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Genießt auch bei Fußballfans keinen guten Ruf: der Wochentag Montag.
© Uwe Anspach/dpa

Terminierung von Fußballspielen: Die Bundesliga gehört ins Wochenende

Die Kritik an den Montagsspielen muss ernst genommen werden. Sonst entfremden sich Fans immer weiter von Vereinen und Verbänden. Ein Kommentar.

575 Kilometer sind es von Augsburg nach Dortmund, über sechs Stunden dauert die Fahrt. Eine lange Anreise, aber für echte Fans noch kein Hindernis auf dem Weg zu einem Auswärtsspiel ihres Lieblingsvereins. Der Termin ist es schon. Zum zweiten Mal in der Bundesligageschichte fand eine Partie am Montagabend statt, Borussia Dortmund gegen den FC Augsburg. Wer den FCA trotzdem auswärts unterstützen wollte, musste sich zwei Tage freinehmen, die Schule schwänzen oder durchmachen.

Doch nicht nur die aktiven Fanszenen, die oftmals schon Stunden vor dem Anpfiff Choreographien vorbereiten und den Support auf den Tribünen organisieren, leiden unter der Terminierung. Für viele Anhänger, ob im Stadion oder vor dem Fernseher, bedeutet die Bundesliga eine Auszeit vom Alltag. Der Beginn einer stressigen Arbeitswoche eignet sich dafür denkbar schlecht. Vereine und Verbände sehen das anders. Sie haben vor allem die Vorteile eines zusätzlichen Abendspiels im Blick. Durch den Verkauf der Fernsehrechte verdienen sie ein paar zusätzliche Millionen Euro pro Jahr.

"Montag Fußball ist wie Urlaub in Offenbach"

Generell gilt die Formel: Je zersplitterter der Spieltag, desto voller das Programmangebot der Sportanbieter und der Geldbeutel der Klubs. Während die Fernsehgelder stiegen, hat sich die Bundesligaübertragung ausgebreitet, von Freitag- bis Montagabend. Fernsehrechte über Fanrechte - eine Prioritätensetzung, die bei der Premiere vergangene Woche für massive Kritik sorgte. Mit Trillerpfeifen, Transparenten und Tennisbällen wehrte sich der Frankfurter Anhang gegen den drohenden „Tod der Fankultur“ oder etwas weniger dramatisch: „Montag Fußball ist wie Urlaub in Offenbach“, wie es auf einem Plakat hieß.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) behauptet in einer Stellungnahme, die Mehreinnahmen durch die zusätzlichen Montagsspiele hätten bei der Entscheidung keine Rolle gespielt. Es gehe um die Regenerationszeit der Spieler, die donnerstags in der Europa League auflaufen müssen. Gleichzeitig solle der Amateurfußball gestärkt werden, dem zu wenig Aufmerksamkeit zuteilwürde. Es fällt schwer, dieser Argumentation Glauben zu schenken. Internationale Spiele finden bekanntlich nicht erst seit gestern donnerstags statt. Die Befindlichkeiten des kleinen Amateurfußballs spielten im Profifußball bisher kaum eine Rolle.

Es geht nicht um fünf Montagsspiele oder eine nervige Schlagerhymne

Der Versuch, die Debatte und die Auswirkungen der veränderten Spieltage kleinzureden, scheitert schon an der enormen Resonanz im Stadion. Verfechter der Montagsspiele argumentieren, es seien lediglich fünf von 306 Partien betroffen. Das sei verkraftbar. Dabei begehen sie den gleichen Denkfehler, wie beim Ärger über den Auftritt von Helene Fischer im DFB-Pokalfinale. Fünf Montagsspiele oder eine nervige Schlagerhymne sind nicht der Kern des Problems. Sie stehen sinnbildlich für eine Entwicklung, in der Profit und Event mehr zählen als die Meinung der Anhängerschaft.

Bei den Protesten schwingt der Unmut über teure Eintrittskarten mit, über Fußballvereine in Investorenhänden und das Vorhaben des DFB, eine chinesische Juniorenmannschaft in den Spielplan der Regionalliga Südwest zu integrieren. Für einen Teil der Fans Negativbeispiele eines durchökonomisierten Fußballs. Mehr als 25 000 Anhänger blieben der Begegnung zwischen Dortmund und Augsburg fern. Weil Mitglieder von über 350 Fanclubs das Spiel boykottierten, war das Dortmunder Stadion so schlecht besucht wie zuletzt vor zehn Jahren. Die "Gelbe Wand", die Südtribüne im Dortmunder Stadion und der Rückhalt der Mannschaft, bröckelte. Ein Vorgeschmack, wie still es auf den Rängen werden könnte, wenn die Fans den Eindruck gewinnen, ihre Belange zählten nicht mehr. Weder montags noch an einem anderen Tag der Woche.

Paul Schwenn

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