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Vor einem Jahr war die Eishockey-Welt in Krefeld noch in Ordnung.
© Imago

Deutschland-Cup in Krefeld: Auf ein Date mit dem DEB

Eine Nationalmannschaft startet mit einem seltsamen Turnier in die Saison. Beim Deutschland-Cup in Krefeld ist dabei praktisch alles anders als gewohnt.

Vor ein paar Tagen hat Toni Söderholm in die soziale Netzwerkwelt gehustet, dass er die schlimmste Enttäuschung seiner Karriere zu verkraften habe. Er dürfe nicht nach Krefeld! Der Eishockey-Bundestrainer hat sich mit dem Coronavirius infiziert und kann daher die erste Maßnahme seiner Mannschaft seit dem vergangenen Winter nicht begleiten.

Beim Deutschland-Cup leistet Söderholm ab Donnerstag nur virtuell Hilfe. Aber natürlich geht das. Steffen Ziesche, sonst Bundestrainer der U-18-Nationalmannschaft, nun für Söderholm eingesprungen, sagt: „Wir waren auf so ein Szenario vorbereitet.“

Gute Vorbereitung hin oder her – die Situation ist weit von dem entfernt, was sich da sonst rund um den Deutschland-Cup am Niederrhein abspielen würde. Gut, genau betrachtet ist das vom Deutschen Eishockey-Bund (DEB) alljährlich im November veranstaltete Turnier eine eher trutschige Veranstaltung mit beschränktem sportlichen Wert, aber immerhin eine Maßnahme für den Bundestrainer im Hinblick auf die Weltmeisterschaften oder auch Olympischen Spiele im Jahr danach.

Diesmal allerdings ist alles anders. Russland, die Schweiz, die Slowakei und dann Norwegen als Nachrücker wollten Teams zum Turnier schicken, doch sind allesamt abgesprungen. Statt wie sonst üblich vier Teams, spielen nun nur drei um den Titel.

Knallharter Favorit ist der aktuelle olympische Silbermedaillengewinner Deutschland in den Spielen gegen Lettland (am Freitag) und das so genannte „Top Team Peking“ (am Donnerstag, 19.30, live auf Sport1), eine zweite junge deutsche Mannschaft im Turnier, die an sich Ziesche betreut hätte.

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Sportlich gesehen ist das eher abenteuerlich. Steffen Ziesche sieht es aber anders. „Man sollte die Wertigkeit des Turniers nicht unterschätzen“, sagt er. „Die Jungs kommen in den Wettkampfmodus.“ Insbesondere sei das Warmwerden wichtig für die jungen Spieler, die dann ja im Dezember zum Teil bei der U-20-Weltmeisterschaft in Kanada auflaufen werden, so die dann in der Bubble auch stattfinden kann.

In Krefeld sind die Nationalspieler am Start, die entweder schon seit drei Monaten auf dem Eis stehen wie Yannick Seidenberg von RB München und ordentlich Testspielpraxis haben, aber auch Profis, deren Klubs noch in der Kurzarbeit stecken.

Die Liste der Dinge, die nicht optimal laufen, ist inzwischen sehr lang geworden im deutschen Eishockey. Die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) weiß immer noch nicht, ob die Saison im Dezember losgehen kann und die Nationalmannschaft, personell gesehen um Lichtjahre besser aufgestellt denn je, wird mitten in ihrer Hochphase von einer Krise und Turnierabsagen erwischt; die WM 2021 in Weißrussland und Lettland wackelt auch schon. Und der klamme Verband muss nehmen was geht – unter anderem einen frischen Sponsorenvertrag mit einem eher sleazy anmutenden Datingportal, wie der DEB stolz verkündete.

Kann man sich drüber beömmeln, muss man aber auch nicht. Andersrum gesehen ist das Turnier von Krefeld auch ein Lebenszeichen einer Sportart. Das formuliert Marcel Noebels von den Eisbären besonders ergreifend bei der virtuellen Pressekonferenz von Krefeld. Der Berliner Nationalspieler sagt: „Jedes Spiel, das gespielt werden kann, ist positiv für das Eishockey.“

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