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Bundestrainer Löw und sein Kapitän. Demnächst trifft man sich auch schon mal in Manchester.
© dpa

Bastian Schweinsteiger verlässt den FC Bayern München: Die Premier League ist nichts für alternde Männer

Bastian Schweinsteiger verlässt die Bayern und wechselt zu Manchester United. Ein mutiger Schritt, findet Michael Rosentritt. Ein Kommentar.

Am Montag werden sie noch einmal hochkommen, die Bilder von Rio. Vom Blut des Bastian Schweinsteiger, vom güldenen Glanz des WM-Pokals und vom Taumel Berlins, als der Sieger-Flieger über das Brandenburger Tor einschwebte. Ein Jahr ist es jetzt her, als Schweinsteigers Haut unter dem rechten Auge nach einem Fauststoß Sergio Agueros aufplatzte und er rücklings in der Coachingzone der Argentinier lag. Die komplette medizinische Abteilung der Deutschen hatte sich über ihn gebeugt und versucht, die Blutung zu stoppen. Als Schweinsteiger zurück aufs Feld lief, brach im Maracana Jubel aus.

Mit diesem Finale hat sich der Münchner endgültig Eingang in die Heldengeschichte des deutschen Fußballs verschafft und nebenbei die tiefe Sehnsucht der Deutschen nach dem vierten WM-Triumph gestillt. Philipp Lahm reckte als Kapitän den Pokal in den Abendhimmel von Rio. „Mit dem Tag heute geht ein Traum in Erfüllung“, sagte Schweinsteigers alter Ulk-Kompagnon Lukas Podolski: „Dafür sind wir jetzt zehn Jahre hier.“

Bastian Schweinsteiger ist spätestens seit dem WM-Finale ein großer Spieler

Wenn es große Spieler auszeichnet, dass sie in großen Spielen eine große Leistung zeigen, dann ist Bastian Schweinsteiger spätestens seit dem WM-Finale ein großer Spieler. „Die Beine sind natürlich im Arsch, aber es hat sich rentiert“, sagte er hinterher. Der Münchner hatte gekämpft, gelitten und gewonnen – nicht für sich sich, sondern stellvertretend für eine Generation, die Mitte der Nuller-Jahre angetreten war. Hochbegabt und hochgelobt, aber bis dahin nur mit Trostpreisen zurückgekehrt.

Die Jahre sind über diese Spieler gekommen, der Triumph von Rio teilte ihre Wege. Lahm, der Kopf der Mannschaft, der Kühle und Überlegte, hatte schon vor der WM entschieden, seine Karriere in der Nationalelf zu beenden. Eine Vernunftentscheidung. Podolski, der Jungenhafte, der Herzensgute, der mit seiner offenen und unkomplizierten Art eine ganze Mannschaft beseelte, geriet ins Tingeln. Immer auf der Suche nach dem Spiel und dem Gefühligen – erst London, dann Mailand und nun Istanbul. Und Schweinsteiger, der ergraute Kämpfer, das Herz der deutschen Mannschaft? Er will weiterkämpfen, „kriegserfahren“ (Times), wie er ist. Bei Manchester United, einem anderen Weltklub.

Schweinsteiger hat entschieden wie er spielte – aus dem Bauch heraus

Für Schweinsteiger ist es ein Schritt zur Seite. Weg von den Bayern nach 17 ewiggleichen Jahren mit acht Meisterschaften und sieben Pokalsiegen. Er hat entschieden wie er spielte – aus dem Bauch. Die Premier League ist noch intensiver als die Bundesliga, sie ist härter und rücksichtsloser und ohne Winterpause. Nichts für alternde Männer. Es ist mutig von Schweinsteiger, der in drei Wochen 31 wird und 500 Pflichtspiele für den FC Bayern München und 111 Länderspiele für Deutschland in den Knochen hat.

Ja, er ist ein Anführer geworden, auch deshalb machte ihn Joachim Löw nach Lahms Rücktritt zum Kapitän der Nationalelf. Eine logische Entscheidung zwar, aber auch eine riskante. Seit 2011, fast zehn Jahre nach seinem ersten Champions-League-Einsatz, mehren sich lange Ausfallzeiten. Spieler wie er und Lahm und Podolski sind sehr früh groß geworden – im Verein und in der Nationalmannschaft. Heutzutage beginnen die Karrieren früh, sie enden auch früher.

Schweinsteigers Entscheidung ist vor allem eine, die zu verstehen ist. Bei den Bayern hätte er es schwer gehabt, niemand hielt ihn auf. Ob und wie er bis 2018 in Manchester durchhält, ist eigentlich egal. Bis hierhin hat Schweinsteiger sich stets für die Sache hergegeben. Jetzt hat er einmal an sich gedacht. Er hat es sich verdient. Ganz gleich, welche Bilder kommen.

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