Weitere Fan-Eskalation bleibt aus: Die Bayern ziehen schmucklos ins Halbfinale ein
Überlegen, aber wenig glanzvoll: Die Münchner stehen nach einem 1:0-Sieg im Halbfinale des DFB-Pokals. Die Bayern-Fans verzichten diesmal auf Plakat-Aktionen.
Der erste Schock kam früh. Kurz nachdem Schiedsrichter Tobias Stieler das DFB-Pokal-Viertelfinale zwischen Schalkern und Bayern angepfiffen hatte, entrollten die Heimfans mehrere königsblaue Spruchbänder, um Stellung in der aufgeregt geführten Causa Dietmar Hopp zu beziehen.
Gerne hätte man erfahren, welche Gedanken dem Schalker Sportvorstand Jochen Schneider in diesem Moment wohl durch den Kopf schossen. „Vielleicht brauchen wir einen Einstufenplan: Ein Transparent – Spielabbruch!“, hatte dieser vor dem Pokalduell gesagt und sich damit bei diesem Thema in die lange Reihe der Law-and-Order-Funktionäre gestellt.
Die Bayern-Fans verzichten diesmal auf Plakataktionen
Aber soweit kam es dann doch nicht, die Bayern fuhren einen planmäßigen 0:1 (0:1)-Sieg nach 93 Minuten ein, den Joshua Kimmich in der ersten Halbzeit mit einem feinen Schuss ins Eck sicherstellte. Die Bayern stehen damit – wieder einmal – im Halbfinale des DFB-Pokals.
Zuvor hatten sich die Schalker Fans glücklicherweise auf eine sanfte Schmähkritik beschränkt. „Dementer Fußball-Bund“, stand auf dem obersten von drei Plakaten. „Zusage gegen Kollektivstrafen vergessen“, war auf dem zweiten zu lesen. „Versucht ihr nun uns Fans mit Spielabbruch zu erpressen“, hieß es auf dem dritten. Es durfte als Replik auf die harte Rhetorik von Schneider, Rummenigge und Co. verstanden werden. Die Bayern-Fans verzichteten gänzlich auf Plakataktionen.
Auf dem Platz waren die Spieler der Heimelf zunächst ebenfalls präsenter. Schnell trugen sie ihre Konter vor, zwei exzellente Chancen für Alessandro Schöpf und Guido Burgstaller resultierten daraus. Schöpf zielte knapp vorbei, Burgstaller traf nach feiner Vorarbeit durch Weston McKennie die Latte. Die blau-weißen Anhänger in der mit 62.271 Zuschauern ausverkauften Arena waren bester Laune, erst recht als Burgstaller nach 20 Minuten sogar ins Tor traf. Nur verhallte der Jubel über die vermeintliche Führung schnell wieder, Abseits, auch bestätigt durch den Videobeweis.
Die Bayern begannen etwas verhaltener und überraschend mit Kimmich in der Innenverteidigung. Zusammen mit David Alaba bildete der deutsche Nationalspieler die körperlich wohl kleinste Defensivzentrale der Welt, aber das sollte zweitrangig sein. Oftmals reicht es ja aus, am richtigen Ort das Richtige zu tun. Und so tauchte Kimmich nach 40 Minuten am Schalker Strafraum auf und setzte den Ball aus rund 18 Metern flach ins lange Eck. Schalkes Torwart Markus Schubert, der den zuletzt äußerst fehleranfälligen Alexander Nübel ersetzte, war machtlos.
Die Führung fiel nur folgerichtig, sukzessive hatte Bayerns Ballbesitzmaschine den Druck auf Schalkes Hintermannschaft erhöht. Doch bis Kimmich auf den Plan trat, hatte es den Münchnern im Abschluss an Präzision gemangelt.
Die Bayern kontrollieren das Spiel auch in der zweiten Hälfte
Selbiges war auch nach der Pause zu beobachten, als Müller zum Eckball schritt und den Ball gedankenlos ins Toraus passte. Geplant war ein kurzes Anspiel auf den freistehenden Coutinho. Dem Pokalduell fehlte in der Folge die Spannung, die Schalker konnten nicht so, wie sie wollten, bei den Bayern war es genau umgekehrt.
Die erste Schalker Ecke gab es bezeichnenderweise erst nach knapp über einer Stunde, zu diesem Zeitpunkt hatten die Münchner schon deren zehn ausgeführt. Etwas gefährlich wurde es, als Rabbi Matondo mehrere Raketenstufen gleichzeitig zündete, förmlich die rechte Außenbahn entlang flog; doch hinter die von Thiago noch leicht abgefälschte Hereingabe brachte Schalkes Stürmer Benito Raman zu wenig Druck, der Ball kullerte in die Hände des weitgehend beschäftigungslosen Manuel Neuer.
Die Bayern kontrollierten aber im zweiten Durchgang über weite Strecken erbarmungslos, nur das Tor trafen sie nicht. Gnabry vergab aus spitzem Winkel, eine Kimmich-Ecke setzte Goretzka völlig freistehend neben das Tor, ein sehr ansehnlicher Fallrückzieher-Versuch des Ex-Schalkers landete knapp darüber. Pech hatte auch Coutinho, als sein Schlenzer aus 16 Metern nur an die Latte klatschte.
Und so zogen die Minuten vorüber, von einem Pokalkampf war wenig zu spüren. Dass den Schalkern in den vergangenen vier Spielen lediglich ein Tor geglückt war und der letzte Pflichtspiel-Sieg aus dem Pokal-Achtelfinale (3:2 gegen Hertha BSC) resultierte, dürfte auch den Münchnern bekannt gewesen sein.
Und so verwalteten sie sachlich-nüchtern ihr 1:0. Da nutzte es den Gastgebern auch nichts, dass wenigstens die Fans noch an eine Wende glaubten. „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“, sangen die heimischen Besucher nach 80 Minuten, vielleicht aber auch mehr aus der Verzweiflung heraus.