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Und täglich grüßt die Langhantel. Die deutschen Schwimmer (hier Philip Heintz) sollen künftig mehr Muskelmasse aufbauen. Nicht alle im Verband sind von diesem Plan begeistert.
© picture alliance / dpa

Schwimmen: Die Pläne des DSV: Mit mehr Muskelmasse zu neuen Ufern

Bundestrainer Lambertz will seine Schwimmer kräftiger machen und die Zahl der Stützpunkte reduzieren. Nicht alle sind von den Plänen begeistert.

Henning Lambertz möchte, dass es mit dem deutschen Schwimmen endlich wieder mit voller Kraft vorangeht. Präziser formuliert: mit Maximalkraft. Der Chef-Bundestrainer des Deutschen Schwimm-Verbands (DSV) will, dass seine Athleten mehr Muskelmasse aufbauen und diese dann bitteschön auch schneller durchs Becken bewegen als zuletzt. Nach der Enttäuschung von Rio de Janeiro, als die deutschen Beckenschwimmer nach London 2012 abermals ohne olympische Medaille blieben, ist das nur eine von vielen Maßnahmen, die Lambertz angestoßen hat. Zusammenfassend kann man sagen: Die deutschen Schwimmer sollen breiter werden, das System um sie herum schlanker.

„Ich habe verschiedenste Dinge auf den Weg gebracht, damit wir bei Olympia 2020 in Tokio ein erfolgreicheres Abschneiden als in Rio erleben dürfen“, sagte Lambertz am Mittwoch vor dem Auftakt der deutschen Kurzbahn-Meisterschaften in Berlin. Eine der „Stellschrauben“, die der 45-Jährige anziehen will, ist das Krafttraining. „Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder gesehen, dass wir athletisch nicht auf Augenhöhe sind mit den führenden Nationen“, sagte Lambertz. So gebe es beispielsweise nur drei oder vier deutsche Schwimmer, deren Kraftwerte die Grundvoraussetzungen für die Aufnahme in die britische Nationalmannschaft erfüllten.

Das will Lambertz ändern: „Jetzt gehen wir einen neuen Weg, der die Maximalkraft extrem in den Vordergrund stellt.“ Kraftausdauer könne man auch gut im Wasser trainieren, an Land setzt Lambertz ab sofort aber auf „schwere Gewichte und schwere Bewegungen“. Auf Kniebeugen, Klimmzüge, Bankdrücken und das Umsetzen mit der Langhantel: „Das sind die vier Grundübungen, mit denen wir wirklich auf Kraft und Masse trainieren wollen.“

Schon bei den deutschen Meisterschaften im Vorfeld der Spiele von Rio hatte Lambertz angemerkt, im Vergleich zu den internationalen Topschwimmerinnen sähen „unsere aus wie kleine, dünne Models – aber nicht wie Sportlerinnen“. Dieser drastische Vergleich kam nicht überall gut an, auch das neue Kraftkonzept stößt bei seinen deutschen Kollegen nicht auf uneingeschränkte Zustimmung. Lambertz hatte seinen Plan während einer internen Olympia-Auswertung präsentiert, dem Vernehmen nach fiel die Reaktion gemischt aus.

Künftig wird sich noch mehr ändern als nur Trainingskonzepte

Die Arbeit mit großen Gewichten erfordert eine saubere Technik, andernfalls drohen Verletzungen. Auch die Ankündigung von Lambertz, junge Schwimmer so früh wie möglich mit Maximalkraftübungen zu trainieren, kam nicht bei allen gut an. „Mit den Übungen kann man schon im Alter von acht Jahren beginnen“, betont Lambertz. „Natürlich nicht mit maximalen Kniebeugen mit 100 Kilo auf dem Rücken. Aber man kann sich an die Bewegung gewöhnen, die Technik lernen, mit Gewichten arbeiten.“ Lambertz ist überzeugt von seinem Weg, auch aus eigener Erfahrung. „Als ich 2009 als Bundesstützpunkttrainer in Essen mit dem Langhanteltraining begonnen habe, flogen die Bestzeiten nur so durch die Wand“, schwärmt er und verspricht sich schnelle Fortschritte: „Wir schielen auf Tokio 2020 – aber mit der Erwartungshaltung, dass wir schnellstmöglich aufschließen und nicht vier Jahre brauchen.“

In naher Zukunft wird sich noch viel mehr im deutschen Schwimmen ändern als nur Trainingskonzepte. Lambertz hat die Normzeiten für die Teilnahme an internationalen Meisterschaften erneut verschärft. Zudem will er, dass sich seine Athleten auf die Langbahn und die olympischen Distanzen konzentrieren. Der Wert von Kurzbahn-Events wie den deutschen Meisterschaften an der Landsberger Allee dürfte sinken, schon an diesem Wochenende sind nur wenige Spitzenschwimmer am Start. Für die größten Turbulenzen wird aber die Umstrukturierung des Stützpunktsystems sorgen: Bislang verfügt der DSV über neun Bundesstützpunkte, nach den Vorgaben des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) wird diese Zahl 2017 auf höchstens sieben sinken.

Lambertz kann sich „unter meiner Rägide“, wie er sagt, eine noch stärkere Konzentration vorstellen, auf sechs, fünf oder nur vier Stützpunkte: „Ich suche nicht das Maximum, sondern das Optimum für uns.“ Wobei das eine das andere, wie bei der Muskelkraft, sicher nicht ausschließt.

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