Hertha blamiert sich gegen Frankfurt: Die Fans rufen „Korkut raus!“
Hertha spielt bei der 1:4-Heimniederlage gegen Frankfurt wie ein Absteiger. Die Anhänger sind schwer verärgert. Für Trainer Korkut dürfte es nun schwer werden.
Es war kühl im Olympiastadion, aber sonnig. Und die Kulisse war so groß wie seit Ende Oktober nicht mehr bei einem Heimspiel von Hertha BSC: 25.000 Fans, unter den aktuellen Coronabestimmungen bedeutet das ausverkauft. Viele der Anhänger sangen Mitte der zweiten Hälfte „Oh, wie ist das schön“. Der Haken: Hertha lag 1:4 gegen Eintracht Frankfurt zurück, die Anhänger begleiteten das Spiel nur noch mit Hohn und Spott. Es blieb bis zum Ende beim 1:4 (0:1).
„Jeder weiß, dass das zu wenig war“, sagte Innenverteidiger Marc Kempf bei „Sky“ und wurde deutlich: „Ich weiß nicht, ob manche nicht verstanden haben, dass wir im Abstiegskampf sind. Wir waren nur Statisten.“ Eine erstaunliche Aussage nach einem Spiel, das für Hertha im Kampf um den Klassenerhalt die Wende einleiten sollte.
Trainer Tayfun Korkut, der sich „enttäuscht und sauer“ zeigte, sagte: „Als Hauptverantwortlicher für das Spiel kann ich natürlich nullkommanull zufrieden sein. Die Leistung war nicht gut genug.“ Sie war sogar ziemlich schlecht. Der Druck auf den Trainer wird weiter zunehmen.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen:leute.tagesspiegel.de]
Die Berliner haben in den letzten drei Partien 13 Gegentore bekommen. Sie sind in der Rückrunde weiter sieglos und verharren auf Platz 16 der Fußball-Bundesliga. Das noch viel größere Problem ist die Art und Weise, wie die Mannschaft gegen Frankfurt auftrat. Gegen einen Kontrahenten, der zuvor dreimal in Folge verloren hatte, war Hertha von Anfang bis Ende völlig chancenlos.
Dabei hatte Korkut nach langer Zeit mal wieder reichlich Auswahl in Sachen Personal gehabt. Im Vergleich zum 0:3 beim SC Freiburg nahm er drei Wechsel in der Startelf vor. Maximilian Mittelstädt, Kempf nach seiner Rotsperre und überraschend auch Dongjun Lee mit seinem Debüt in der ersten Elf spielten von Beginn an – Linus Gechter sowie Ishak Belfodil saßen auf der Bank, Fredrik-André Björkan stand nicht im Kader. Das galt auch für Jurgen Ekkelenkamp.
Es gab zudem ein neues Innenverteidiger-Duo, das zehnte in dieser Spielzeit: Kempf und Dedryck Boyata. Beide fielen früh durch Unsicherheiten auf. Kempf spielte einen Fehlpass auf Daichi Kamada, bügelte diesen aber aus, indem er Jesper Lindström vor dem Tor stoppte. Einige Minuten danach verlor Boyata den Ball im Mittelfeld gegen Rafael Borré. Einen Steilpass später lief Lindström allein auf das Tor zu, doch Marcel Lotka, der wieder Alexander Schwolow vertrat, eilte weit heraus und klärte. „Wir haben Frankfurt zur einen oder anderen Chance eingeladen“, sagte Korkut.
In der 17. Minute bestrafte die Eintracht Herthas Schwächen in der Defensive. Weder Peter Pekarik noch Lee konnte die Flanke von Filip Kostic verhindern, in der Mitte rutschte Mittelstädt weg und Ansgar Knauff köpfte ein. Die Gastgeber waren nicht nur hinten schwach, sie brachten auch nach vorn fast nichts zustande. „Bei Ballbesitz waren wir viel zu unruhig“, bemängelte Korkut. Den einen oder anderen Schuss gab es, aber Stevan Jovetic verzog und der Versuch von Vladimir Darida landete in den Armen von Torwart Kevin Trapp.
Lee mühte sich vergebens
Gleich mehrmals in der ersten Halbzeit war Lee im Mittelfeld in aussichtsreicher Position gestartet, konnte sich jedoch nicht in einer Situation durchsetzen. Wobei die Szene in der 32. Minute strittig war, als Evan Ndicka den Südkoreaner im Strafraum deutlich berührte und dieser zu Fall kam. Schiedsrichter Harm Osmers entschied nach kurzem Kontakt mit dem VAR auf Ecke statt Elfmeter.
Schon zur Halbzeit waren die Fans, die anfangs voll hinter der Mannschaft gestanden hatten, komplett bedient. Es gab laute Pfiffe. Und es ging schlecht weiter: Jovetic nahm den Zweikampf mit Knauff nicht an, Lotka orientierte sich nach dessen Flanke nicht zielstrebig zum Ball. So konnte Ndicka für Tuta auflegen, der vollendete. Von den Rängen folgte auf „wir haben die Schnauze voll“ schnell „Korkut raus“.
Hertha war auch anschließend dabei behilflich, den Frankfurtern zusätzliches Selbstvertrauen zu verschaffen: Lotka kam nach einem langen Pass der Gäste aus dem Tor, obwohl Boyata bei Borré war. Der Torwart klärte, allerdings in den Fuß von Lindström, der per Heber traf. „Einen brutalen Nackenschlag“ nannte Korkut die beiden Gegentore in den ersten elf Minuten nach dem Wechsel.
Korkut hatte kurz zuvor bei 0:2 wechseln wollen, tat es nun bei 0:3: Er brachte Belfodil, Kevin-Prince Boateng und Davie Selke für Marco Richter, Lee und Darida. Und es tat sich etwas: Selke knallte den Ball volley von außerhalb des Strafraums ins Tor. Hertha war wieder im Spiel, für zwei Minuten. Dann legte Kamada für Borré ab, Boyata stolperte beim Abwehrversuch und Borré traf.
Das Spiel war entschieden, Frankfurt ließ Hertha machen. Heraus kam dabei nichts mehr. Größter Aufreger war noch eine Rudelbildung an der Seitenauslinie, in deren Folge Mittelstädt die Gelbe Karte sah. Nach dem Abpfiff stand den Spielern ein schwerer Gang bevor – in die Ostkurve. Dort warteten aufgebrachte Fans, Getränkebecher flogen. „Dem müssen wir uns stellen, da dürfen die Fans auch mal Dampf ablassen“, sagte Selke.