Deutsche Fußball-Nationalmannschaft: Ein Länderspiel "für unsere Werte und Kultur"
Das Fußball-Länderspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden in Hannover findet wie geplant statt.
Das Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Dienstag findet statt, man lässt sich nicht vom Terror einschüchtern. Auf diese Kernbotschaft lässt sich die Entscheidung des gestrigen Sonntags reduzieren, die zwischen der Übergangsführung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und Bundestrainer Joachim Löw sowie Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff getroffen wurde. „ Das Resultat war ein einstimmiges Zeichen für die Freiheit und gegen den Terror: Die Mannschaft wird spielen“, heißt es in einer Presseerklärung.
Der DFB nahm sich für diese Entscheidung Zeit. Involviert waren neben Löw und Bierhoff noch die beiden Interimspräsidenten Rainer Koch und Reinhard Rauball. Der Präsident des bayrischen Landesverbandes Koch sowie Ligapräsident Rauball hatten am vorigen Montag nach dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach die Führung beim DFB übernommen und saßen am Freitagabend auch beim Länderspiel gegen Frankreich im Stade de France. Beide hatten sich bereits einen Tag danach dafür ausgesprochen, trotz der Terrorattacken das Länderspiel in Hannover gegen Holland wie geplant auszutragen.
Dass die Mannschaft wenige Tage nach den schlimmen Erfahrungen beim Länderspiel in Paris wie geplant gegen die Niederlande aufläuft, „ist ein gebotenes Zeichen“, sagte Rauball nach der Entscheidung. Wie zu erfahren war, sollen Löw und Bierhoff auch einige Spieler des Mannschaftsrats konsultiert haben. Das Spiel nicht bestreiten werden Kapitän Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski, denen Löw eine Pause zugesteht, ebenso wie Manuel Neuer, mit dem das schon vorher vereinbart war. Zudem fehlen Jerome Boateng und Jonas Hector, die sich im Spiel in Paris verletzt hatten. Neuling Leroy Sané reist wie besprochen zum EM-Qualifikationsspiel der U 21.
„Wir wollen als Mannschaft ein Zeichen der Gemeinschaft setzen“ und sich als Nationalteam „für unsere Werte und Kultur einzusetzen“, sagte Bierhoff. Klar sei aber auch, dass unter diesen Umständen der sportliche Wert des Spiels niedriger zu bewerten sei.
Die Entscheidung hatte sich angekündigt. „Ich bin der Ansicht, dass wir alles daran setzen sollten, das Spiel möglich zu machen“, hatte DFB-Interimschef Koch am Samstag gesagt. Man müsse in angemessener Form auf die Ereignisse von Paris reagieren. „Das ist dann kein Freundschaftsspiel wie jedes andere“, sagte Koch. „Demokratie muss wehrhaft sein. Wir müssen dem Terror uns alle gemeinsam entgegenstellen. Und der Fußball hat in diesem Moment auch eine wichtige gesellschaftspolitische Funktion.“
Wahrscheinlich wird auch die gesamte Bundesregierung das Länderspiel besuchen
Der vorläufige DFB-Chef erinnerte daran, dass der DFB und die Mannschaft große Solidarität mit den Franzosen betont hätten. Man habe „nous sommes unis, wir sind vereint“, erklärt, „und das müssen wir am Dienstagabend auch demonstrieren“, hatte Koch gesagt. Der französische Verband, die Fédération Française de Football (FFF), hatte bereits am Samstag entschieden, das geplante Länderspiel am Dienstag in London auszutragen und mit seiner Equipe gegen England anzutreten.
„Der Fußball muss sich jetzt zur Wehr setzen, wie sich die Gesellschaft im Ganzen zur Wehr setzen soll. Es darf nicht sein, dass der Terror siegt“, sagte der 56 Jahre alte Koch. Sehr wahrscheinlich wird auch die gesamte Bundesregierung um Kanzlerin Angela Merkel das Länderspiel in Hannover besuchen. „Gerade jetzt dürfen und werden wir nicht weichen“, zitierte die „Bild“-Zeitung den SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel.
Der Niederländische Fußball-Verband begrüßte die DFB-Entscheidung. „Wir bekommen es über die Medien mit, aber diese Jungs haben es in Wirklichkeit erlebt“, sagte der Schalker Klaas-Jan Huntelaar. „Fußball ist nun Nebensache“, meinte der Stürmer, der mit seinem Schalker Vereinskollegen Leroy Sané Kontakt hielt. Und so werden die Niederländer am Montag von Cardiff aus nach Hannover fliegen. In Wales hatte das Oranje-Team am Freitag gespielt.
Die kommenden Tage werden auch für den DFB selbst von Bedeutung sein. Der Verband befindet sich nach dem Skandal um die Vergabe der WM 2006 in einer tiefen Krise. Noch vor dem Länderspiel werden sich die Präsidenten der 21 DFB-Landesverbände in Hannover treffen. Für den Freitag ist dann eine Sondersitzung des DFB-Präsidiums einberufen. „Wichtig ist, dass die Einheit zwischen Profis und Amateuren im deutschen Fußball gewahrt bleibt“, sagte Koch.