Kolumne: So Läuft es: Doping ohne Nebenwirkungen
Hobbyläufer greifen gerne zu vermeintlich harmlosen Medikamenten, um persönliche Bestzeiten zu erzielen. Dabei gibt es eine Alternative zu Tabletten und Salben, verrät unser Kolumnist.
Wer glaubt, dass das Thema Doping ausschließlich im Profisport zu Hause ist, der täuscht sich gewaltig. Studien beweisen das, was man längst vermutet: Mehr als die Hälfte der Hobbyläufer, die an einem Marathon teilnehmen, haben Schmerzmittel im Blut. Aspirin gilt für viele nicht mehr als Medikament, sondern als Nahrungsergänzung. Das gilt auch für Paracetamol und Ibuprofen. Gegen den Muskelkater schmiert man sich gerne mit Salbe ein. Teilweise schüttelt es Mediziner, wenn sie erfahren, wie viel Missbrauch zum Beispiel mit Diclofenac betrieben wird. Die Liste könnte man beliebig fortsetzen, die Nebenwirkungen sind enorm, innere Organe können lebensbedrohlich geschädigt werden. Das alles und noch viel mehr nehmen Hobbyläufer auf sich, aus nur einem Grund: Leistungssteigerung ist das Zauberwort. Der Druck nach Performance bei Läufern wie dir und mir ist beinahe so hoch wie bei Olympischen Spielen. Hier geht es knallhart um Bestzeiten. Fraglich ist, ob unser Hunger nach immer schnelleren Zeiten überhaupt sein muss.
Wer unbedingt der Meinung ist, Wettkampf müsse sein, der möge seinen Dopinghunger doch einfach durch Sportfasten befriedigen. Sportfasten ist derzeit das Wundermittel für alle, die alleine aus der Kraft des eigenen Körpers eine Leistungssteigerung erfahren wollen. Ein Mix aus Disziplin, Optimierung des Stoffwechsels, und Fasten. Sportfasten hat zunächst nichts mit einer Diät zutun. Es ist eine zehntägige Trainingsmethode für die Muskeln. Es wird Fett anstatt Zucker verbrannt. Man spricht vom sogenannten Metabolic Switch. Ein abgestimmter Ernährungsplan wird durch 30 Minuten Sport pro Tag ergänzt. Damit der Prozess optimal funktioniert, werden Substanzen wie Aminosäuren, Fettsäuren, Mineralstoffe und Vitamine zusätzlich eingenommen. Im Körper passiert Folgendes: Durch die Kombination von Sport und Fasten werden zunächst die Kohlenhydrate verbraucht, die in Muskulatur und Leber als Glykogen gespeichert sind. Parallel steigt die Konzentration von Hormonen wie Adrenalin und Glucagon. Diese sagen dem Körper: Energie bitte aus den Langzeitreserven ziehen, dem Körperfett. Die Gewebezellen bilden nun komplett neue Mitochondrien aus. In diesen kleinen „Kraftwerken“ werden die Fettsäuren zu Kohlendioxid abgebaut. Die bereits vorhandenen Mitochondrien werden durch das Fasten größer und leistungsfähiger. Ein Nebeneffekt: Man verliert durchschnittlich zwischen vier und sechs Kilo Gewicht. Echtes Gewicht. Nicht nur Wasser. Schwierig für mich, denn mit 73 Kilo bei 1,80 Meter und sieben Prozent Körperfett wird es ein anstrengender Test. Ich will den Versuch dennoch wagen.
Derzeit stecke ich in den Vorbereitungen für den Amsterdam Marathon. Es war ein hartes Läuferjahr für mich, das mit dem Two Oceans Ultramarathon in Kapstadt begann, und nun in Amsterdam endet. Mit der Hilfe von Stephan Nüsser werde ich mich ab Montag der Herausforderung stellen und das Sportfasten selbst versuchen. Der Sportwissenschaftler und ehemalige Motocross-Profi bietet das Sportfasten seit Jahren an. Mir geht es nicht darum, eine persönliche Bestzeit in Amsterdam zu laufen. Ich möchte das letzte Rennen des Jahres besser und kraftvoller bestreiten. Zusammen mit Stephan Nüsser entwickle ich dieser Tage meinen Sportfasten-Plan. Nächsten Donnerstag habe ich knapp die Hälfte des Versuchs geschafft. Und werde berichten. So läuft es.
Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier an jedem Donnerstag übers Laufen.