Wasserball: Die Wasserfreunde mischen jetzt auch in der Frauen-Bundesliga mit
Bei den Männern ist Spandau schon 36 Mal Deutscher Meister geworden. Bei den Frauen gibt es jetzt ein Team mit Nationalspielerinnen und Quereinsteigerinnen.
Marko Stamm will eine Medaille, also mindestens Platz drei. Das klingt zunächst komisch aus dem Mund eines Wasserballers der Wasserfreunde Spandau 04. Eigentlich gehen die Wasserfreunde ins Becken, um Titel zu holen. Sie sind 36 Mal Deutscher Meister geworden. Aber in diesem Falle spricht Stamm nicht über das Männerteam. Es geht um die Frauen, die am Samstag beim SC Chemnitz ihr erstes Bundesligaspiel überhaupt bestreiten. Mit Nationalspieler Marko Stamm als Trainer.
Es hat sich einiges geändert in der Wasserball-Welt des 30-Jährigen. Bei Terminüberschneidungen wird er im Normalfall für die Frauenmannschaft freigestellt. Das Derby der Männer bei der SG Neukölln (Samstag 18 Uhr, Schwimmhalle Schönberg) hätte er wegen einer Rippenverletzung ohnehin verpasst. Die Heimspiele der Frauen finden dank einer Sondergenehmigung am Sonntag statt. „Da ist uns die Liga sehr entgegengekommen“, sagt Stamm. Dort waren sie froh über das Interesse des Klubs mit dem großen Namen. Nur Waspo Hannover und Bayer Uerdingen spielen ebenfalls mit Frauen und Männern in der Bundesliga.
Eigentlich war alles nur übergangsweise gedacht: Die Frauen der SG Neukölln hatten sich vor zwei Jahren aus der Bundesliga zurückgezogen, zudem wollten Schwimmerinnen der Wasserfreunde etwas Neues ausprobieren. Stamm stellte sich als Trainer zur Verfügung. Anfangs für eine kleine Gruppe, inzwischen sind es 21 Frauen. „Ich bin sehr stolz auf die Fortschritte, die wir in einem Jahr gemacht haben“, sagt Stamm. Sein Vater Hagen ist Präsident des Vereins, Bundestrainer und eine Legende im deutschen Wasserball. Seine Mutter Renate ist für die Schwimmabteilung zuständig, kennt viele der jetzigen Wasserballerinnen. So reifte bei den Stamms die Idee, dass Marko Trainer bleibt und die Frauen für die Bundesliga gemeldet werden. Nach über 30 Jahren spielen erstmals wieder Frauen der Wasserfreunde im Ligabetrieb. Damals war es auf Berliner Ebene.
„Wir sind eine bunt zusammengestellte Truppe“, sagt Stamm. Lediglich fünf Spielerinnen haben schon ein Bundesligaspiel bestritten. Dafür sind drei davon Nationalspielerinnen. Neben der Schweizerin Athina Grandis (22), die studienbedingt noch drei Monate in Israel ist, Stamms Freundin Belén Vosseberg (20/kam von Waspo) und Jennifer Stiefel (26), Neuzugang vom Titelverteidiger Nikar Heidelberg. Mit ihrem Vater Jürgen holte Hagen Stamm 1981 den EM-Titel. Die deutschen Frauen belegten bei der Europameisterschaft im vergangenen Sommer Platz acht.
Mit einer Speerwerferin
Auch eine Moderne Fünfkämpferin und eine Speerwerferin sind dabei. Die habe so viel Kraft im Arm, „ihr musste ich nur das schnelle Schwimmen beibringen“, sagt Stamm. Er war früher selbst Schwimmer, „davon habe ich immer profitiert. Wenn du den anderen wegschwimmen und aus zwei Metern aufs Tor werfen kannst, ist das ein Riesenvorteil.“ Ähnliches erhofft er sich für die Schwimmerinnen in seinem Team.
Halbe Sachen machen sie in Spandau in Sachen Wasserball bekanntlich nicht, also wird zwölf Mal die Woche trainiert. Knallharter Leistungs- gepaart mit echtem Amateursport. Die Spielerinnen bekommen kein Geld, viele studieren. Die Trainingszeiten sind darauf zugeschnitten. Teils früh um sieben Uhr oder sehr spät. Für Stamm kommt das Männer-Training hinzu: „Ich bekomme viel Chlorduft ab.“ Aber er sieht seine Freundin Belén Vosseberg häufiger. „Unser Verhältnis beim Training ist natürlich ein anderes als zu Hause. Da mache ich keinen Unterschied zwischen den Spielerinnen.“ Vosseberg war bisher von Hannover gependelt. Zum ewigen Spandauer Rivalen Waspo war sie 2017 von Bayer Uerdingen gewechselt, um näher an Berlin zu sein.
Nun steht für das einst ganz klein begonnene Projekt die erste Bundesliga-Aufgabe an. Chemnitz ist Tabellenführer. Nach einem absolvierten Spiel ist das nicht aussagekräftig, doch Stamm schätzt den von Bundestrainerin Anja Skibba gecoachten Gegner als „sehr stark“ ein. „Ich lasse mich überraschen und wir werden in der Saison überraschen“, sagt Stamm. Für das angestrebte Ziel Medaille muss in der Hauptrunde mindestens Platz vier in der Liga mit sieben Mannschaften her.
Sicher ist sicher
Während Spandaus Männer zu Auswärtsspielen mit der Bahn reisen, fahren die Frauen in Kleinbussen. Nach Chemnitz sind es keine 300 Kilometer, Spielbeginn ist 17 Uhr. Trotzdem geht es um elf Uhr in Berlin los. Schließlich soll beim Bundesliga-Debüt nichts schiefgehen.