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Neuanfang mit bitterem Ende. Die Spanier feiern den späten Ausgleich gegen die deutsche Mannschaft.
© AFP

In letzter Sekunde den Sieg verspielt: Die Nationalmannschaft spielt 1:1 gegen Spanien

Beim Re-Start nach der Coronapause führt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bis in die Nachspielzeit und kassiert dann noch das 1:1 gegen Spanien.

Bundestrainer Joachim Löw gönnte sich einen Moment der Wehmut. Noch vor dem Anpfiff hatte er sich allein auf die Trainerbank in der leeren Stuttgarter Arena gesetzt. Deutschland gegen Spanien, ein Pflichtspiel in der Nations League, doch wegen der Coronavirus-Pandemie darf niemand im Stadion zusehen. „Wie schade an einem wunderschönen Fußballabend“, dachte Löw beim Blick über die leeren Ränge.

Immerhin, es wurde überhaupt wieder gespielt. Und darauf haben Joachim Löw und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft lange warten müssen: fast zehn Monate oder 289 Tage, um genau zu sein. Schon das war ein Grund zur Freude. Das Ergebnis hingegen nicht. Bis in die sechste Minute der Nachspielzeit führten die Deutschen 1:0, dann traf Linksverteidiger José Luis Gaya doch noch zum 1:1 (0:0)-Endstand.

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Löw hatte etwas überraschend Emre Can in der Dreierkette aufgeboten anstelle des Gladbacher Innenverteidiger Matthias Ginter und Julian Draxler den Vorzug gegeben vor Kai Havertz. Vor der Dreierkette, im linken Mittelfeld, kam Robin Gosens erstmals für die deutsche Nationalmannschaft zum Einsatz. Es war zunächst ein dezentes Debüt. Der 26-Jährige von Atalanta Bergamo machte vor der Pause wenig verkehrt, fiel aber im Offensivspiel anfangs nicht allzu sehr auf – bis er kurz nach Wiederbeginn das 1:0 durch Timo Werner vorbereitete. "Ich habe ihn gut gesehen", sagte Löw. "Er hat viel gearbeitet."

Insgesamt war es eine wild zusammengewürfelte Truppe, die der Bundestrainer gegen die Spanier aufs Feld schickte. Die meisten Bayern-Spieler fehlten, und von einem einheitlichen Leistungsniveau und Fitnesslevel konnte keine Rede sein. Während Draxler vor zwei Wochen noch im Finale der Champions League gestanden hatte, feierte Leroy Sané eine Art Comeback, nachdem er seit seinem Kreuzbandriss vor etwas mehr als einem Jahr gerade mal elf Minuten gespielt hatte.

Bundestrainer Löw verzichtete auf einen ausgeklügelten Plan

Die Spanier und ihr gepflegter Fußball sind für Bundestrainer Löw einmal erklärtes Vorbild gewesen. Sie waren das Team, an dem er sich orientiert und dem er nachgeeifert hat. Unter anderen Bedingungen hätte Löw vermutlich wochenlang an dem richtigen Plan getüftelt, um diesem Gegner beizukommen. Darauf verzichtete er am Donnerstag notgedrungen.

Eine gewisse Präsenz und Aggressivität wollte er von seinen Spielern sehen – das war die einzige Vorgabe. Die deutschen Spieler sollten die Spanier entschlossen attackieren. Doch die Wirklichkeit sah genau umgekehrt aus. Es waren die Gäste, die schon früh störten, die deutschen Abwehrspieler gleich unter Druck zu setzen versuchten und damit einen gepflegten Spielaufbau geschickt unterbanden.

Trotzdem hatte Löws Team die ersten Gelegenheiten des Spiels. Thilo Kehrer kam nach einer Flanke von Kapitän Toni Kroos am zweiten Pfosten zum Kopfball, scheiterte aber an David de Gea. Der spanische Torhüter rettete auch gegen Julian Draxler, der es aus spitzem Winkel versuchte, sowie bei einem Schlenzer von Sané von der Strafraumgrenze.

Gosens ärgert sich über das Eiergegentor

Die Spanier hatten trotzdem mehr Ballbesitz und damit mehr Kontrolle über das Spiel. Ihre erste Chance resultierte allerdings aus einem Fehlpass von Emre Can, der in seiner Rolle als Innenverteidiger nicht immer eine glückliche Figur machte. Kevin Trapp im deutschen Tor trat zunächst am Ball vorbei, rettete dann aber mit einer Grätsche noch vor dem eigenen Strafraum gegen Rodrigo. Der Frankfurter parierte auch den Schuss von Busquets im Anschluss an eine Ecke und intervenierte in letzter Minute vor der Pause – erneut nach einem Fehler Cans – ein zweites Mal erfolgreich gegen Rodrigo.

So schlecht wie die erste Hälfte für die Deutschen geendet hatte, so gut begann die zweite. Gerade mal fünf Minuten waren vorüber, als ein präziser Pass von Ilkay Gündogan im linken offensiven Mittelfeld Robin Gosens fand, und der Timo Werner in der Mitte bediente. Der Neu-Londoner nahm den Ball noch einmal zur Seite mit und erzielte dann dann aus knapp 15 Metern sein zwölftes Tor für die deutsche Nationalmannschaft.

In der Folge wurde es deutlich munterer mit wesentlich mehr Offensivszenen auf beiden Seiten. Werner hatte nach einem Konter über Sané eine weitere gute Gelegenheit, traf aber nur das Außennetz.

Die Konzentration ließ nun auf beiden Seiten nach, die Kraft auch, so dass sich mehr Räume eröffneten. Spanien drängte, die deutsche Defensive verrammelte den eigenen Strafraum. Es war ein riskantes Unterfangen, Joachim Löw verzweifelte fast an der Seitenlinie – als ahnte er bereits, was kommen würde.

Die Nachspielzeit war schon abgelaufen, als Gosens eine letzte Hereingabe in den Strafraum nicht unterbinden konnte. „Es geht mir ordentlich auf den Zünder, dass wir in letzter Sekunde noch dieses Eiergegentor kassieren“, sagte der Debütant. (Tsp)

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