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Alles im Blick. Mercedes-Pilot Lewis Hamilton liebt das Spektakel, nicht nur auf, sondern auch neben der Strecke.
© Clive Mason/AFP

Formel 1: Die Show des Lewis Hamilton

In Austin kann Lewis Hamilton an diesem Sonntag zum fünften Mal Weltmeister werden – auf seinem Lieblingskurs und mit viel Tamtam.

Von David Joram

Michael Buffer ist vor allem dafür bekannt, dass er Namen wie Wladimir Klitschko oder Mike Tyson genussvoll in die Länge ziehen kann. Boxfans verehren die Stimme aus Philadelphia. Wenn Moderator Buffer „Let’s get ready to rumble“ in sein Mikro ruft, ist Showtime. Insofern passt es gut, dass Lewis Carl Davidson Hamilton auch schon in den Genuss von Buffers Stimme gekommen ist. Hamilton liebt die Show. Weil der Brite beruflich keine Boxhandschuhe trägt, musste er ein bisschen länger darauf warten, bis Buffer seinen Namen röhrte. Im letzten Oktober war es soweit. Die Formel 1 gastierte – wie an diesem Wochenende – in Austin, Texas. Geboten wurde in den USA viel, gerade was das Drumherum betraf. Cheerleader in weißen Cowboystiefeln standen zum Spalier für die Fahrer bereit, und jedes Mal, wenn ein Pilot die Strecke betrat, lächelten sie ein bisschen mehr und schwenkten ihre blau-weißen Püschel.

Es war eine Inszenierung wie bei einem Boxkampf, natürlich auch wegen Michael Buffer. Mit gewohnt viel Pathos schickte Buffer als letzten Fahrer Leeeewis Hamiltooooon auf den „Circuit of the Americas“, den „current leader“, den aktuellen Spitzenreiter also. Ob Buffer dieses Mal wieder den Einpeitscher gibt, steht noch nicht fest. Dass es eine ordentliche Show geben wird – Britney Spears und Bruno Mars haben sich angesagt – dagegen schon. Und dass Hamilton wieder als Führender nach Austin kommt, ist ebenfalls sicher. Der 33-Jährige kann an diesem Sonntag (20.10 Uhr/live bei RTL) sogar seinen fünften WM-Titel einfahren. Hamiltons Chancen erhöhten sich noch, weil Ferrari-Pilot Sebastian Vettel im Training zu schnell während einer Rotphase unterwegs war und zur Strafe um drei Startplätze zurückversetzt wird. Vettel muss mindestens Zweiter werden, um einen WM-Triumph von Hamilton zu verhindern.

Es wäre ein historischer, Hamilton würde mit Juan Manuel Fangio gleichziehen, dem Argentinier, der in den 1950er Jahren reüssierte. Damals war die Formel-1-Welt noch ein bisschen kleiner und überschaubarer, der Motorsport stand im Mittelpunkt. Mittlerweile ist das Rahmenprogramm mindestens genauso wichtig, die Fans wollen unterhalten werden. In Austin vielleicht noch etwas mehr als woanders. Hamilton verbindet genau das, Leistung und Show. Vielleicht liegt ihm Austin auch deshalb so gut, wo er bereits 2015 vorzeitig Weltmeister wurde.

Eine Machtdemonstration - gegen Nico Rosberg

Der 5,513 Kilometer lange Kurs ist bei den Fahrern grundsätzlich beliebt. Es gab erst ein Rennen dort, das er nicht gewonnen hat. 2015 zeigte er seine Souveränität schon beim Start. In der ersten Kurve drängte er Nico Rosberg recht rüde ab. Für viele Beobachter war das eine Machtdemonstration, sie steht symbolhaft für einen Fahrer, der stets smart wirkt – wenn es hart auf hart kommt, aber voll abliefert.

Austin passt fast perfekt ins Formel-1-Drehbuch einer Saison, die dann doch erstaunlich ähnlich zur letzten verlief. Lange Zeit schien es so, als könnte Vettel im Duell der beiden viermaligen Weltmeister mithalten. Nun beträgt der Rückstand vier Rennen vor Schluss schon wieder stolze 67 Punkte. Von einer vorgezogenen Party will der stets lässig auftretende Hamilton noch nichts wissen. Er werde „nicht nachlassen“, sagte er. „Es sind noch 100 Punkte zu vergeben. Ich weiß, dass wir genauso weitermachen werden wie bisher. Und zwar bis zur letzten Zielflagge. Das ist unser Ziel.“ Er werde weiter „einen Schritt nach dem anderen“ machen, sagte Hamilton. Worte, die man so schon des Öfteren von ihm vernommen hat.

Im vergangenen Jahr war Vettel ähnlich aussichtslos nach Austin gereist, mit 59 Punkten Rückstand. Auf einen vorzeitigen WM-Gewinn angesprochen sagte Hamilton damals: „Das ist dummes Gerede. Ich erwarte nicht, dass Ferrari schon wieder ein schwieriges Wochenende haben wird.“ Und: „Wo es passiert, ist mir eigentlich egal. Wichtig ist nur, dass es passiert. Meine ganze Energie fließt in diesen Titelgewinn.“ Am Ende lieferte Hamilton die beste Show, holte seinen fünften Sieg in Austin – und kurz darauf die WM in Mexiko. Vieles spricht dafür, dass es dieses Jahr wieder gut geht für Lewis Hamilton, auch weil Ferrari und Vettel sich wieder und wieder viele Fehler erlaubt haben. Davon profitieren Hamilton und Mercedes. Vielleicht ja schon an diesem Sonntag.

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