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Endlich mal einschlagen. Bei den Chicago Cubs soll in der jetzt beginnenden Saison wirklich mehr klappen. Darauf können sich auch Third Base Coach Gary Jones und Centerfielder Dexter Fowler (rechts) verständigen.
© Reuters/USA Today

Baseball - MLB: Die Chicago Cubs und der Fluch der stinkenden Ziege

107 Jahre vergebliches Hoffen: Die Chicago Cubs sind in der neuen Saison trotz ihrer Vergangenheit der Favorit auf den Titel in der Major League Baseball.

Im Norden Chicagos sind sie in diesem Frühling wieder einmal guter Dinge. Denn 2016 könnte das Jahr sein. Das Jahr, in dem die Cubs endlich wieder eine Meisterschaft in der Major League Baseball (MLB) gewinnen. 1908 gelang dies zum bislang letzten Mal, seit 1945 haben die Cubs nicht einmal mehr die Finalspiele der World Series erreicht. Kein Team im US-Sport wartet so lange auf einen Titelgewinn. „Auf dem Papier stehen unsere Chancen ganz gut. Wir haben eine wirklich starke Mannschaft“, sagt Kris Bryant. Der 24-Jährige ist einer der vielen jungen Stars im Team der Chicago Cubs und damit einer der Gründe für den Optimismus bei allen Fans des Klubs. In der vergangenen Saison erreichte das Team bereits das Halbfinale in den Play-offs und nährte damit erst recht die Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft. „Wir haben das letzte Jahr nicht so beendet wie wir das wollten. Und deshalb werden wir in dieser Saison alles versuchen, den nächsten Schritt zu machen“, sagt Bryant.

Dieser nächste Schritt war in Chicago allerdings schon häufiger der schwerste. Und längst ranken sich allerlei absonderliche Geschichten um das Team der Cubs. Da ist die Geschichte von Billy Sianis, einem Kneipenbesitzer, der bei der letzten World Series 1945 des Stadions verwiesen wurde, weil seine mitgebrachte Ziege so stank. Sianis verfluchte daraufhin die Cubs und prophezeite ihnen, dass sie nie wieder gewinnen würden. Seine Ziege hörte auf den Namen Murphy, und als Chicago 2015 im Halbfinale gegen die New York Mets mit 0:4 nach Siegen verlor, hieß der überragende gegnerische Spieler ausgerechnet Daniel Murphy. Wieder wurde es nichts mit der Meisterschaft, obwohl im Film „Zurück in die Zukunft II“ der Sieg der Cubs in der World Series 2015 noch vorhergesagt worden war. Doch selbst Hollywood kann irren, wenn es um die ewigen Verlierer aus Chicago geht.

Und dann ist da natürlich die tragische Geschichte um Steve Bartman, den wohl bedauernswertesten Cubs-Fan überhaupt. Der tat in den Play-offs 2003 das, was alle Zuschauer in einem Baseballstadion tun, wenn ein Ball in ihre Richtung fliegt. Er versuchte ihn zu fangen. Dummerweise behinderte er dabei einen Spieler seiner Mannschaft, so dass ein mögliches gegnerisches Aus nicht zustande kam. Nach dieser Aktion brach das Team der Cubs völlig auseinander und vergab einen vermeintlich sicheren Sieg und den damit verbundenen Einzug in die World Series doch noch. Für Bartman begann anschließend ein Spießrutenlauf, er erhielt Morddrohungen und zog sich völlig zurück. Bis zum heutigen Tag hat er sich nicht wieder öffentlich gezeigt, etliche Interviewanfragen und viel Geld ausgeschlagen. Auch alle Einladungen, noch einmal ein Cubs-Spiel zu besuchen, lehnte Bartman bislang ab. Auch für ihn geht das endlose Warten weiter.

Die Wettanbieter sahen das Team aus Chicago vor dem Beginn der neuen Saison als Topfavorit

Doch diesmal, so glauben viele, könnte es wirklich klappen. Die Wettanbieter sehen das Team aus Chicago vor dem Beginn der neuen Saison am Sonntag - zum Auftakt siegten die Cubs am Montag vor über 44.000 Zuschauern 9:0 bei den LA Angels - als Topfavoriten auf den Titel. Die Mannschaft ist ein Jahr reifer, dazu wurde sie mit erfahrenen Spielern verstärkt. Doch so eine Baseball-Saison ist schwer vorhersehbar. Es gehört auch Glück dazu, vor allem das Glück, dass die besten Spieler gesund bleiben.

Und dann ist da auch noch der Kopf. „Wir haben die World Series seit einem Jahrhundert nicht mehr gewonnen. Es gibt also keinen Grund selbstgefällig oder großspurig zu werden“, mahnt Manager Joe Maddon. Der 62-Jährige ist das Gegenteil der jungen Wilden bei den Cubs. Er strahlt Ruhe und unendliche Erfahrung aus und gibt dem Team damit von außen genau das, was ihm auf dem Feld fehlt. Und trotzdem wird auch er sich daran messen lassen müssen, was er mit dieser talentierten Mannschaft 2016 erreicht. Denn der Optimismus im Norden Chicagos war im Frühling schon so manches Mal groß, doch am Ende blieb den Fans in 107 Jahren immer nur eines – die Hoffnung auf die nächste Saison.

Jörg Leopold

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