2:2 gegen den FC Bayern München: Ein gefühlter Sieg für Hertha BSC
Die Berliner zeigen gegen den schwächelnden Meister eine starke Leistung. Fast wäre Hertha sogar der erste Sieg gegen Bayern seit achteinhalb Jahren geglückt.
Eine Stunde war gespielt im Olympiastadion, da bahnte sich eine mittlere Sensation an. Hertha BSC hatte gerade einen 2:0-Vorsprung des FC Bayern egalisiert und schickte sich an, den deutschen Rekordmeister erstmals nach achteinhalb Jahren wieder zu besiegen. Da den Berlinern aber irgendwie das letzte Stückchen Mut und Überzeugung fehlte, blieb es bei einem für sie aber durchaus achtbaren 2:2 (0:1)-Unentschieden.
Für Hertha war vor 71.212 Zuschauern sogar mehr drin gewesen gegen in der zweiten Hälfte fahrige Bayern. Aber die Berliner schließen mit einem verdienten, und nicht unbedingt eingeplanten Punkt drei Englische Wochen ab und gehen mit einem guten Gefühl in die Länderspielpause. „Das 1:1 gegen die Bayern im Frühjahr fühlte sich wie eine Niederlage an, das 2:2 von heute nach einem 0:2-Rückstand aber wie ein Sieg“, sagte hinterher Herthas Manager Michael Preetz.
Auch Pal Dardai hatte am Spieltag das Gefühl beschlichen, dass die Bayern nach den Turbulenzen schlagbar seien, wie er später erzählte. Deswegen hatte Herthas Trainer sein Team vor allem nach dem Frischheitsprinzip aufgestellt und es nach dem 0:1 in Östersund vom Donnerstag einer Total-Rotation mit acht Wechseln unterzogen. Aus der Startelf in der Europa League liefen gestern nur noch Mitchell Weiser, Niklas Stark und Per Skjelbred auf. Neu dabei waren die geschonten Rune Jarstein, Karim Rekik, Mathew Leckie und Marvin Plattenhardt sowie Genki Haraguchi, Ondrej Duda, Vladimir Darida und Salomon Kalou.
Bei Bayern spielt alles, was Rang und Namen hatte
Nicht weniger interessant war, auf wen der Münchner Übergangstrainer Willy Sagnol nach dem Rauswurf von Carlo Ancelotti setzen würde, der viele Stammspieler in der Champions League in Paris nicht berücksichtigt hatte. Sagnol tat letztlich das, was allgemein erwartet worden war: Alles, was Rang und Namen hatte, spielte. Also die Alt-Internationalen Franck Ribery und Arjen Robben als ewige Flügelzange sowie die Weltmeister Mats Hummels und Jerome Boateng in der Innenverteidigung.
Diese beiden Herrschaften waren es auch, die den FC Bayern schon nach zehn Minuten in Führung brachten. Nach einer präzisen Flanke Boatengs aus dem rechten Halbfeld stand Hummels völlig blank in der Nähe des Elfmeterpunktes und köpfte den Ball unhaltbar ins Tor. Es dauerte eine Viertelstunde, bis Hertha das erste Mal vor das Tor der Gäste kam, Darida verzog. Doch so richtig laut im Olympiastadion wurde es kurz darauf, nachdem Darida im Strafraum der Bayern nach einem Zweikampf mit Javier Martinez zu Fall kam. Schiedsrichter Harm Osmers hatte zunächst auf Strafstoß entscheiden, nahm diese Entscheidung aber zurück, nachdem er an der Seitenlinie noch einmal die Bilder der Szene in Augenschein genommen hatte. Die Ostkurve der Hertha-Fans kochte und reagiert mit einem irren Pfeifkonzert.
Aber das war wie ein Weckruf für die Berliner. Zwar blieben die Bayern im ersten Abschnitt spielbestimmend, aber Hertha wurde mutiger. Nach einer halben Stunde tauchte Kalou in den Strafraum der Bayern ein, und kam dort zu Fall. Der Ball landete bei Darida, der aus Nahdistanz abzog, aber an Torwart Sven Ulreich scheiterte.
Duda und Kalou schlagen zurück
Es hatte sich ein munteres Spielchen mit zahlreichen Torszenen ergeben. Robert Lewandowski hatte schon Jarstein umspielt, da köpfte Stark den Ball zum sicher geglaubten 2:0 gerade so vor der Torlinie zur Ecke. Wenig später verhinderte Jarstein mit einem Reflex das zweite Münchner Tor, indem er einen von Weiser abgefälschten Schuss Alabas parierte.
Die Berliner blieben für ihre Verhältnisse mutig. Sie kamen zur ersten Ecke – die Bayern hatten zu diesem Zeitpunkt sieben. Kurz darauf zog Kalou den Ball knapp über das Tor. Weiser hatte den Ivorer, der der gesperrten Kapitän Vedad Ibisevic im Sturmzentrum vertrat, bedient.
Und so ereignisreich ging es auch in den zweiten Abschnitt, für die Dardai von seinen Spielern gefordert hatte, „ein bisschen mehr Mann“ zu sein. Zwar gelang Lewandowski, der sich im Zweikampf gegen Stark behauptete, dann doch das 2:0 für die Bayern, aber praktisch im Gegenzug erzielte Duda nach Vorarbeit Haraguchis das 1:2. Und es sollte aus Sicht der Berliner noch besser kommen. Nach einem Freistoß von Plattenhardt landete der Ball vor den Füßen Kalous, der Ulreich im Bayerntor überwinden konnte – 2:2. Nun spielte Hertha richtig mit.
Die Berliner witterten ihre Chance, die Bayern wirkten unkonzentriert und wackelten. Doch irgendwie verstrichen die Minuten, in denen sie die Bayern hätten stellen können. Irgendwie hatte man den Eindruck, als konnte Hertha sich in dieser finalen Phase nicht so recht entscheiden: Sollten sie auf Sieg spielen, also ins Risiko gehen, oder lieber doch den Punkt festhalten? Sie entscheiden sich für Letzteres.