Hymnenstreit in den USA: Die NFL kniet vor Trump nieder
Hundekämpfe, Waffen, Gewalt - alles keine schlimmen Vergehen in der NFL. Nur eines geht gar nicht: während der Hymne knien. Was für eine Lächerlichkeit! Ein Kommentar.
Die Profis der National Football League (NFL) durften sich bisher – selbstverständlich! – auf die selben Grundrechte berufen wie jeder andere US-Bürger. Obendrein besitzen sie gewisse Privilegien, von denen andere nur träumen dürfen, Stichwort: Absolution. Oder besser gesagt: Resozialisierung.
Hundekämpfe, Waffen, Gewalt - alles halb so wild
Als NFL-Profi darf man etwa illegal Waffen besitzen und sich damit versehentlich in den Fuß schießen – wie einst Plaxico Burres von den New York Giants. Man darf auch Hundekämpfe organisieren und sich eine goldene Nase damit verdienen, so geschehen bei Quarterback Michael Vick. Und natürlich darf man – um das krasseste Beispiel zu bemühen – seine Freundin in einem Fahrstuhl bewusstlos schlagen, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen – wie Ray Rice von den Baltimore Ravens. Nach ihren Gesetzesbrüchen kamen alle wieder bei einem Klub unter.
Nur eine Sache, die geht in der Nationalsportart der USA überhaupt nicht klar, unter keinen Umständen: Man darf vor dem Spiel, wenn das „Star-Spangled Banner“ ertönt, auf keinen Fall auf die Knie gehen oder sich weigern, die Hymne mitzusingen, um damit gegen Rassismus und Missstände zu demonstrieren. Sieht verdammt unpatriotisch aus, sagt Liga-Boss Roger Goodell – und das ist eines der schlimmsten Vergehen im patriotischen Amerika.
Die NFL folgt dem Kurs von Donald Trump
Dummerweise hat die NFL nun Folgendes verfügt: Wenn die Hymne erklingt, müssen die Spieler stehen – oder in der Kabine bleiben. Sonst werden nicht mehr die Akteure bestraft, sondern ihre Vereine. Es ist gewissermaßen der Kniefall von New York, wo die NFL ihren Hauptsitz hat – weil die Oberen damit genau den Kurs einschlagen, den Donald Trump in der endlosen Kontroverse von ihnen verlangt hat. „Schmeißt die Hurensöhne raus!“, sagte der Präsident auf dem Höhepunkt der Debatte.
Nun verpassen die Klub-Besitzer – meist schwerreiche weiße Geschäftsleute, die Trump nahe stehen – ihren Angestellten einen Maulkorb, statt sie zu stärken. Getreu dem Motto: Wenn sie schon demonstrieren müssen, sollen sie wenigstens den Mund halten. Offenbar dürfen sich die Football-Profis in den USA nicht mehr auf die selben Grundrechte berufen wie jeder andere Bürger, darunter eines, das als Fundament des Landes gilt: das Recht auf freie Meinungsäußerung.