Halbfinal-Niederlage der deutschen Handballer: Die WM bleibt ein Riesenerfolg
Der Titeltraum ist ausgeträumt. Doch eines steht fest: Das DHB-Team hat sehr viel Werbung in eigener Sachen betrieben. Ein Kommentar.
Ein Blick auf die Zahl aller erzielten Treffer genügte. Wer die Handball-Weltmeisterschaft zuletzt verfolgt und die Taktiken der Teams gesehen hatte, wusste schon vor dem zweiten Halbfinale am Freitagabend: Wenn es schnell wird, dynamisch, wenn in Hamburg viele Tore fallen, jenseits der 50 – dann haben die Norweger alle Trümpfe in der Hand. Wenn es physischer, langsamer zugeht, wenn die Defensive dominiert und das Tempo verschleppt, liegt der Vorteil bei den Deutschen.
Um 22.04 Uhr standen schließlich 56 Tore auf der Anzeigetafel – 25:31. Gastgeber Deutschland war vor 12.500 Zuschauern schlichtweg chancenlos gegen eine starke norwegische Mannschaft, nicht einmal der Heimvorteil konnte daran etwas ändern. „Sie haben das gut gemacht und fast fehlerfrei gespielt“, sagte Kapitän Uwe Gensheimer, „das muss man akzeptieren.“ Auch wenn es vielleicht schwer fiel nach der ersten Niederlage im neunten WM-Spiel.
Handball war wieder ein Thema
Als Lohn dürfen die Norweger am Sonntag den zweiten WM-Ausrichter herausfordern: Im Finale in Herning treffen sie auf Dänemark und eine rot-weiße Wand von mutmaßlich 15.000 Menschen. Der deutschen Handball-Nationalmannschaft bleibt dagegen nur das Spiel um die Bronzemedaille gegen Frankreich, das sogenannte kleine Finale.
Wobei: Was heißt hier "nur"? Zum einen kann es immer noch eine Medaille werden für das Team von Bundestrainer Christian Prokop; der Einzug ins Halbfinale war vor dem Turnier das erklärte Ziel, mehr hätte vermessen geklungen. Zum anderen legten die Beteiligten selbst in den bitteren Minuten unmittelbar nach Abpfiff Wert auf die Feststellung, in den vergangenen knapp zweieinhalb Wochen Werbung für ihren Sport betrieben zu haben.
Mit Recht! Handball war wieder ein Thema im Land, Millionen schauten zu, viele andere Sportler und Funktionäre äußerten sich lobend, schickten Grüße. Reinhard Grindel etwa, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, saß am Freitag beim Halbfinale neben anderen Größen seines Fachs auf der Tribüne. Es passte irgendwie.
Chance auf Medaille noch da
Alteingesessene Handball-Fans sind mittlerweile beinahe genervt vom ewigen Quervergleich mit den Fußballern des Landes, sie können und wollen ihn nicht mehr hören. Was wahrscheinlich auf Gegenseitigkeit beruht. Auch das muss man sich erstmal vorstellen: Normalerweise ist es in Deutschland für jede Mannschaftssportart eine Form der Anerkennung, in Zusammenhang mit dem allmächtigen Fußball genannt zu werden.
Und damit zurück zum Handball: Am Sonntag um 14.30 spielt die deutsche Mannschaft gegen Frankreich um Bronze.