Hertha BSC verliert wieder gegen RB Leipzig: Die Mauer steht im Olympiastadion nur kurz
Es ist ein bewegender Tag für Berlin. Nicht aber für Hertha BSC. Trotz einer phasenweise guten Leistung sind die Gastgeber beim 2:4 letztlich chancenlos.
Die Berliner Mauer war schon längst gestürzt, doch ihre Reste stellten immer noch ein schwer zu überwindendes Hindernis dar. Den Spielern von Hertha BSC schien das ganz recht zu sein. Ein wenig verschüchtert standen sie vor den Resten der Choreo, einer Replik der Mauer aus Pappmaschee, in sicherem Abstand zur Ostkurve. Nur zögernd wagten sie sich zu den Fans – und wurden mit Pfiffen empfangen. Auch Papierkugeln und leere Becher flogen ihnen entgegen. Die Stimmung bei Hertha BSC wird langsam ungemütlich.
Erst die Niederlage im Derby gegen Union und nun – zum 30. Jahrestag des Mauerfalls – auch noch das deutliche 2:4 (1:2) gegen den nicht besonders wohl gelittenen Emporkömmling Rasenballsport Leipzig. Herthas Spieler standen nach dem Schlusspfiff noch lange vor den Fans in der Ostkurve und mussten sich von ihren Ultras offensichtlich einiges anhören.
Dabei hatte der Nachmittag so stimmungsvoll begonnen: Auf den Anzeigetafeln erschienen Ernst Reuter, John F. Kennedy und Ronald Reagan, dazu emotionale Bilder aus dem Jubeljahr 1989. Hertha hatte sich zum Mauerfall vor 30 Jahren einiges einfallen lassen. Ein blau-weißer Trabi mit knatterndem Zweitakter durchbrach die Mauer vor der Ostkurve.
Im Vergleich zu den Feierlichkeiten vor dem Anpfiff sah der Plan von Herthas Trainer Ante Covic recht simpel aus: hinten massiv und sicher stehen, die Bälle aus der Abwehr auf den schnellen Dodi Lukebakio in der Spitze bolzen – und dann mal sehen, was der damit anfangen kann.
Mittelstädt trifft mit seinem schwächeren Fuß
Der Plan war nicht einmal verkehrt. Hertha nahm den Gästen, die in den drei Pflichtspielen zuvor 16 Tore erzielt hatten, lange die Freude am Spiel. „Wir haben einem ordentlichen Gegner phasenweise ordentlich Paroli geboten“, sagte Covic. In der ersten Viertelstunde kamen die Leipziger zwar zu 70 Prozent Ballbesitz, die erste Chance aber hatten die Berliner: Nach einem Befreiungsschlag von Lukas Klünter konnte Lukebakio den Ball auf den mitgelaufenen Vladimir Darida weiterleiten. Der Tscheche brachte allerdings nur ein harmloses Schüsschen zustande.
Beim zweiten Versuch, nach gut einer Viertelstunde, funktionierte es besser. Lukebakio spielte Maximilian Mittelstädt an, und der traf mit seinem schwächeren rechten Fuß exakt neben den Pfosten zum 1:0. „In der ersten Halbzeit haben wir streckenweise gezeigt, was wir vorhaben“, sagte Herthas Stürmer Davie Selke.
Zwar sind manche Entscheidungen des Schiedsrichters nicht nachzuvollziehen und man kann auch sagen, dass er mit dem Elfmeter das Spiel gedreht hat, aber dass Hertha zu wenig im Spiel nach vorne bringt, ist hausgemacht.
schreibt NutzerIn kranioklast
Die bisherigen drei Heimspiele gegen Leipzig hatten die Berliner allesamt verloren, mit einer Tordifferenz von 3:13. Dass die Begegnung bis zur Pause wieder den gewohnten Verlauf nahm, lag vor allem an Karim Rekik. Nur etwas mehr als fünf Minuten nach Herthas Führung bekam der Holländer den Ball im eigenen Strafraum an den Arm; nach Ansicht der Videobilder entschied der Schiedsrichter auf Handelfmeter. „Ein Kann-Elfmeter, definitiv kein Muss-Elfmeter“, sagte selbst Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann. Trotzdem verwandelte Timo Werner zum 1:1.
Zwei Elfmeter, ein Eigentor, das war Rekiks persönliche Bilanz in dieser Saison – bis zur Nachspielzeit der ersten Hälfte. Da kam Marcel Sabitzer kurz vor dem Strafraum zum Schuss, und Rekik fälschte den Ball so ab, dass Berlins Torhüter Rune Jarstein keine Abwehrchance hatte.
Ilsanker dicht vor dem Platzverweis
Nach der Pause war Hertha aktiver, hatte mehr Ballbesitz – und Leipzig gleich mehrmals Glück. Zunächst als der schon verwarnte Innenverteidiger Stefan Ilsanker nach einem Foul gegen Javairo Dilrosun um seine zweite Gelbe Karte herumkam. Und dann als Konrad Laimer im Leipziger Strafraum nicht nur den Ball an den ausgestreckten Arm bekam, sondern auch noch Niklas Stark erwischte, der mit einem Nasenbeinbruch ausgewechselt werden musste.
Doch es gab weder Hand- noch Foulelfmeter für die Berliner, was Maximilian Mittelstädt nicht verstehen konnte. „Nik wird die Nase gebrochen, und der Schiedsrichter schaut sich das nicht mal an. Ich verstehe die Welt nicht mehr.“
So war dieser 9. November 2019 ein bewegender Tag für Berlin – nicht aber für Hertha BSC. Der eingewechselte Selke erzielte zwar in der Nachspielzeit sein erstes Saisontor. Da aber kurz zuvor Kevin Kampl und Timo Werner für die Leipziger getroffen hatten, verkürzte er lediglich zum 2:4-Endstand. So könnte Hertha BSC in den nächsten Wochen tatsächlich ein ziemlich spannendes Fußball-Projekt werden. Allerdings anders, als der neue Aufsichtsrat Jürgen Klinsmann sich das vermutlich vorgestellt hat.