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Bis nächsten Mal? Andrej Kramaric fehlt Hoffenheim seit Oktober wegen einer Coronavirus-Infektion.
© Imago

Reisen mit Corona-Risiko: Diese Länderspiele braucht (fast) kein Mensch

Länderspiele in Corona-Zeiten werden mehr und mehr zum Ärgernis für Vereine, Spieler und Fans. Warum weniger hier mehr wäre – ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jörg Leopold

Normalerweise ist es eine Ehre, wenn ein Sportler für sein Land in der Nationalmannschaft auflaufen darf. Viele Profis verstehen das auch heute noch so, egal, ob im Fußball, Handball oder Eishockey. Im Herbst 2020 ist allerdings vieles etwas komplizierter und das gilt insbesondere für Reisen durch die Welt während einer Pandemie – und für die Zeit nach der Rückkehr aus Corona-Risikogebieten.

In Bremen sieht das Gesundheitsamt beispielsweise eine fünftägige Quarantäne vor, der ortsansässige Fußball-Bundesligist Werder hat deshalb seinen Spielern nun untersagt, in der kommenden Woche ihre Auswahlmannschaften zu verstärken. Sie würden sonst für das folgende Liga-Spiel ausfallen.

Der Klub verletzt damit keine Regeln des Weltverbandes Fifa. Denn bis mindestens Ende des Jahres besteht in einem solchen Fall keine Abstellungspflicht. Hinzu kommt die ganz reale Gefahr, dass sich ein Spieler mit dem Coronavirus infiziert und sogar noch viel länger zuschauen muss. Andrej Kramaric beispielsweise, der bis dahin beste Torjäger der Bundesliga, war im Oktober mit Kroatien international unterwegs, steckte sich mit Covid-19 an und hat seither kein Spiel mehr bestritten.

Viele Vereine dürften auch deshalb mit Sorge auf die kommenden Tage blicken, wenn die Nationalteams wieder im Einsatz sind. Und das gilt nicht nur für den Fußball. Im Handball beispielsweise wird seit einiger Zeit über die Abstellungspflicht diskutiert.

Während die Spieler vor allem gesundheitliche Bedenken haben, wünschen sich die Vereine eine bestmögliche Betreuung ihrer Profis in den Nationalteams. Dafür wären allerdings mitunter kostspielige Vorsichtsmaßnahmen nötig, wer dafür sorgen und die letztlich auch bezahlen soll, ist dabei das große Streitthema.

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Im Endeffekt läuft die ganze Diskussion auf eine simple Frage hinaus: Sind Länderspiele in dieser Zeit wirklich sinnvoll? Die Verbände müssen irgendwie Geld verdienen und Wettbewerbe auf internationaler Ebene wollen auch durchgeführt werden.

Trotzdem ist das Beharren auf einer Austragung mitunter schwer nachzuvollziehen, wenn beispielsweise Bosnien am Donnerstag in der EM-Qualifikation im Handball eigentlich gar nicht gegen in Deutschland antreten wollte. Und warum müssen es wie im Fußball gleich drei Spiele in sieben Tagen sein, zumal ohnehin keine Zuschauer in den Stadien zugelassen sind und somit auch noch die Ticketeinnahmen wegfallen?

Mit der pandemiebedingten Absage der Spiele im Frühjahr und der Notwendigkeit, die entstandenen finanziellen Ausfälle zu kompensieren, lässt sich so manches erklären. Wie hoch, besser gesagt niedrig, der sportliche Wert dann allerdings sein kann, hat jüngst erst das 3:3 zwischen einer deutschen B-Elf und der Türkei im Fußball-Freundschaftsspiel gezeigt. Auf diese Weise werden Fans vor dem Bildschirm sogar eher noch verprellt.

Glücklich über solche Länderspiele ist letztlich niemand – jedenfalls fast. Im Eishockey spielen dieser Tage in Ermangelung von Gegnern sogar zwei deutsche Mannschaften bei einem Dreierturnier in Krefeld mit. Großer Unterschied zu den restlichen Sportarten: Das war es dann auch erst einmal wieder, in der nationalen Liga hat die Saison nach mehreren Verschiebungen noch gar nicht begonnen.

Da nimmt der Profi, was er kriegen kann. Selbst wenn das – wie beim Deutschland-Cup – mit sportlichem Wettstreit auf höchstem Niveau nicht wirklich etwas zu tun hat.

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