Weltmeister Nico Rosberg: Die Mentalität eines Champions
Der neue Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg hat in der gesamten Saison einen überragenden Kampfgeist demonstriert. Ein Kommentar.
Weil Nico Rosberg lieber Gemüse züchtet, als mit den Schönen und Angesagten zu feiern, halten ihn manche für glanzlos. Weil er der Sohn des früheren Weltmeisters Keke Rosberg ist, in Monaco aufwuchs und auch im härtesten Duell nicht die guten Manieren vergisst, sehen ihn viele als Wohlstandsjüngling ohne den nötigen Biss für die Kampfarena Formel 1. Seine höflich-diplomatische Art stößt auch Bernie Ecclestone auf, für ihn ist der geschniegelte Herr Rosberg aus dem Steuersparparadies ein Typ ohne Ecken, Kanten und Fans – einer, der sich nicht vermarkten lässt. Aber auch der gewiefte Formel-1-Geschäftsführer konnte es nicht verhindern: Nico Rosberg ist Weltmeister.
Und das hat er zuallererst sich selbst zu verdanken. Der Deutsche hat jenen Kampfgeist gezeigt, den ihm seine Kritiker absprachen: Erst hat er den Rekordweltmeister Michael Schumacher als Teamkollegen entzaubert und in die Rente geschickt. Als man ihm dann Lewis Hamilton bei Mercedes als Teamkollegen vorsetzte, hat er nicht Reißaus genommen, sondern sich für das Duell mit dem mutmaßlich schnellsten Fahrer im Feld gerüstet. Auch nach den beiden WM-Niederlagen gegen Hamilton ist der 31-Jährige nicht eingebrochen, sondern hat sich noch einmal in allen Bereichen verbessert. Er hat seine Stärken (Detailversessenheit, technisches Wissen) perfektioniert und an seinen Schwächen (Nervosität unter Druck, Zweikampfhärte) gearbeitet. So hat er ein Jahr am Rande seines Optimums hingelegt. Natürlich hat er auch Glück gehabt. Ist ihm das vorzuwerfen?
Durch sein gesteigertes Niveau hat Rosberg Hamilton in die Defensive getrieben
Nein. Lewis Hamilton und seine Follower mögen die Mär besingen, wonach Rosbergs Titelgewinn ausschließlich auf dem Technikpech des Briten beruht. Aber zur Wahrheit gehört auch: Durch sein gesteigertes Niveau hat Rosberg selbst den Druck auf Hamilton erhöht und ihn so in Fehler und damit von Beginn an in die Defensive getrieben. Sinnbildlich für diese Saison stand gleich der Auftakt in Melbourne: Hamilton fuhr zwar auf die Poleposition, verpatzte aber den Start und verlor das Duell in der ersten Kurve, weil Rosberg knallhart dagegen hielt. Hamiltons Patzer sind ein Resultat der Tatsache, dass Rosberg stets die Mentalität eines Champions gezeigt hat. Die bewahrte er sich bis zu den nervenaufreibenden letzten Runden in Abu Dhabi. Es gab in der Formel-1-Geschichte zuvor überhaupt nur einen Fahrer, dem es gelungen ist, nach einer WM-Niederlage gegen den eigenen Teamkollegen zurückzuschlagen und ihn als Weltmeister zu entthronen: Alain Prost.
Nico Rosberg darf sich in dieser Hinsicht nun auf einer Stufe mit der französischen Legende fühlen. Er mag nicht der glamouröseste Champion der Geschichte sein, aber er ist ein glanzvolles Beispiel dafür, dass sich harte Arbeit lohnt. Nico Rosberg ist ein würdiger Weltmeister.