Sprinter Deniz Almas zur Özil-Debatte: "Die Leichtathletik ist vielleicht toleranter als der Fußball"
Der Leichtathlet Deniz Almas wuchs in der schwäbischen Provinz auf – und fühlt sich trotz seines türkischen Vaters "von der Özil-Geschichte nicht betroffen".
Mit den großen Fragen des Lebens musste sich Deniz Tim Almas, 21, bislang nicht zwingend auseinandersetzen. Der deutsche Sprinter ist 100-Meter-Spezialist. Zwischen zehn und elf Sekunden benötigt er für diese Distanz, je nachdem ob es eben besser oder weniger gut läuft. 10,33 steht als persönliche Bestleistung im Internet. Almas startet für den VfL Sindelfingen, aber eben auch für Deutschland. Er kommt aus einem kleinen Dorf in der Nähe des baden-württembergischen Städtchens Calw. Wäre Özil nicht, würde sich für Almas wohl erst jemand interessieren, wenn er konstant unter zehn Sekunden liefe.
Wie Özil hat aber auch Almas einen sogenannten türkischen Hintergrund, der Vater stammt aus der Türkei. Und so stellt sich die Frage, welche Bedeutung das große Thema eigentlich im Kleinen hat, natürlich an jene, die unmittelbar davon betroffen sein müssten.
"Ich sehe mich als Deutscher, weil ich hier aufgewachsen bin"
Almas aber sagt: „Persönlich fühle ich mich durch die Özil-Geschichte nicht betroffen.“ Dann führt er aus, warum das angebliche Spitzenthema der letzten Wochen ihn nur peripher berührt hat: „Ich bin in einem kleinen Dorf groß geworden, in dem heile Welt herrschte. Mit Rassismus bin ich nicht in Berührung gekommen.“ Und: „Multikulti sind ich und mein Umfeld gewohnt, die Leichtathletik ist da vielleicht ein bisschen toleranter als der Fußball.“ Almas lässt durchblicken, dass über die Sache schon gesprochen werde, über das Foto und das ganze Drumherum. Als Moderator oder Experte fühlt er sich aber nicht. Vielleicht hat das auch mit der folgenden Aussage zu tun: „Meine Mutter ist Deutsche, mein Vater Türke. Ich sehe mich als Deutscher, weil ich hier aufgewachsen bin. Wir fahren zwar regelmäßig in die Türkei in den Urlaub, aber meine Wurzeln liegen klar hier.“ Natürlich sehe man ihm an, dass er einen „migrantischen Hintergrund“ habe.
„Aber als ,Deutsch-Türke’, wenn man das denn so bezeichnen will, habe ich nur positive Erfahrungen gemacht. Das war bei uns das Normalste der Welt.“ Bei uns, damit meint Almas das 2500-Einwohner-Dorf, in dem er nahe Calw aufgewachsen ist. „Ich komme nicht aus dem Ruhrpott wie Özil. Vielleicht lebt es sich in diesen überschaubaren Strukturen einfacher“, schlussfolgert er. Und dann erzählt Almas, dass er sich über seinen bikulturellen Hintergrund nur einmal wirklich Gedanken gemacht habe: „Bevor ich nach Leipzig, nach Sachsen, zog, hatte ich ein bisschen Angst. Ich hatte wirklich Zweifel, ob ich hier so normal leben kann wie zuhause.“ Er stellte fest: „Bislang waren die Zweifel völlig unbegründet, Leipzig ist eine tolle Stadt.“