Olympia-Tagebuch: Neben der Spur (6): Disteln in der Suppe
Unsere Olympia-Korrespondentin mag die koreanischen Tischsitten und will sich einiges davon für zuhause merken.
Neben den Wettbewerben in Südkorea interessiere ich mich mittlerweile für das koreanische Essen. Mit Begeisterung habe ich erfahren, dass die Koreaner im Grunde genommen dreimal am Tag warm essen und dass in einem Essen immer fünf Geschmacksrichtungen vertreten sein sollten.
Auch dass sich Esskultur und zwischenmenschliches Verhalten verbinden, hat seinen Reiz. So bedienen zum Beispiel am Tisch die jüngeren die älteren Menschen. Die Vorstellung, dass ich von meinen Kindern die Speisen angeboten bekomme, gefällt mir kolossal gut.
Weiterhin gibt es bei Tisch Rituale, die mit der Ehrerbietung des einen gegenüber dem anderen korrespondieren. Wenn man sein Gegenüber sehr schätzt, sollte man den Krug, den man aufnimmt, um das Glas seines Gastes zu füllen, mit beiden Händen greifen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich meinen Ehemann beim Einschenken des Weines in mein Glas, die Weinflasche beidhändig führend.
Dieser Gedanke lässt in mir den Entschluss reifen, zumindest an einem der nächsten Tage mal olympisch-koreanisch zu kochen. Die Gretchenfrage ist natürlich, was auf den Tisch kommen soll. Ich beginne in einem koreanischen Kochbuch zu blättern und überlege, zu welchen Geschmackserlebnissen mein Mann und meine Kinder kommen, wenn Ihnen Distelsuppe oder Algensalat serviert wird. Dann entscheide ich mich aber erst einmal für einen Zwischenschritt, heute gibt es bei uns Fleischpflanzerl, und wir gehen übermorgen mal koreanisch essen.
Martina Ertl-Renz
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