Zweiter Sieg bei Handball-WM in Katar: Deutschland vor Einzug ins Achtelfinale
Die deutschen Handballer fahren gegen Russland nach hartem Kampf den zweiten Erfolg im zweiten Spiel ein und benötigen aus den verbleibenden drei Vorrundenspielen nur noch einen Sieg für den Einzug ins Achtelfinale.
Erik Schmidt drehte dem Spielfeld den Rücken zu und machte sich seine naturgegebenen Vorteile zu Nutzen. Mit ausgestreckten Armen stand der 2,04-Meter-Hüne vor der Wechselbank und hinderte seine Kollegen daran, vorzeitig das Feld zu stürmen. Bis hierhin – und keinen Zentimeter weiter! Als die letzten vier Sekunden auf dem großen Videowürfel in der Lusail-Halle in Doha abgelaufen waren, öffnete Schmidt die Schranken – und wurde beinahe umgerannt.
Gegen einen derartigen Ansturm wie am Sonntag konnten nicht mal die gut 100 Kilo Körpergewicht des Kreisläufers der deutschen Nationalmannschaft etwas ausrichten. Und selbst wenn Schmidt tatsächlich umgekippt wäre – er hätte es verkraftet an diesem hochdramatischen Abend. Bei der Handball-WM in Katar setzte sich die deutsche Auswahl im zweiten von fünf Vorrundenspielen mit 27:26 (9:13) gegen Russland durch. Nach dem Auftaktsieg gegen Polen am Freitag übernimmt die Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson damit zumindest für die nächsten zwei Tage die Tabellenführung in der Gruppe D. „Wenn wir gewinnen, bin ich immer zufrieden. Nach dem Wie fragt morgen kein Mensch mehr“, sagte Sigurdsson. „wir haben jetzt einen super Start ins Turnier erwischt.“
"Wir haben immer gekämpft und an uns geglaubt"
Unabhängig von der Tabellenkonstellation durften die Deutschen ihren zweiten Sieg im zweiten Spiel vor allem unter psychologischen Gesichtspunkten als überaus wertvoll verbuchen. „Für den weiteren Verlauf der WM nehmen wir die Gewissheit mit, dass wir auch mit größeren Rückständen umgehen können“, sagte Kapitän Uwe Gensheimer, der mit neun Treffern beste Werfer des Spiels. „Eine Halbzeit lang war es wirklich kein gutes Spiel von uns, aber wir haben immer gekämpft und an uns geglaubt“, sagte Torhüter Silvio Heinevetter. Zur Halbzeit lagen die Deutschen mit vier Toren zurück.
Von Beginn an erwiesen sich die Russen als der von Sigurdsson angekündigte unangenehme Gegner. Mit ihrer offensiven 5-1-Deckung stellten sie das deutsche Team vor erhebliche Probleme und erzwangen zahlreiche Fehler. Phasenweise wirkten Sigurdssons Spieler so ratlos, dass ihnen im Angriff nicht viel mehr einfiel, als den Ball ihren individuell Besten in die Hand zu drücken. Das Gespann Steffen Weinhold/Uwe Gensheimer genügte allerdings nicht, um einer geschlossenen und taktisch gut eingestellten russischen Mannschaft gefährlich werden zu können.
Heinevetter stritt sich mit Igropulo
Was vor der Pause gar nicht klappen wollte, sah nach dem Seitenwechsel bisweilen erstaunlich einfach aus. Zwischen der 30. und 34. Minute erzielten die Deutschen in ihrer mit Abstand besten Phase mehr Treffer als in der letzten Viertelstunde des ersten Durchgangs. Beim 14:14 durch Patrick Groetzki glichen sie erstmalig wieder aus. „Das waren die entscheidenden Szenen“, sagte Kapitän Gensheimer später, „wenn wir da nicht so eine Präsenz gezeigt hätten, wäre das Spiel gelaufen gewesen.“ So fing es erst richtig an.
Heinevetter lieferte sich einen lautstarken Disput mit seinem Berliner Vereinskollegen Konstantin Igropulo, weil es der Russe gewagt hatte, einen Siebenmeter ganz knapp am Kopf des Torhüters vorbeizuwerfen. Kurz darauf nahm Sigurdsson Heinevetter kurz vom Feld, Carsten Lichtlein übernahm die Verantwortlichkeit im Tor – und fügte sich mit spektakulären Paraden ein.