommer 2016 ist Duda vom Polnischen Meister Legia Warschau für rund vier Millionen Euro Ablöse nach Berlin gekommen. Er galt als Königstransfer – und ist anschließend fast die komplette Saison ausgefallen. Nach knapp zwei Jahren in Berlin kommt er auf gerade mal 20 Pflichtspieleinsätze; ein Tor hat er erzielt, kein einziges vorbereitet.
Duda ist für Hertha bisher ein unerfülltes Versprechen, und trotzdem materialisieren sich in ihm die Hoffnungen auf mehr spielerische Leichtigkeit im Spiel. Daran hat es den Berlinern zuletzt nachweislich gemangelt. Keiner der 18 Bundesligisten schießt seltener aufs Tor des Gegners als Hertha; nur die beiden Abstiegskandidaten Wolfsburg und Hamburg haben sich weniger Chancen erspielt, und in der Rückrunde sind die Berliner in acht Spielen fünf Mal ohne Tor geblieben. Herthas Offensivspiel geht im Moment vieles ab: Kreativität, Entschlossenheit, Überzeugung. „Ein Duda, wenn er regelmäßig spielt, kann helfen“, sagt Dardai.
Dardai braucht sein Können
Herthas Trainer sieht den Slowaken als klassischen Spielmacher, der hinter den Spitzen spielt. Vladimir Darida und Valentino Lazaro kommen ebenfalls für die Zehnerposition in Frage, sind aber andere Spielertypen. „Lazaro ist ein Umschaltspieler und Darida einer, der enorm viele Räume zuläuft“, erklärt Dardai. Das Heimspiel an diesem Samstag gegen den Tabellennachbarn SC Freiburg (15.30 Uhr, live bei Sky) verlangt eher einen Zehner wie Duda: einen, der sich auf engem Raum behaupten kann, der in der Lage ist, gegen einen mutmaßlich tief stehenden Gegner gefährliche Situationen zu kreieren, weil ihm überraschende Lösungen einfallen.
„Ich brauche sein Können, ich brauche seine Spielweise“, sagt Dardai. Im Training in dieser Woche hat er allerdings auch die Variante mit zwei Stürmern ausprobiert, die von außen mit Vorlagen bedacht werden sollen. Entscheidet sich Herthas Trainer für ein 4-4-2-System mit Vedad Ibisevic und Davie Selke als Doppelspitze, bliebe für Duda wieder einmal nur der Platz auf der Ersatzbank. „Mein erster Gedanke war, dass er spielt“, sagt Dardai, „aber hundertprozentig sicher bin ich mir nicht.“ Dudas Trainingswoche sei wie eine Achterbahnfahrt gewesen: „Einmal macht er ein Toptraining, und einmal ist nichts von ihm zu sehen. Er muss mehr bringen.“
Generell aber hat der Slowake das, was bei Herthas Auftritten zuletzt schmerzlich vermisst wurde: Er ist leichtfüßig, ballgewandt und kreativ – manchmal aber auch ein bisschen zu naiv und leichtsinnig. Dardai hat das immer wieder kritisiert. Erst am Dienstag im Training musste er intervenieren, weil Duda unnötigerweise den Zweikampf suchte, anstatt den Ball einfach klatschen zu lassen.
Das zweite große Problem ist Dudas Verletzungsanfälligkeit. In schöner Regelmäßigkeit wird er von kleinen bis mittelschweren Blessuren ausgebremst, weshalb es schwer für ihn ist, seinen Rhythmus zu finden. „So wird es schwierig in der Bundesliga“, prophezeit Dardai. „Du musst fit sein. Wir tun alles dafür, damit er das wird.“
Als Duda vor kurzem nach drei Wochen Pause erstmals wieder mit der Mannschaft trainierte, war es auffällig, wie offensiv seine Kollegen ihn lobten. „Gut, Dudi!“, rief Davie Selke, obwohl sein Steilpass gerade noch abgegrätscht worden war. Die Mitspieler scheinen zu spüren, dass Duda Zuspruch braucht.
Noch ist der Glaube vorhanden, dass der Slowake der Mannschaft mit seinen Fähigkeiten weiterhelfen kann. Die Begegnung mit Freiburg wäre eine gute Gelegenheit zu zeigen, was er kann. „Heimspiel, guter Rasen“, sagt Pal Dardai, „dafür haben wir ihn geholt.“