BR Volleys gegen Friedrichshafen: „Dieses Finale ist ein bisschen Rache“
Friedrichshafens David Sossenheimer über das ewige Duell mit Berlin, die letzten Spiele mit Trainer Vital Heynen und sein Kartentrick-Video im Internet.
Herr Sossenheimer, Sie müssen sich fühlen wie Bill Murray in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“.
Ja, absolut. Jedes Jahr wird die Liga ausgeglichener und enger und man denkt, jetzt ist mal die Zeit für eine andere Mannschaft, ins Finale einzuziehen – ich hätte etwa mit den Alpenvolleys oder Frankfurt gerechnet. Aber am Ende sind es doch immer wieder die gleichen. Als die Berliner den Finaleinzug geschafft haben, hatte ich noch eine andere Film-Analogie im Kopf: „Same procedure as every year“ wie in „Dinner for one“.
Seit drei Jahren sind Sie beim VfB Friedrichshafen. Zum dritten Mal stehen Sie im Finale gegen die BR Volleys. Warum?
Das hat auch mit den Serien über mehrere Spiele in den Play-offs zu tun. Da sind Mannschaften wie Berlin und wir dann doch abgeklärter. Berlin hatte vor allem in den vergangenen zwei Jahren sehr erfahrene Spieler, die all das schon ein paar Mal erlebt haben. Da werfen sie dann auch Niederlagen in der Hauptrunde oder in den Play-offs nicht um. Da spielt die Coolness eine entscheidende Rolle.
In den vergangenen zwei Jahren haben Sie aber auch stets die Finalserie gegen Berlin verloren, obwohl Friedrichshafen vorher immer besser war. Haben Sie Angst, dass sich das dieses Mal auch wiederholt?
Nein. Es ist natürlich ärgerlich, wenn man den Titel verpasst nach einer starken Hauptrunde. Gerade im Vorjahr haben wir ja eigentlich alles gegen Berlin gewonnen – sogar in der Champions League. Aber sie hatten dann eben Spieler wie Robert Kromm, Paul Carroll oder Aleksandar Okolic, die in den entscheidenden Partien ihre besten Leistungen abgerufen haben. Jetzt wird es allerdings mal Zeit für uns, den Titel zu holen. Ich sehe diese Finalserie ein bisschen als Rache. Denn in dieser Saison ist es ja noch mal anders.
Wieso?
In dieser Saison macht es mir persönlich noch mehr Spaß, gegen Berlin zu spielen. Ich habe mehr Freunde dort: Moritz Reichert, Egor Bogachev – außerdem sind auch die US-Amerikaner Benjamin Patch und Dustin Watten echt feine Jungs, die habe ich im vergangenen Sommer bei der Nations League mit der Nationalmannschaft kennengelernt. Die Berliner haben trotz aller Rivalität einfach eine sehr angenehme Truppe – deshalb herrscht vor und nach den Spielen immer eine sehr entspannte Atmosphäre. In den Vorjahren kannte ich einfach weniger Berliner gut.
Ist diese Finalserie aber auch etwas Besonderes, weil es Friedrichshafens letzte Spiele unter Trainer Vital Heynen sind? Nach der Saison wird er sich komplett auf seinen Job als Nationaltrainer Polens konzentrieren.
Voll und ganz. Die Meisterschaft ist der einzige nationale Titel, der uns in der Ära Vital noch fehlt. Viele Spieler sind mit ihm vor drei Jahren nach Friedrichshafen gekommen. Und da ist der Meistertitel natürlich das letzte Puzzlestück für viele. Das wollen wir natürlich holen. Aber wir haben keinen Motivationsvorteil. Berlin will auch unbedingt Meister werden. Im Finale geht es einfach um alles und da spielt jeder um alles.
So ausgeglichen wie es unter den besten sechs in dieser Saison zuging – haben Sie zwischendurch gedacht: Jetzt bekommen wir mal einen anderen Finalgegner?
Es war ja auch nicht immer sicher, dass wir ins Finale kommen... Berlin und wir hatten Höhen, aber auch Tiefen – und zwar deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. Trotzdem wussten wir, eigentlich können uns nur die Berliner gefährlich werden. Bei ihnen habe ich die ganze Zeit gedacht: Das ist ein schlafender Riese. Sobald die mal aufwachen, wird es ganz schwer, die aufzuhalten. Weil sie ein riesiges Potenzial haben. Auch als Berlin zwischenzeitlich Fünfter war, wusste ich, spätestens in den Play-offs werden die anfangen, stark zu spielen. Dass wir uns noch knapp den ersten Platz der Hauptrunde holen konnten, war für uns sehr wichtig. Aber letztendlich habe ich auch nicht mit einem anderen Gegner im Finale gerechnet.
Die Volleys haben in den Play-offs härtere Serien bestritten und mussten zwei Spiele mehr absolvieren als Friedrichshafen.
Zwei Spiele mehr sind zwei Spiele mehr. Aber in so einem Finale ist der Adrenalinspiegel so hoch, da spürst du das auf dem Feld nicht wirklich. Das ist vielleicht nur ein Prozent in den anstehenden Spielen. Und diese Finalserie wird bestimmt knapp. Selbst wenn sie 3:0 ausgehen sollte, können die einzelnen Spiele ja sehr eng sein. Da werden Kleinigkeiten entscheiden. Wer am Ende ganz oben steht, ist schwer vorherzusagen. Berlins Potenzial ist wahnsinnig hoch, aber unser Spiel ist für die Volleys auch eklig. Die haben noch nie gern gegen uns gespielt.
Warum hat sich Friedrichshafen in dieser Saison auch schwerer getan?
Wir hatten immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Ich habe das auch gemerkt, denn ich hatte zum ersten Mal vorab einen richtig langen Sommer mit der Nationalmannschaft. Aber wir haben einfach auch nicht so gut gespielt und haben uns auch manchmal etwas zu sehr ausgeruht. Denn mit unserem Kader müssten wir Verletzungen eigentlich auffangen können. Teilweise haben wir einfach unsere Leistungen nicht abrufen können.
Im Januar hat Ihr Klub darauf reagiert und Rafael Redwitz als Zuspieler nachverpflichtet. Eigentlich eine ungewöhnliche Aktion für VfB während der Saison.
Wenn man im Januar noch mal Verstärkung holt, ist das immer ein deutliches Zeichen: Oh, was wir bisher gemacht haben, ist natürlich nicht so gut. Rafael hat uns mit unserer Erfahrung schon sehr geholfen, auch im Training. Er ist ein top Zuspieler, aber er wurde auch geholt, um unseren ersten Zuspieler Jakub Janouch zu unterstützen und das Trainingsniveau zu heben. Er ist ein extrovertierter Spieler, der die Rolle als Führungsspieler schnell angenommen hat.
Sie mussten zwischendurch als Außenangreifer sogar Libero spielen.
Das war aus der Not geboren. Am 26. Dezember bin ich im Training umgeknickt und habe mir dabei ein oder zwei Bänder beschädigt. Ich war dann im nächsten Spiel als Libero eingetragen, weil ich nicht springen konnte. Doch in dem Spiel hat sich unser etatmäßiger Libero Markus Steuerwald verletzt, und dann musste ich einspringen. So habe ich nicht so viel Spielpraxis verpasst und habe auch ein paar Bälle berührt. Aber vollkommen umschulen möchte ich nicht, nur auf Abwehr habe ich keine Lust. Vielleicht wenn ich älter bin und nicht mehr springen kann.
Wie bewerten Sie Ihre persönliche Entwicklung während der Saison?
Es gab Phasen, in denen ich wirklich unzufrieden war mit mir. Da hab ich gemerkt, dass ich platt war. Nichtsdestotrotz war es eine durchwachsene Saison, nicht herausragend gut, nicht herausragend schlecht. Vital hat neulich mit allen Spielern ein Vier-Augen-Gespräch geführt. Da hat er mir auch gesagt, dass es von den Zahlen und Statistiken her vielleicht keine überragende Saison von mir war, aber er sehr erfreut darüber ist, wie ich die Mannschaft mitnehme – auch außerhalb des Feldes. Dass ich mit meinen noch recht jungen 22 Jahren auch eine Führungsrolle übernehmen kann.
Werden Sie in Friedrichshafen bleiben?
Mein Vertrag läuft aus und es gab schon einige Verhandlungen. Dabei waren natürlich auch all die Neuerungen zu bedenken, die damit einhergehen, dass in Michael Warm ein neuer Trainer kommt. Warm ist eine andere Persönlichkeit als Vital Heynen, ein ruhiger Typ. Damit wird sich viel ändern, aber Veränderungen sind ja nicht immer negativ. Entschieden ist bei mir aber noch nichts.
Sie liebäugeln also auch mit einem Wechsel zu einem anderen großen Klub?
Den Schritt ins Ausland habe ich immer im Blick. Dazu kann ich jetzt aber noch nicht viel sagen. Interesse gibt es immer, wenn das richtige Angebot kommt. Erstmal zählt aber das Finale, dann sprechen wir über anderes. Ich werde jetzt hier nicht exklusiv meinen Wechsel nach Berlin verkünden, das bekommen Sie aus mir nicht heraus.
Dann verraten Sie uns stattdessen bitte, warum es von Ihnen im Internet ein Video gibt, auf dem Sie Kartentricks zeigen – und warum Sie sich für Zauberwürfel begeistern.
Klar, das ist eigentlich auch eine witzige Story. Ende des vergangenen Jahres gab es mal eine Phase, in der meinem Teamkollegen Jakob Günthör und mir nach dem Training etwas langweilig war – und da lag dann ein Zauberwürfel rum. Also haben wir damit angefangen. Es gibt darüber ja so viele Youtube-Videos – die haben wir uns reingezogen und geübt – und wenn man den Dreh raus hat, ist es relativ einfach. So bin ich auch zu den Kartentricks gekommen. Da war ich dann etwa fünf Wochen voll drin, aber danach habe ich es auch wieder sein lassen. Was die Kartentricks angeht, bin ich mittlerweile schon wieder etwas eingerostet – das sieht man auch auf dem Video. Mittlerweile bin ich da nicht mehr so aktiv.