Olympia-Tagebuch: Neben der Spur (7): Freie Fahrt voraus
Unser Olympia-Korrespondent Claus Vetter fährt in Südkorea viel mit dem Zug - und muss dabei immer wieder an die Deutsche Bahn denken.
Eine Reise hilft ja oft, um innerlich ein paar Vorurteile abzuräumen. Da haben mir seit Wochen Menschen um mich herum in der Heimat erzählt, dass es nirgendwo auf der Welt schnelleres Wlan als im hochtechnisierten Südkorea gäbe. Derartiges kann ich nicht ansatzweise bestätigen. Wenn es dann mal funktioniert mit der Datenübertragung, dann doch eher schleppend. Aber das ist ja nicht so wichtig, zumal sich der Zeitverlust durch langes Rumhantieren mit der Hardware etwa beim Taxifahren kompensieren lässt.
Was sind die Fahrer fix hier – da kann man beim Transfer richtig Zeit gut machen. Rote Ampeln werden im Regelfall lediglich als Empfehlungen gesehen. Wer da hält, ist im Straßenverkehr klar im Nachteil. Das mit der Raserei ist allerdings ein bestätigtes Vorurteil, genau wie der Umstand, dass Freundlichkeit in Südkorea eine Tugend ist.
Wenn etwa ein Zugschaffner ein Abteil durchschritten hat, verbeugt er sich noch mal im Türrahmen vor seinen Fahrgästen. So eine Szene bei der Deutschen Bahn in einem überbordenden Regionalzug? Gäbe es eher nicht, aber das wäre doch vielleicht mal eine Idee, liebe und geliebte Bahn daheim, um knifflige Situationen zu entkrampfen. Zum Beispiel, wenn der ICE mal wieder wegen Verzögerungen im Betriebsablauf dreieinhalb Stunden Verspätung angehäuft hat. Die Fahrgäste würde es sicher amüsieren.
Oder verbeugen sich die südkoreanischen Schaffner vielleicht nur, damit sich ihre Gäste aus der Welt auch in ihrem Vorurteil, dass hier alle so freundlich sind, bestätigt sehen? Das recherchiere ich bei der nächsten Zugfahrt. Versprochen.
Claus Vetter
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