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Der ehemalige österreichische Langläufer Johannes Dürr ist mit einer Bewährungsstrafe davongekommen.
© Expa/Johann Groder/APA/dpa

Urteil gegen Dopingsünder Johannes Dürr: Diesem „Whistleblower“ sollte man keinen Glauben schenken

Langläufer Johannes Dürr gerierte sich als reuiger Sünder – dabei dopte er munter weiter. Glauben sollte man ihm nicht mehr viel. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Martin Einsiedler

Die Geschichte, die Johannes Dürr in der ARD-Reportage „Die Gier nach Gold“ vor einem Jahr erzählte, war ergreifend. Sie war traurig und mutig. Der Langläufer aus Österreich, im Jahr 2014 positiv auf Epo getestet, berichtete von einem unbarmherzigen Leistungssportsystem. Sportler werden demnach körperlich ausgebeutet. Gestützt wird das System von den Verbänden.

Das Ganze geht laut Dürr so weit, dass – zumindest in seiner Sportart – nur diejenigen mit den Besten mithalten können, die betrügen, sprich: die dopen. Im Falle von Dürr mündete das alles offenbar in konkrete Selbstmordpläne. Nur die Gedanken an seinen Sohn hätten den Suizid verhindert, berichtete er damals herzergreifend.

Einiges an der Geschichte wird wohl gestimmt haben. Das Problem – wie sich später herausstellte – war nur, dass der 32-Jährige in seinen Erzählungen ein paar entscheidende Dinge weggelassen hat.

Dürr plante, die Geschäfte seines Dopingbeschaffers zu übernehmen

So hat Dürr nicht erzählt, dass er nach seiner zweijährigen Sperre mit dem Blutdoping weitermachte. Ebenso verschwiegen hat er seine konkreten Pläne, sogar die durchaus lukrativen Geschäfte des Dopingbeschaffers Mark Schmidt zu übernehmen.

Am Montag ist Johannes Dürr wegen Dopings vom Landgericht Innsbruck zu 15 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Dürr hatten bis zu fünf Jahre Haft gedroht. Aber die Richterin sah strafmildernd das Zwangssystem an, in dem sich der ehemalige Leistungssportler befand.

Ist Dürr nun Täter oder Opfer? Er ist sicher beides. Vor allen Dingen aber ist er ein Mann, dem man nicht mehr besonders viel Glauben schenken sollte.

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