Nach dem Aus von Trainer Alfred Schreuder: Die TSG Hoffenheim und der Rückfall in die Belanglosigkeit
Alfred Schreuder hatte in Hoffenheim ein großes Problem: Er sollte die Arbeit von Julian Nagelsmann fortführen. Und dieses Problem besteht fort. Ein Kommentar.
Otto Rehhagel und Julian Nagelsmann haben auf den ersten Blick nicht allzu viel gemeinsam. Rehhagel ist – mit Verlaub – inzwischen ein alter Mann, Nagelsmann mit 32 Jahren immer noch der jüngste Trainer in der Fußball-Bundesliga. Und trotzdem besteht eine Parallele, die mit dem Alter nichts zu tun hat. Beide haben als Trainer einen Klub geprägt und regelrecht durchdrungen. Und beide haben ihren Klubs mit ihrem Weggang eine nur schwer zu bewältigende Aufgabe hinterlassen.
Mehr als 14 Jahre hat Rehhagel bei Werder Bremen gearbeitet. Er hat Werder in dieser Zeit von einem Zweitligisten zu einer Spitzenmannschaft geformt. Und nach seinem Wechsel zu den Bayern brauchte der Klub vier Trainer in vier Jahren, bis er mit dem Rehhagel-Schüler Thomas Schaaf seine innere Ruhe wiederfand.
Nagelsmann hat Hoffenheim ein Gesicht gegeben
Gemessen an Rehhagels Wirken und seinen Erfolgen nimmt sich die Ära Nagelsmann bei der TSG Hoffenheim recht bescheiden aus. Nagelsmann war nur drei Jahre Trainer des Vereins. Er rettete die TSG in dieser Zeit vor dem akut drohenden Abstieg und führte die Mannschaft zweimal in den Europapokal. Aber jenseits der Tabellenplätze hat Nagelsmann sehr viel mehr für den Klub getan. Er hat dem Prestigeprojekt eines zur Selbstverliebtheit neigenden Milliardärs ein Gesicht gegeben und den Verein aus den Fängen der Bedeutungslosigkeit befreit.
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Nach den euphorischen Anfangsjahren unter dem manischen Ralf Rangnick war die TSG vor Nagelsmanns Amtsantritt längst belanglos geworden. Einer von 18 Bundesligisten, der im mehr oder weniger gesicherten Tabellenmittelfeld unterwegs war. Die ersten Monate unter Nagelsmanns Nachfolger Alfred Schreuder deuten nun darauf hin, dass der Verein in genau diesen Zustand zurückzufallen droht. Die TSG Hoffenheim ist wieder egal.
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Trotzdem kam die Nachricht überraschend, dass die TSG und Schreuder ihre Zusammenarbeit nach nicht einmal einem Jahr schon wieder beenden. Immerhin ist die Mannschaft in der Liga Tabellensiebter, hat damit realistische Chancen auf eine Qualifikation für den Europapokal. Aber es geht bei der Personalie Schreuder nicht allein um Ergebnisse. Es geht um ein Gefühl, das vor allem Julian Nagelsmann bedient hat. Deshalb sucht die TSG im Grunde jetzt auch keinen neuen Trainer. Sie sucht vor allem einen neuen Nagelsmann. Was die Sache nicht einfacher macht.