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Der SV Berliner Brauereien, hier im Kreisliga-Duell mit dem FC Grunewald.
© SV Berliner Brauereien

Kolumne Berliner Fußball: Die "Brauer" sind bereit

Der SV Berliner Brauereien trifft in der zweiten Runde des Berliner Verbandspokals auf den Regionalliga-Aufsteiger FC Viktoria. Was Spiele gegen haushohe Favoriten angeht, hat der Kreisligist aus Berlin-Mitte schon Erfahrung.

Vor einem Monat fand die erste Runde des Berliner Pokalwettbewerbs statt.  Wer hier gewinnen und nächstes Jahr im DFB Pokal spielen will, für den fing da die lange Reise an. Aber es gibt eigentlich nur sehr wenige Mannschaften, die wirklich eine Chance haben, so weit zu kommen. Die Regionalligisten BAK und Viktoria, sowie Oberliga-Tabellenführer BFC Dynamo sind klare Favoriten. Die Oberligisten Altglienicke, Lichtenberg 47, Hürtürkel sowie Berlin-Liga Topmannschaften wie Stern 1900, Mahlsdorf und Tennis Borussia hoffen ebenfalls auf ein Endspiel in Juni im Jahnstadion.

Für solche Klubs ist der Berliner Pokal unfassbar wichtig. Es gibt keinen schnelleren Weg, ein Haufen Geld zu verdienen und das Turnier wird dementsprechend ernst genommen. Sieht man auch. In der ersten Runde hat BAK den Bezirksligisten Hürriyet-Burgund 20:1 geschlagen. Gemein, ja, auch unnötig, aber es hat gezeigt, dass der Pokal für die kleine Mannschaften einfach kein Reiz hat. Das erklärt vielleicht auch, warum die Spieler von Union Südost unter Manipulationsverdacht nach der 3:6-Niederlage gegen Blankenburg stehen – ein Pokalspiel zu verlieren ist nicht so schlimm wie ein Ligaspiel. Man wird ja irgendwann eh chancenlos sein und verlieren – besser in der ersten Runde als im Halbfinale.

Hat Michael Kraack, Trainer vom SV Berliner Brauereien, sich also gefreut, als seine Kreisligamannschaft gegen Regionalligist Viktoria gelost wurde? „Ja, sicher. Wir sind vor allem froh, dass wir nicht auswärts spielen müssen – das ist schön, für die paar Fans, die wir immer bei uns haben.“ Ein kleines Fußballfest wird im Paul-Heyse-Stadion geplant und es gibt natürlich sehr viel zu tun. „Alle sind fleißig am Arbeiten: Kuchen vorbereiten, Aufgaben verteilen, wer macht den Grill, wer macht den Ordnungsdienst“, erklärt Kraack.

Obwohl die „Brauer“ in der neunten Liga spielt, hat der Klub schon ein bisschen Erfahrung, was ein Spiel gegen einen größeren Vereinen betrifft: letztes Jahr war Lichtenberg 47 im Pokal zu Besuch und hat 5:0 gewonnen. Es gab 150 Zuschauer, viel mehr als sonst, aber die Gewinne fielen für Berliner Brauereien sehr gering aus. „Eigentlich verdient man nichts, weil im Pokal die Einnahmen geteilt werden. Da ist man gespannt, ob der höherklassige Gegner sagt: OK, das Geld könnt ihr behalten. Letztes Jahr wollte Lichtenberg 47 von den etwa 130 Euro, die wir eingenommen hatten, ihre Hälfte haben.“ Es ist eine ganze Menge Aufwand für so einen kleinen Verein, alles zu organisieren – und dann wird die Mannschaft auf dem Feld zerschlagen. Ist Kraack denn auch der Meinung, dass der Pokal für die kleine Vereine nichts mehr als eine Zeitverschwendung ist? „Das kann man so oder so sehen. Die Mannschaften, die nicht eine Runde weitergekommen sind, haben jetzt eine Pause. Andererseits bleiben die anderen im Rhythmus. Und es ist auch ein Erlebnis, gegen so eine Mannschaft zu spielen. Insgesamt finde ich es aber schon ein bisschen fragwürdig, wenn eine Regionalligamannschaft gegen Kreisliga A oder B spielt. Die Chancen, dass es da eine Überraschung gibt, sind doch extrem gering.“

Trotzdem bereitet Kraack seine Truppe sorgfältig vor. Es ist völlig klar, dass der SV Berliner Brauereien verlieren wird – da hat der Coach keine falschen Vorstellungen. Ihm ist es aber wichtig, dass seine Mannschaft sich gut präsentiert. „Gegen Viktoria werden wir nicht blind ins Verderben laufen. Wir wollen auch zu Torschüssen kommen. Wir wollen tief stehen, das ist klar, aber dann halt probieren, den Ball nicht gleich wegzuschießen.“ Die schwere Aufgabe, für die Torschüsse zu sorgen, fällt dabei Phillip Eckardt zu, der letztes Jahr 40 Tore in der Kreisliga B geschossen hat.

„Wir werden kämpfen bis wir umfallen und nach dem Spiel wollen wir sagen, OK, das war gut, wir haben was gelernt und das wollen wir in den Liga-Alltag mitnehmen“, meint Kraack. Es ist einfach eine Frage der Einstellung. Der Trainer der Brauereien wirkt äußerst professionell und man spürt, dass er sich sich gegen eine viel bessere Mannschaft testen und seinen Verein gut repräsentieren will. Egal, ob es viel Aufwand ist. Egal, ob wenig Geld verdient wird. Egal, ob seine Mannschaft höchstwahrscheinlich 0:5 oder 0:6 oder noch höher verlieren wird. Hauptsache ist, dass man sportlich mitmacht, Spaß hat und hoffentlich auch was lernt. Darum geht es doch eigentlich beim Fußball, oder?

Berlins Topspiel der Woche: SV Berliner Brauereien - FC Viktoria Berlin-Lichterfelde-Tempelhof (Berliner Pokal, 2. Hauptrunde); 12.10.13, 16 Uhr, Sportanlage Paul-Heyse-Straße

Stephen Glennon kommt aus Irland, lebt seit 2005 in Berlin und ist Mitgründer des englischsprachigen Berliner Fußballmagazins No Dice.  Für den Tagesspiegel schreibt Glennon immer freitags über den Berliner Fußball.

Bilder und Spielberichte von„No Dice” auf Facebook: https://www.facebook.com/NoDiceMagazine

Stephen Glennon

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